Vor 18 Jahren wurde das Leben von Oxana Rucșineanu auf den Kopf gestellt, als bei ihr im Alter von 20 Jahren Tuberkulose diagnostiziert wurde. Auf der Station 1 der Abteilung Phthisiopneumologie am Klinikum Balti im Norden der Republik Moldau kämpfte sie gegen eine Krankheit, die sich bereits in einem fortgeschrittenen Stadium befand.
„Ich habe mich bei einem kranken Verwandten angesteckt. Zuerst habe ich es nicht bemerkt, aber als die ersten Krankheitssymptome auftraten, ging ich zum Arzt. Die Tuberkulose war schon in einem fortgeschrittenen Stadium: Ich hatte bereits Löcher in beiden Lungenflügeln“, erzählt Oxana ihre schmerzhaften Erinnerungen.
Doch nach drei Jahren Schmerz und Leid setzten sich Oxanas Stärke und Widerstandsfähigkeit durch. Mit Hilfe ihrer Ärzte schloss sie ihre Behandlung erfolgreich ab und erholte sich von der Krankheit.
„Ich wollte nicht, dass mir die Krankheit meine Träume raubt. Ich war fest entschlossen, in das Leben jenseits des Fensters der Krankenstation zurückzukehren“, sagt sie.
Während der zermürbenden Behandlung die Liebe gefunden
Oxana litt an einer Form der Tuberkulose, die gegen die meisten der damals in ihrem Land verfügbaren Antibiotika resistent war. Dies führte zu einem langen und schmerzhaften Behandlungsverlauf, der drei Jahre dauerte.
„Ich begann mit der Behandlung, aber nach vier Monaten zeigten die Tests, dass ich gegen eine multiresistente Form der Krankheit behandelt werden musste. Leider gab es damals in der Republik Moldau keine Medikamente gegen diese Formen der Krankheit“, erinnert sie sich.
Gerade als alle Hoffnung verloren schien, wurden 2008 Zweitrangmedikamente verfügbar; daraufhin begann sich Oxanas Zustand zu verbessern. Ihre Entschlossenheit und ihr Durchhaltevermögen trotz aller Widrigkeiten zeugen von der Kraft des menschlichen Geistes.
Nicht alles war für Oxana düster. Während ihrer Behandlung lernte sie Pavel, einen anderen Tuberkulosepatienten, kennen. Trotz der Herausforderungen, mit denen sie zu kämpfen hatten, verliebten sie sich ineinander und unterstützten sich gegenseitig. 2009 heirateten sie und sind seitdem zu einem Symbol der Hoffnung für von Tuberkulose betroffene Menschen geworden. Heute sind Oxana und Pavel stolze Eltern von zwei gesunden Kindern.
„Trotz der Herausforderungen, denen wir konfrontiert waren, haben wir nie aufgegeben. Ich möchte, dass unser Sieg über die Tuberkulose allen von der Krankheit Betroffenen als Inspiration dient“, betont Oxana.
Von Widrigkeiten zur Überzeugungsarbeit
Ihre Erfahrungen mit der Tuberkulose veranlassten Oxana und Pavel dazu, 2010 die Moldauische Vereinigung der Tuberkulosepatienten, eine nichtstaatliche Organisation, zu gründen. Die Organisation setzt sich für die Rechte von Tuberkulosepatienten ein, wirbt für Aufklärung und unterstützt von der Krankheit Betroffene.
Die Maßnahmen zur Bekämpfung der Tuberkulose haben sich im Laufe der Jahre weiterentwickelt. Medizinische und technologische Fortschritte haben die Dauer von Tuberkulosediagnosen und -behandlungen verkürzt. Im Gegensatz zu Oxana, die sich einem längeren Behandlungsverlauf mit Injektionen unterziehen musste, erhalten Tuberkulosepatienten inzwischen eine kürzere Behandlung ohne Injektionen.
„Wir setzen uns dafür ein, dass Tuberkulosepatienten in der Republik Moldau Zugang zu den erforderlichen Diagnose- und Behandlungsangeboten erhalten und eine Überlebenschance bekommen“, erklärt sie.
