Ein nicht ausreichend durchgebratener Hamburger, ein Landarbeiter, der mit Vieh in Berührung kommt, ein Mückenstich, eine Katze, die ihren Besitzer kratzt, ein Spaziergänger, der mit seinem Hund über eine Schafweide geht und sich eine Zecke einfängt: in all diesen Fällen besteht die Gefahr – wenn auch manchmal nur in sehr geringem Maße –, dass es für die betroffene Person zu einer schweren Infektion kommt.
Manchmal führt ein zufälliges Ereignis auch dazu, dass eine Infektion zum ersten Mal vom Tier auf den Menschen überspringt. Die COVID-19-Pandemie hat vielleicht mehr als jeder andere Seuchenausbruch verdeutlicht, welche Folgen es haben kann, wenn Krankheitserreger wie Viren oder Bakterien auf andere Tierarten und auch den Menschen überspringen (sog. Zoonosen), und welche Auswirkungen sie haben können, wenn sie sich zwischen ihren neuen menschlichen Wirten verbreiten können. Seit dem Ende der durch COVID-19 verursachten weltweiten Notlage sind wir mehrfach daran erinnert worden, wie unberechenbar neu auftretende Infektionen sein können.
Die Prognose, welcher Erreger die nächste große Bedrohung sein könnte, ist äußerst schwierig.
Kein Platz für Selbstzufriedenheit
Marc-Alain Widdowson, Leiter des Teams für hochgefährliche Erreger innerhalb des Programms der WHO für gesundheitliche Notlagen, macht deutlich, dass wir neue potenzielle Übertragungswege ernsthaft in Betracht ziehen und alles in unserer Macht Stehende tun müssen, um zu verhindern, dass Krankheiten in neuen Gebieten endemisch werden.
„Die Interaktionen zwischen Tieren und Mensch haben in den letzten Jahrzehnten erheblich zugenommen; dadurch erhöht sich die Wahrscheinlichkeit, dass sich ein Erreger auf neue Tierpopulationen und auf den Menschen und auch auf Gebiete ausbreitet, die weit von seinem Ursprungsort entfernt sind.“
„Wir dürfen auch nicht vergessen, dass Erreger, wenn sie auf neue Arten oder auf neuen Wegen übertragen werden, mit der Zeit immer mehr Gelegenheit zur Anpassung und Mutation erhalten und so möglicherweise zu effizienteren Überträgern zwischen Tieren bzw. auf den Menschen werden. Ein einziges Ereignis, wie das Überspringen auf eine neue Art, kann ausreichen, um eine weitere Ausbreitung zu ermöglichen“, fügt er hinzu.
Wie kommt es zum Überspringen von Krankheitserregern?
Hier sind verschiedene Triebkräfte am Werk. Erstens sind manche Infektionen nicht so spezifisch auf eine bestimmte Art zugeschnitten; viele Bakterien sind nicht exklusiv und im Wesentlichen autark, da sie zur Vermehrung nicht viel Interaktion mit Wirtszellen benötigen. Beispiel Milzbrand: Der Erreger ist überall vorhanden und kann jahrelang im Boden überleben. Er ist ansteckend und vor allem für Pflanzenfresser tödlich, kann aber auch Fleischfresser, Vögel und natürlich auch den Menschen befallen. Wenn Sie also Fleisch von einer an Milzbrand erkrankten Kuh zubereiten und essen, können Sie durchaus Milzbrand bekommen.
Zweitens werden durch die wachsende Weltbevölkerung immer mehr Naturgebiete gerodet und bewirtschaftet, wodurch Wildtiere in bewohnte Gebiete verdrängt werden. So wurde etwa die Verdrängung von Flughunden durch die Abholzung von Wäldern in Indonesien mit dem Ausbruch des Nipah-Virus in nahe gelegenen Gebieten in Verbindung gebracht.
Drittens führt der Einfluss des Menschen auf die Welt zum Rückgang und sogar Aussterben vieler Tierarten und somit zu einem Rückgang der biologischen Vielfalt. Dies bedeutet, dass sich die Krankheitserreger allmählich in wenigen, häufiger vorkommender Arten als tierischen Reservoiren konzentrieren.
Viertens werden durch den weltweiten Handel mit Wildtieren verschiedene Tierarten aus unterschiedlichen Ökosystemen zusammengebracht und so Viren weitergegeben, die zuvor nur lokal begrenzt auftraten.
Fünftens wird der Klimawandel zu einer größeren geografischen Reichweite von Vektoren und Krankheitserregern führen.
Und schließlich ist es einfach eine Tatsache, dass Krankheitserreger ständig mutieren.
Neue Übertragungswege
Vor 2022 waren Mpox eine in Zentral- und Westafrika endemische Krankheit, die hauptsächlich in kleinen Säugetierpopulationen auftrat. Gelegentliche Mpox-Fälle beim Menschen wurden meist durch Tierbisse oder den Verzehr von infiziertem Fleisch verursacht.
Aber dann änderte sich etwas.
Im Sommer 2022 wurden weltweit, auch in Europa, neue Fälle bei Personen entdeckt, die noch nie nach Afrika gereist waren. Das Virus verbreitete sich nun weithin durch sexuelle Kontakte, vor allem durch Männer mit gleichgeschlechtlichen Sexualkontakten und wechselnden Sexualpartnern – ein Übertragungsweg, der nie zuvor nachgewiesen worden war und nur selten in Betracht gezogen wurde.
