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Gesichter der WHO – Assel Jabassova, Europäisches Zentrum der WHO für primäre Gesundheitsversorgung (Almaty, Kasachstan)

27 January 2023
Assel Jabassova kam 2017 zur WHO, wo sie als Kommunikationsberaterin beim Europäischen Zentrum der WHO für primäre Gesundheitsversorgung in Almaty tätig ist. Mit ihrer Kreativität und ihrem scharfen Blick für Details, Sprache und Kunst leitet sie auch eine eigene Agentur für Inhaltserstellung namens „Text and the City“. Wenn sie nach dem Jonglieren mit mehreren Aufgaben eine Pause braucht, setzt sie sich mit einem Buch in ihren Lieblingssessel – oder sie schaut Indiana Jones. 

Erzählen Sie uns etwas über Ihren Werdegang.

Ich habe internationalen Journalismus, Französisch und Kunst und Kultur studiert. Ich habe früher in einem Zentrum für zeitgenössische Kunst gearbeitet, wo ich meine kreative Energie voll entfalten konnte und umgeben war von all diesen großartigen Menschen aus der Kunstszene, die zu Beginn dieses Jahrhunderts in Kasachstan eine Blüte erlebte. Viele von ihnen wurden zu Kunstikonen und Legenden in Kasachstan wie auch im Ausland. Dort habe ich auch meine engsten Freunde kennengelernt, und diese Freundschaften bestehen jetzt seit mehr als 20 Jahren. Es war eine sehr glückliche Zeit in meinem Leben. Irgendwann begann ich für Hochglanzmagazine zu arbeiten, etwa als Kulturredakteurin für Harper’s Bazaar, dann für Esquire und schließlich für Cosmopolitan und andere Frauenzeitschriften. Ich reiste viel in der ganzen Welt und lernte viele faszinierende Menschen kennen.

Wie sind Sie zur WHO gekommen?

Nachdem ich die Welt der Frauenzeitschriften hinter mir gelassen und mein zweites Kind bekommen hatte, beschloss ich, eine Firma für Inhaltserstellung zu gründen, zunächst mit einem kleinen Team. Die freiberufliche Arbeit passte mir bestens: es war hart, aber ich war meine eigene Herrin. Eines Tages lernte ein Freund eine Mitarbeiterin der WHO kennen, die ein örtliches Team brauchte, um ein Video zum Thema primäre Gesundheitsversorgung zu drehen, und mein Freund sagte zu ihr: „Probieren Sie es mit Assel!“ Den Rest kennen Sie. 

Wie war für Sie der Übergang von der Modewelt zur Gesundheit?

Eigentlich war es gar kein so großer Übergang. In den Frauenzeitschriften schrieben wir viel über Gesundheitsthemen wie Sexualerziehung, Krankheitsprävention, Brustkrebs oder Adipositas, um nur ein paar zu nennen. Die Gesundheit von Frauen wird überall auf der Welt unterschätzt und beeinträchtigt, und ich drängte darauf, möglichst viele solche Themen zu behandeln. Wir wollten Inhalte schaffen, die für unsere Leserinnen von Nutzen sind, und ich glaube, das ist uns gelungen. Heute habe ich das Gefühl, dass ich meine kreativen Fähigkeiten beim Europäischen Zentrum für primäre Gesundheitsversorgung anwenden kann, zusammen mit all diesen großartigen Kollegen. Wir sind ein sehr innovatives Team. 2020 haben wir zum Beispiel eine Talkshow zum Thema primäre Gesundheitsversorgung gestartet. Es gibt viele Möglichkeiten, für die Bedeutung der primären Gesundheitsversorgung zu sensibilisieren.

Eine Talkshow?

Ja! Das war richtig spannend. Nachdem die Idee entstanden war, hatten wir lange Diskussionen über das Format. Am Ende beschlossen wir, dass wir keine Reden und keine Teleprompter wollten, sondern Erfahrungen aus dem echten Leben und Aussagen von Angehörigen der Gesundheitsberufe. Im Dezember 2020 wurde die erste Sendung von Let’s Talk Primary Health Care ausgestrahlt. Unsere Zielgruppe sind Politiker, Influencer und Gesundheitspersonal in allen Teilen der Europäischen Region der WHO, und alle Folgen sind online abrufbar. Das Echo war großartig!

Was inspiriert Sie? 

