Leben retten: Transport von Patienten aus dem Gazastreifen – Perspektiven aus Rumänien
3 March 2025
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WHO/Mihai von Eremia
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Transport von Patienten aus dem Gazastreifen
Die WHO arbeitet eng mit den Mitgliedstaaten und Partnerorganisationen zusammen, um auf der ganzen Welt die dringendsten gesundheitlichen Bedürfnisse zu decken, indem sie Gesundheitssysteme unterstützt, lebensrettende Hilfsgüter liefert und medizinische Evakuierungen für Patienten in Konfliktgebieten organisiert.
Mit Stand vom 24. Februar 2025 wurden seit Oktober 2023 im Rahmen der Gesundheitsschutzmaßnahmen im Gazastreifen 6295 Patienten evakuiert, wobei eine große Mehrheit davon Kinder waren. Medizinische Evakuierungen sind komplexe Operationen, bei denen viel auf dem Spiel steht und die ein koordiniertes Vorgehen und eine enge Kommunikation zwischen zahlreichen Partnern in mehreren Ländern erfordern.
Die lebensrettende Hilfe von Mitgliedstaaten wie Rumänien zeigt jedoch, dass mit genügend politischem Willen das Unmögliche möglich gemacht werden kann.
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Die wichtige Rolle Rumäniens
Rumänien ist einer der 16 Mitgliedstaaten, die vor dem Waffenstillstandsabkommen angeboten hatten, im Rahmen des Verfahrens der Europäischen Union für Katastrophenschutz und humanitäre Hilfe medizinische Evakuierungen und Gesundheitsleistungen für schwer kranke Patienten bereitzustellen.
Dr. Caroline Clarinval, Repräsentantin der WHO in Rumänien, erklärt: „Die Anstrengungen Rumäniens bei diesen medizinischen Evakuierungen sind lobenswert. Gemeinsam mit der WHO und verschiedenen Akteuren koordinierte Rumänien einige der kompliziertesten Evakuierungsflüge von schwer kranken Patienten aus dem Gazastreifen. Die Zusammenarbeit engagierter Akteure auf lokaler und internationaler Ebene und das Zusammenspiel zwischen ihnen zu erleben, hat uns alle bewegt.“
Sie fügt hinzu: „Infolge dieser Bemühungen konnte Rumänien erfolgreich schwer kranke Patienten und ihre Familien vom Ramon-Flughafen in Eilat (Israel) ausfliegen. Das Militärflugzeug flog sie nach Rumänien, von wo aus die Patienten direkt zur Behandlung in örtliche Gesundheitseinrichtungen oder an Bord von Flugzeugen in andere Mitgliedstaaten in der Europäischen Region der WHO gebracht wurden, um dort medizinisch versorgt zu werden.“
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Koordinierte Arbeit
Die Vorbereitungen für eine derartige Operation sind sowohl auf diplomatischer Ebene als auch vor Ort immens und erfordern eine umfassende Beteiligung der WHO-Regionalbüros für den Östlichen Mittelmeerraum und Europa.
Die Maßnahmen der rumänischen Regierung umfassten die koordinierte Arbeit mehrerer Ministerien und Behörden, darunter das Gesundheitsministerium, die Behörde für Notsituationen, das Innenministerium, das Verteidigungsministerium und das Außenministerium, sowie Sozialdienste und verschiedene gemeinnützige Organisationen.
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Die Stärke der internationalen Zusammenarbeit
Bei der jüngsten medizinischen Evakuierung von 12 schwer kranken Patienten und 33 Familienangehörigen am 15. Januar 2025 war das Maß an Solidarität und Koordination zwischen den beteiligten Akteuren bemerkenswert.
Nach ihrer Ankunft in Bukarest blieben 5 pädiatrische Patienten zusammen mit 14 Familienangehörigen in Rumänien, wo sie in örtlichen Krankenhäusern fachärztlich versorgt werden. Die fachkundige medizinische Betreuung dieser jungen Patienten bietet in einer kritischen Zeit Hoffnung und Unterstützung.