Ein weiteres Beispiel aus jüngster Zeit: Im Frühjahr 2024 erklärten die Vereinigten Staaten, dass die hochpathogene Vogelgrippe (H5N1) bei Milchkühen und in Rohmilch festgestellt worden war. Auch hier hatte es bis zu diesem Zeitpunkt kaum Anhaltspunkte dafür gegeben, dass Kühe Überträger der Vogelgrippe sein könnten.
Dann wurde festgestellt, dass die Euter von Kühen mit Rezeptoren ähnlich wie bei Vögeln bedeckt sind, was sie für Infektionen anfällig macht. Es ist denkbar, dass sich eine Kuh in infiziertem Vogelkot gewälzt oder an kontaminierten Melkgeräten gerieben und dadurch infiziert hat. Seitdem gab es in den Vereinigten Staaten drei separate Einschleppungen in den Milchviehbestand, und im März 2025 meldeten die Gesundheitsbehörden im Vereinigten Königreich den allerersten Fall einer H5N1-Infektion bei einem Schaf. Wie es sich mit dem Virus infiziert hat, ist noch immer ein Rätsel.
Wachsamkeit erforderlich
Auch wenn wir in den letzten Jahren einige äußerst besorgniserregende Seuchenausbrüche erlebt haben, so sind die zugrundeliegenden Viren doch oft im Wesentlichen unverändert. Der Mpox-Virusstamm, mit dem sich Männer mit gleichgeschlechtlichen Sexualkontakten in Europa und anderswo infizierten, ist im Wesentlichen derselbe wie bei den nicht sexuell übertragenen Mpox in Westafrika. Auch die bei Kühen vorkommende Vogelgrippe ist dieselbe wie die bei Wildvögeln und in Geflügelbeständen.
Bisher wurde aus den Vereinigten Staaten keine Übertragung des H5N1-Virus von Mensch zu Mensch gemeldet. Die wenigen menschlichen Fälle, die sich mit dem Virus infiziert haben, sind vor allem auf den direkten Kontakt mit Tieren in Viehzuchtbetrieben zurückzuführen. Seit 2003 gab es weltweit weniger als 1000 H5N1-Fälle beim Menschen, von denen allerdings fast die Hälfte tödlich verlief. Glücklicherweise ist die Sterblichkeitsrate bei den jüngsten Ausbrüchen deutlich zurückgegangen.
Die Tatsache, dass in letzter Zeit so viele H5N1-Viren in Rinderherden und Geflügelfarmen eingeschleppt wurden, zeigt jedoch, wie anfällig unsere Lebensmittelversorgung für diesen und andere Stämme des Influenza-A-Virus ist.
Seit Oktober 2024 ist es auch vereinzelt zu Einschleppungen eines neuen Mpox-Stamms in die Europäische Region gekommen. Bisher ist die Zahl der Fälle sehr gering, und es scheint, dass das Virus keinen wirksamen Weg gefunden hat, sich weiter zu verbreiten: bislang wurde eine Weiterübertragung nur aus Haushalten im Vereinigten Königreich und in Deutschland gemeldet, wo sich auch Kinder infiziert haben.
Bei jedem neuen eingeschleppten Fall muss schnell gehandelt werden, da die Gefahr besteht, dass das Virus neue Wege und neue Arten von menschlichen Wirten findet, wenn wir nicht wachsam sind und die Fälle sofort erkennen und unverzüglich isolieren.
Die Arbeit der WHO und anderer Akteure zur Prävention und Bekämpfung von Zoonosegefahren
Die WHO arbeitet zusammen mit nationalen Regierungen, Wissenschaftlern, nichtstaatlichen und gemeinnützigen Organisationen sowie Partnern in der Europäischen Region und auf globaler Ebene darauf hin, zoonotische Bedrohungen und deren gesundheitliche, soziale und wirtschaftliche Auswirkungen abzuwenden bzw. zu bewältigen.
„Man kann die Gesundheit von Mensch, Tier und Umwelt nicht voneinander trennen – das ist der einheitliche Gesundheitsansatz. Zusammenarbeit und Abstimmung zwischen verschiedenen Politikbereichen und Akteuren und über Landesgrenzen hinweg sind eine absolute Notwendigkeit“, erklärt Peter Sousa Hoejskov, Fachreferent für Lebensmittelsicherheit und Zoonosen beim Programm der WHO für gesundheitliche Notlagen. „Wenn wir Tiere und Ökosysteme schützen, schützen wir damit uns selbst“, betont er.
Die WHO ist auch bei der Entwicklung und Förderung praktischer, evidenzbasierter und kosteneffektiver Instrumente und Mechanismen zur Stärkung der Prävention und Bekämpfung von Zoonosen behilflich, also in den Bereichen Überwachung und Risikobewertung, koordinierte Ausbruchsuntersuchung und -bekämpfung sowie ressortübergreifende Koordinierung gemäß dem einheitlichen Gesundheitsansatz.
Die WHO arbeitet zusammen mit der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO), der Weltorganisation für Tiergesundheit (WOAH) und dem Umweltprogramm der Vereinten Nationen (UNEP) an der Förderung des einheitlichen Gesundheitsansatzes für die Pandemieprävention, -vorsorge und -bekämpfung, namentlich durch das Globale Frühwarnsystem für Gesundheitsgefahren und neu entstehende Risiken an der Schnittstelle zwischen Mensch, Tier und Ökosystemen (GLEWS+).
Dieser Artikel wurde am 27. Mai 2025 geändert, um einige Aussagen klarzustellen und der Tatsache Rechnung zu tragen, dass die nächsten Bedrohungen durch Zoonosen durch verschiedene Erreger und nicht nur durch Viren verursacht werden könnten.