Die menschlichen Geschichten. Einmal haben wir eine Fotostrecke über eine Hebamme gebracht, die sich um Mütter und ihre Neugeborenen in entlegenen Gebieten kümmert. Dort waren minus 20 Grad, mitten im Winter. Ein Bus brachte uns und die Hebamme zu einer Familie, die gerade ihren dritten Sohn bekommen hatte. Ich werde mich immer an diesen eisigen Morgen erinnern, überall war Schnee. Das Haus der Familie war sehr einfach, aber drinnen so warm und gemütlich. Der Temperaturunterschied war unglaublich. Dabei zu sein und der Hebamme bei ihrer großartigen Arbeit zuzusehen und die Freude der Familie zu erleben – das sind diese kleinen Momente, die einem immer in Erinnerung bleiben.

Es ist auch sehr inspirierend, mit kreativen, intelligenten Menschen zusammenzuarbeiten – vor allem mit klugen Frauen. Sie sind sehr effektiv in ihrer Arbeit, versuchen zu integrieren und scheuen sich oft nicht, neue Dinge auszuprobieren. Die Talkshow ist ein ausgezeichnetes Beispiel dafür, was man erreichen kann, wenn man unkonventionell denkt. Noch wichtiger ist aber, dass das Team hier ein klarer Beweis dafür ist, dass Einfühlungsvermögen und Teamgeist in Verbindung mit emotionaler Intelligenz Berge versetzen können. 

Welches Buch würden Sie besonders empfehlen?

Ein großartiges Buch namens Invisible Women von Caroline Criado Perez. Es ist voller Fakten darüber, wie Frauen in der Geschichte immer unsichtbar gemacht wurden. Ich bin halb durch, und es ist sowohl empörend als auch brillant. 

Eine letzte Frage: Ihr Lieblingsfilm?

Mein Vater ist Geologe. Im Augenblick versucht er, den Aralsee zu retten, indem er Teiche schafft, wo die vom Aussterben bedrohten Saigaantilogen trinken können. Als ich ein Kind war, haben wir diese spannenden Ausflüge mit ihm gemacht – vielleicht mag ich deshalb Indiana Jones so sehr [lacht]. Wenn ich traurig oder krank bin und nicht vom Sofa aufstehen kann, schaue ich mir Indiana-Jones-Filme an. Mein Mann versteht das überhaupt nicht, und meine Kinder noch weniger, aber mir gefällt das einfach.

Das Europäische Zentrum der WHO für primäre Gesundheitsversorgung (Almaty, Kasachstan)

  • Zahl der Mitarbeiter: 12 
  • Das Zentrum ist der Abteilung Gesundheitspolitik und Gesundheitssysteme der Länder bei WHO/Europa unterstellt und dient als Kompetenzzentrum für Konzepte der primären Gesundheitsversorgung. Es unterstützt die Mitgliedstaaten beim Ausbau einer patientenorientierten primären Gesundheitsversorgung für alle. Sein Tätigkeitsbereich erstreckt sich auf Themen, die sich während der Pandemie und in der Zeit danach als transformativ erwiesen haben, etwa die Anwendung eines multidisziplinären Ansatzes, die Schaffung von Netzwerken der primären Gesundheitsversorgung oder die Stärkung der Bevölkerungsgesundheit.
  • Das Zentrum besteht aus einem Team von Gesundheitsexperten, Gesundheitsökonomen, Sozialwissenschaftlern, Datenexperten und ehemaligen Klinikern, die alle dieselbe Leidenschaft für die primäre Gesundheitsversorgung und für die Menschen teilen.
  • Das im Jahr 2016 eingerichtete Zentrum hat seinen Sitz in Almaty, wo 1978 die Erklärung von Alma-Ata unterzeichnet wurde, die zu einem echten Meilenstein im Bereich der öffentlichen Gesundheit im 20. Jahrhundert wurde und in der die primäre Gesundheitsversorgung als der Schlüssel zur Verwirklichung von Gesundheit für alle herausgestellt wurde.
  • Unter primärer Gesundheitsversorgung versteht man eine gemeindenahe Gesundheitsversorgung, die meist durch Hausärzte, gemeindenahe Pflegekräfte, Fachärzte für Psychiatrie, Sozialarbeiter und andere Fachkräfte in Gesundheitszentren erfolgt. Sie sollte für alle auf annehmbare Weise zugänglich sein und zu Kosten angeboten werden, die sich die Bevölkerung und das Land leisten können.