Fünf Patienten in Begleitung von 16 Familienmitgliedern wurden zur Behandlung nach Frankreich gebracht. Der Flug von Bukarest nach Paris wurde von der Slowakei durchgeführt, um eine sichere und reibungslose Reise an ihr Ziel zu gewährleisten.
Ein Patient wurde von Rumänien nach Norwegen transportiert, und ein weiterer Patient wurde zusammen mit drei Familienmitgliedern an Bord eines luxemburgischen Ambulanzflugzeuges nach Albanien geflogen.
Diese koordinierten Evakuierungsmaßnahmen sind ein Beweis für die Stärke der internationalen Zusammenarbeit und stellen sicher, dass schwer kranke Patienten aus dem Gazastreifen in Krankenhäusern in der gesamten Europäischen Region dringende Versorgung erhalten. Mithilfe von Mitgefühl und der Teamarbeit aller beteiligten Länder wurde Menschen, die dringend auf medizinische Versorgung angewiesen waren, dringend benötigte Hilfe zuteil.
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Ein Test der Bereitschaft
Die spezialisierten multidisziplinären Teams, die an diesen Evakuierungsflügen teilnehmen, sind darin geschult, mehrere Patienten gleichzeitig zu versorgen, in schwierigen Situationen zu fliegen und alle Notfallsituationen zu bewältigen, die während ihres Einsatzes auftreten können – und dabei außergewöhnliches Mitgefühl zu zeigen.
Hauptmann Ioan Cramar, der Kommandeur einer der rumänischen Staffeln, die diese medizinischen Evakuierungsflüge durchführen, erklärt, dass diese Einsätze die Krönung ihrer gesamten Ausbildung bilden: „Damit eine solche Mission mit so vielen Variablen erfolgreich sein kann, muss sie sehr gut koordiniert werden. Deshalb müssen sich alle Entscheidungsträger und alle Mitarbeiter, die vor Ort tätig sind, irgendwann an einen Tisch setzen, um all diese Dinge zu besprechen und zu versuchen, so viele Risiken wie möglich zu eliminieren. Diese Einsätze stellen unsere Bereitschaft auf die Probe, sie testen unsere Fähigkeit zu denken, schnell zu reagieren und Information zusammenzutragen und zusammenzufassen. Aber das ist genau das, worauf uns unsere Ausbildung vorbereitet.“
Sein Kollege, Hauptmann Andrei Faisan, spricht über den Effekt dieser Einsätze: „Solche Momente sind sehr erfüllend, weil wir einen Beitrag zu erstaunlichen Missionen leisten können. Es geht hier darum, Leben zu retten, und das ist meiner Meinung nach das Beste, was wir tun können.“
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Medizinische Notfallteams
Die medizinischen Teams, die mit ihren Flügen Leben retten, umfassen auch engagierte Ärzte und Pflegekräfte, die Teil medizinischer Notfallteams (EMS) sind und die die Patienten und ihre Familien während ihrer langen Reise in die Sicherheit versorgen.
Dr. Andreea Popescu, eine der EMS-Ärzte auf den Evakuierungsflügen, erklärt: „Die Rolle der medizinischen Notfallteams bei diesen Evakuierungen ist entscheidend. Wir sind diejenigen, die auf jede Situation vorbereitet sind – auf eine große Anzahl von Patienten, auf kritische Situationen, auf komplexe Pathologien.“
Ihr Kollege Dr. Vlad Ispas, ein weiterer EMS-Arzt, der die medizinischen Evakuierungen aus dem Gazastreifen unterstützt, erklärt: „Für mich persönlich ist es eine Ehre und ein Privileg, an solchen Einsätzen teilzunehmen, denn wir leisten einen kleinen Beitrag zur Versorgung von Menschen, die höchstwahrscheinlich fast alles verloren haben.“
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Ein sicherer und ruhiger Ort zum Verweilen
Bislang wurden 20 Patienten und ihre Familien aus dem Gazastreifen nach Rumänien evakuiert, um dort fachärztlich behandelt zu werden. Die meisten von ihnen sind Kinder. Sie haben in der Versorgung durch spezialisierte Ärzte, Pflegekräfte und Sozialarbeiter in Rumänien einen sicheren Hafen gefunden.
