Erik war 38 Jahre alt, als er mit Typ-2-Diabetes diagnostiziert wurde. Er ist ein sehr aktiver Mensch mit einer anspruchsvollen Tätigkeit als Führungskraft und Zuständigkeit für Einhaltung von Vorschriften, Personalverwaltung und Risikobewertung; daher kam die Nachricht für ihn wie ein Schock. „Ich wusste, dass ich meinen Lebensstil ändern musste, und ich befürchtete, dass ich auf Aktivitäten würde verzichten müssen, die mein Leben angenehm machen“, erzählt er.
Nach der Diagnose erhielt er eine fünfminütige Erklärung und einige Medikamente und hatte die nächsten drei Jahre mit den schweren Nebenwirkungen zu kämpfen, die sie verursachten. Dann erfuhr er, dass er auf Insulin umgestellt werden müsse, und war erleichtert. Aber auch hier war er wieder auf sich allein gestellt: Er wurde mit dem Insulin nach Hause geschickt und musste versuchen, selbst zu verstehen, wie er sich das Insulin spritzen sollte. „Ich habe die Behandlungsprotokolle so gut wie möglich befolgt und versucht, das Ganze in mein Leben zu integrieren. Ich habe meine Arbeitskollegen darauf aufmerksam gemacht, dass ich eine Unterzuckerung bekommen könnte und was sie dann tun müssten. Eine Unterzuckerung oder Hypoglykämie liegt vor, wenn der Blutzucker zu niedrig ist. Man wird zittrig, verwirrt und reizbar, und wenn man nicht sehr schnell etwas Zuckerhaltiges isst oder trinkt, kommt es zu einem Notfall. Es ist also gut, wenn deine Kollegen Bescheid wissen. Wenn man spürt, dass sich eine Unterzuckerung anbahnt, muss man in der Lage sein, eine Besprechung zu verlassen, und sich darauf verlassen können, dass die Kollegen ohne viel Aufhebens einspringen können. Wir nehmen es also gelassen und kümmern uns um meinen Zustand. Glücklicherweise machte meine Frau damals eine Ausbildung zur Krankenschwester mit Spezialisierung auf Diabetes, und das half natürlich enorm.“
Was am besten funktioniert
Mit seiner natürlichen Neugier und seiner praktischen Einstellung machte sich Erik daran, so viel wie möglich über seine Erkrankung zu lernen, auch über mögliche Therapien, um herauszufinden, was helfen könnte, und vor allem, wie er seine Ernährung verbessern könnte. „Jeder Mensch ist anders, aber bei mir funktioniert am besten eine kohlenhydratarme Ernährung, überwiegend vegetarisch, aber mit etwas Fleisch und Fisch. Inzwischen verzichte ich fast ganz auf verarbeitete Lebensmittel. Nur noch daheim zubereitete Mahlzeiten. Und kein Zucker mehr. Natürlich gibt es ein paar Ausnahmen, aber ich habe den Zucker weitgehend aus meinem Leben verbannt.“
Sein Leben verbesserte sich enorm, als er frühzeitig ein CGM-Gerät zur kontinuierlichen Glukosemessung einsetzte. Er musste es selbst bezahlen, weil er nicht als krank genug für ein kostenloses Gerät eingestuft wurde. Er hofft darauf, dass die Geräte bald kleiner und empfindlicher werden, erkennt aber an, dass die Technologie sein Leben verändert hat und ihm mehr Kontrolle und mehr Ruhe gibt.
Ganz allein
„Menschen mit Typ-2-Diabetes sind völlig allein. Mein Rat an die Gesundheitsberufe lautet, Menschen mit Typ-2-Diabetes als Menschen mit Bedürfnissen zu behandeln und nicht als Protokoll. Jeder Mensch mit Typ-2-Diabetes ist anders: in Bezug auf Beruf, Kultur, Herkunft, Arbeit und soziales Umfeld. Ich bin kein Statistiker. Für Menschen mit Typ-2-Diabetes ist Unterstützung unverzichtbar, denn im Grunde genommen ist man abgesehen von ein paar halbstündigen Terminen im Jahr völlig auf sich selbst gestellt. Die beste Behandlung besteht darin, die Menschen zu motivieren, indem man damit beginnt, wie sie leben und wie sie ihren Lebensstil ändern können. Versetzen Sie sich in ihre Lage: sind sie glücklich oder traurig, haben sie Angst? Was könnte ihnen helfen? Es geht vor allem um Einfühlvermögen und Verständnis, und nicht nur um die Zahlen. Ich würde sagen, man sollte Protokolle als Leitlinien verwenden und Menschen mit Typ-2-Diabetes dabei helfen, ihre Krankheit in ihr Leben zu integrieren.“
Die von Erik so geschätzte Empathie und patientenorientierte Versorgung entsprechen dem Ansatz, der in der jüngsten Publikation von WHO/Europa mit dem Titel „Therapeutische Patientenschulung: eine Einführung“ verfolgt wird. Diese Publikation soll politischen Entscheidungsträgern und Angehörigen der Gesundheitsberufe dabei behilflich sein, eine wirksame therapeutische Patientenaufklärung für alle Menschen mit chronischen Erkrankungen zu gewährleisten. Ziel ist es nicht nur, Entscheidungsprozesse in Bezug auf die klinische Versorgung zu verbessern, indem die Patienten durch Aufklärung, Befähigung und Unterstützung eingebunden werden, sondern auch, ihnen zu einem sinnvolleren Leben zu verhelfen.
Hintergrund zum Thema Diabetes: Wozu haben sich die Mitgliedstaaten der WHO verpflichtet?
2022 haben sich die Mitgliedstaaten der WHO erstmals für die Festlegung globaler Zielvorgaben für Diabetes ausgesprochen, die Teil der Empfehlungen zur Stärkung und Überwachung von Diabetesmaßnahmen im Rahmen nationaler Programme für nichtübertragbare Krankheiten waren.
WHO/Europa und die International Diabetes Federation Europe haben sich darauf geeinigt, die Fortschritte zu beschleunigen, um diese globalen Diabetesziele bis 2030 zu erreichen oder zu übertreffen:
- 80 % der mit Diabetes lebenden Menschen sollen eine ordnungsgemäße Diagnose erhalten.
- 80 % der Menschen mit Diabetes sollen über eine gute Kontrolle über ihren Blutdruck und Blutzuckerspiegel verfügen.
- 60 % der Menschen mit Diabetes ab 40 Jahren erhalten Statine.
- 100 % der Menschen mit Typ-1-Diabetes haben Zugang zu bezahlbarem Insulin und zu Blutzucker-Selbstkontrollen.