Über die nichtstaatliche Organisation arbeitet Oxana mit dem Nationalen Programm zur Bekämpfung der Tuberkulose zusammen, um die Bereitstellung hochwertiger medizinischer Leistungen für alle Patienten sicherzustellen. Sie ist auch Mitglied des Koordinationsrates der nationalen Programme zur Prävention und Bekämpfung von Tuberkulose und HIV, wo sie mit Behörden und anderen Interessengruppen zusammenarbeitet, um Tuberkulose und HIV zu bekämpfen.
Fortschritte bei neuer Tuberkulosebehandlung
Die Republik Moldau hat als eines der ersten Länder Osteuropas und Zentralasiens damit begonnen, kurze Behandlungsschemata mit neuen Medikamenten gegen medikamentenresistente Tuberkulose einzuführen. Die Regierung arbeitet derzeit mit den maßgeblichen Interessengruppen an der Aktualisierung der Protokolle und der Anwendung von kurzen Behandlungen gemäß den Empfehlungen der WHO. Zur Diagnose der Tuberkulose setzt das Land auch innovative Methoden ein, die eine schnelle und wirksame Identifizierung der Infizierten ermöglichen.
Auch Dr. Petru Alexandriuc, der Facharzt für Phthisiologie und Pneumologie, der Oxana und Pavel behandelte und über 48 Jahre Erfahrung in der Behandlung von Tuberkulose verfügt, lobt diese Bemühungen.
„Die neuen Behandlungsmethoden sind viel nützlicher und wirksamer. Nicht nur, weil sie eine schnellere Heilung ermöglichen, indem sie eine zweijährige Behandlung auf neun Monate verkürzen, sondern auch, weil sie den Betroffenen helfen, sich schneller wieder in die Gesellschaft zu integrieren“, sagt Dr. Alexandriuc.
Während die Gesundheitsbehörden daran arbeiten, die Diagnose und Behandlung von Tuberkulose effektiver zu gestalten, besuchen Oxana und Pavel regelmäßig Patienten in der Abteilung Phthisiopneumologie des Krankenhauses in Balti, um ihnen die emotionale Unterstützung zu geben, die sie brauchen, um die Tuberkulose zu besiegen. Ihre Botschaft lautet, dass Tuberkulose heilbar ist und dass es nicht dazu kommen darf, dass sie das Leben von Menschen zerstört.
„Jeder kann an Tuberkulose erkranken, nicht nur sozial Schwache, die unter prekären Bedingungen leben, wie viele glauben. Aber diese Krankheit kann und muss geheilt werden“, fügt Oxana hinzu.
Investitionen entscheidend für eine Beendigung der Tuberkulose
Bei ihrem Einsatz für die Interessen der Tuberkulosepatienten in der Republik Moldau arbeitet Oxana mit verschiedenen internationalen Organisationen in der Europäischen Region (u. a. mit WHO/Europa) sowie auf der globalen Ebene zusammen, um Erfahrungen hinsichtlich der Tuberkulosebehandlung mit anderen Ländern zu teilen.
Die Republik Moldau gehört zu den Ländern mit der höchsten Prävalenz der Tuberkulose in der Europäischen Region der WHO. So lag 2024 die Inzidenz von Primär- und Rezidivfällen der Tuberkulose bei 66,3 pro 100 000 Einwohner (1935 Fälle) und bei Kindern bei 23,2 pro 100 000 Einwohner (146 Fälle).
Dies spiegelt die Gesamtbelastung durch Tuberkulose in der Europäischen Region wider, wo im Jahr 2023 nach Schätzungen 225 000 Menschen daran erkrankten und 16 000 Menschen ihr Leben verloren. Die Europäische Region ist auch stark von der medikamentenresistenten Tuberkulose betroffen: jeder vierte neue Tuberkulosepatient leidet an medikamentenresistenter Tuberkulose, und die Hälfte der zuvor schon behandelten Patienten leidet an multiresistenter Tuberkulose.
Investitionen in Präventionsangebote, Tests, Diagnose und Behandlung im Bereich der Tuberkulose sind eine entscheidende Voraussetzung für schnellere Fortschritte bei der Beendigung der Krankheit.