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Süßliche Aromen und leuchtende Farben locken Jugendliche in die Nikotinsucht

30 May 2025
E-Zigaretten werden von der Tabak- und Nikotinindustrie oft als sicherere Alternative zum Rauchen vermarktet, doch in Wirklichkeit locken sie mit aromatisierten Produkten, auffälligen Verpackungen und irreführenden gesundheitsbezogenen Angaben eine neue Generation von Konsumenten an, vor allem Jugendliche.

Am diesjährigen Weltnichtrauchertag stehen die manipulativen Taktiken der Tabakindustrie im Mittelpunkt, die darauf abzielen, junge Menschen in die Sucht zu locken, und es wird für energischere Konzepte zum Schutz der öffentlichen Gesundheit geworben.

„Eine der Hauptsorgen ist, dass E-Zigaretten neue Nutzer anziehen, insbesondere junge Menschen, die vielleicht noch nie geraucht haben, weil ihnen gesagt wird, dass diese Produkte relativ harmlos sind – aber das stimmt einfach nicht“, erklärt Reinskje Talhout, eine leitende Wissenschaftlerin beim Nationalen Institut für öffentliche Gesundheit und Umwelt (RIVM) der Niederlande und Leiterin des WHO-Kooperationszentrums für die Regulierung und Kontrolle von Tabakprodukten.

„Zigaretten sind die giftigsten und tödlichsten Produkte auf dem Markt, daher bedeutet die Behauptung, E-Zigaretten seien weniger schädlich, nicht viel“, warnt Reinskje. „Es ist irreführend, sie als sicher zu bezeichnen.“

Aromastoffe fördern die Akzeptanz

„Alle Tabak- und Nikotinerzeugnisse sind schädlich, egal wie gut sie schmecken oder wie verlockend sie aussehen. Wenn E-Zigaretten wirklich dabei helfen sollen, mit dem Rauchen aufzuhören, wie uns die Industrie weismachen will, warum gibt es sie dann in Tausenden von Geschmacksrichtungen und in auffälliger, jugendfreundlicher Aufmachung“, fragt Reinskje.

Aromastoffe gehören zu den am häufigsten verwendeten Zusatzstoffen in Tabak- und Nikotinerzeugnissen, denn sie sollen deren Attraktivität steigern und die Schärfe von Nikotin und Tabak überdecken. Von fruchtigen und bonbonartigen Varianten bis hin zu minzigen oder kühlenden Wirkstoffen überdecken Aromen die bitteren und irritierenden Eigenschaften von Nikotin und Tabak und machen so diese Produkte schmackhafter und attraktiver, insbesondere für Erstkonsumenten; und sie erschweren es denjenigen, die aufhören wollen.

„Der Geschmack von Tabak und Nikotin ist ziemlich unangenehm“, erklärt Reinskje, „das kann vor allem auf Erstkonsumenten abschreckend wirken. Aromen tragen dazu bei, das Erlebnis angenehmer zu machen, und erleichtern die Verwendung dieser Produkte. Deshalb sind sie so wirkungsvoll, wenn es darum geht, Akzeptanz zu fördern, insbesondere bei jungen Menschen.“

In einer Untersuchung aus dem Jahr 2021 fanden Forscher in den Niederlanden fast 20 000 E-Liquids und 250 einzigartige Geschmacksrichtungen auf dem Markt. Die meisten waren süßlich oder minzig – nur sehr wenige hatten einen Tabakgeschmack.

Reinskje: „Das zeigt, wie Aromen als zentrale Marketing- und Produktgestaltungsstrategie eingesetzt werden – nicht nur, um den Geschmack zu verbessern, sondern auch, um ein völlig anderes Konsumerlebnis zu schaffen, das die Jugendlichen anspricht.“

Auf Empfehlung des RIVM hat die niederländische Regierung 2023 ein umfassendes Verbot von E-Zigaretten mit anderen Aromen als Tabak eingeführt, um zu verhindern, dass junge Menschen in die Nikotinsucht verfallen und Nichtkonsumenten davon abgehalten werden, Nikotin- und Tabakprodukte zu konsumieren.

Mehr als nur Geschmack: das Risiko von Zusatzstoffen

Tabak- und Nikotinerzeugnisse enthalten eine Vielzahl von Zusatzstoffen, die weit über die Geschmacksverstärkung hinausgehen. Einige sind in der Europäischen Union ausdrücklich verboten, weil sie irreführende Assoziationen wecken, etwa wenn sie Vitalität oder gesundheitlichen Nutzen suggerieren.

„Da gibt es Vitamine, Aminosäuren, und sogar Elemente der Kaffeebohne werden hinzugefügt“, erklärt Reinskje. „Diese Zusatzstoffe sind ziemlich gefährlich, weil sie die Risikowahrnehmung der Menschen beeinträchtigen können. Seit April dieses Jahres sind solche Verbindungen in den Niederlanden verboten.“

„Manche Zusatzstoffe stellen ein direktes Gesundheitsrisiko dar, da sie krebserregend oder giftig sind, während andere noch weiter gehen, indem sie die Aufnahme von Nikotin durch den Körper verändern“, fügt Reinskje hinzu. „Kühlende Wirkstoffe wie Menthol lösen eine kühlende Reaktion im Rachen aus, was das Inhalieren erleichtert und einen tieferen und häufigeren Gebrauch begünstigt. Im Gegensatz zu einer Zigarette, die ein natürliches Ende hat, kann eine E-Zigarette ununterbrochen verwendet werden, und das führt zu einer höheren Exposition gegenüber Nikotin und schädlichen Emissionen und erhöht auch das Suchtpotenzial.“

Gesetze hinken den Taktiken der Industrie hinterher

Die WHO schlägt Alarm, weil elektronische Nikotinabgabesysteme, einschließlich E-Zigaretten, in vielen Ländern mit begrenzten Regulierungsmaßnahmen auf dem Markt zugelassen wurden. Diese Produkte werden aggressiv an die Jugend vermarktet: durch leuchtende Verpackungen und Farben, spielzeugähnliche Gestaltung, Partnerschaften mit Influencern und Tausende von verlockenden Geschmacksrichtungen.

So waren 2022 in nur vier Ländern der Europäischen Region der WHO alle Aromen in E-Zigaretten verboten, während in vier weiteren Ländern bestimmte Aromen erlaubt und andere eingeschränkt waren. Nur elf Länder verbieten alle Formen von Werbung, Verkaufsförderung und Sponsoring für E-Zigaretten, in 36 Ländern gelten partielle Verbote, und sechs Länder haben keinerlei Vorschriften. Diese Defizite machen junge Menschen besonders anfällig für die gezielte Vermarktung von E-Zigaretten.

Um die Jugend und die öffentliche Gesundheit zu schützen, müssen die Länder entschlossene Maßnahmen ergreifen, die die Akzeptanz von Nikotin- und Tabakprodukten verhindern und der Nikotinsucht im Rahmen eines umfassenden Ansatzes zur Eindämmung des Tabakkonsums entgegenwirken. Um heutige und künftige Generationen vor Schaden zu bewahren, ist es unverzichtbar, die Attraktivität dieser Produkte durch strengere Vorschriften zu verringern.