Einige der Patienten, die seit September 2024 nach Rumänien evakuiert wurden, sind bereits wieder gesund, während andere ihre Behandlung fortsetzen. In der Zwischenzeit finden sich ihre Familien in der neuen Umgebung in Bukarest zurecht. Dank der Hilfe lokaler Verbände, die der rumänischen Regierung ihre Dienste und Unterstützung angeboten haben, ist ihre Integration sehr viel einfacher.
Ana Olaru, Projektleiterin bei Habitat for Humanity, beschreibt diese Unterstützung bei einem ihrer regelmäßigen Besuche bei den Familien aus Gaza: „Diese Familien haben Kinder mit schwerwiegenden medizinischen Problemen und brauchen Stabilität und einen sicheren und ruhigen Ort, an dem sie verweilen können, ohne sich in einem Land, das sie nicht kennen, um eine Unterkunft kümmern zu müssen. Für sie ist es äußerst wichtig, sich um die Behandlung der kranken Kinder und die Integration der anderen Kinder zu kümmern. Deshalb haben wir unsere Unterstützung angeboten. Wir stellen ihnen eine Unterkunft zur Verfügung, und nach sechs bis sieben Monaten bringen wir ihnen bei, wie sie ihre Rechnungen bezahlen können, und wir übernehmen zudem einen Teil des Integrationsprozesses, damit sie unabhängig werden können.“
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Abdullahs Krankheit
Soma und ihre 4 Kinder gehören zu den Familien, die jetzt in den von Anas Team bereitgestellten Unterkünften leben. Sie kam im Herbst 2024 mit einem der medizinischen Evakuierungsflüge zusammen mit Abdullah, ihrem 6-jährigen Sohn, und dreien seiner Geschwister in Rumänien an. Als Abdullah erst drei Jahre alt war, wurde bei ihm Leukämie diagnostiziert.
„Es ist schwer, zu wissen, dass der eigene Sohn eine so schwere Krankheit hat“, erzählt Soma. Sie erinnert sich an den Moment, als sie die schlimme Nachricht von Abdullahs Krankheit erhielten: „Er war immer sehr aktiv, es war ein ständiges Hin und Her mit ihm beim Spielen, und dann, eines Tages, bewegte er sich plötzlich nicht mehr. Also gingen wir ins Krankenhaus, und man sagte uns, er habe diese Blutkrankheit, Leukämie.“
Der Krieg machte die Situation für Soma und ihre Familie nur noch schlimmer, da es nahezu unmöglich wurde, die notwendigen Untersuchungen und Behandlungen für Abdullah zu erhalten, und das Haus der Familie bei den Bombardierungen zerstört wurde.
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Hoffnung und Möglichkeiten
Nach seiner Ankunft in Rumänien konnte Abdullah die dringend benötigte medizinische Behandlung erhalten. Während sie noch mit schmerzhaften Erinnerungen zu kämpfen hat, kann Soma zusammen mit den Kindern langsam ein neues Leben mit mehr Hoffnung und Möglichkeiten aufbauen. „Wir haben das Gefühl, zu Hause zu sein“, sagt sie. „Die Rumänen sind gute Menschen, und ich danke allen, die uns geholfen haben, hierher zu kommen. Wir besuchen auch Kurse, um die Landessprache zu lernen. Die Kinder gehen alleine zur Schule und es gibt keine Sorgen oder Ängste mehr.“
Im Gazastreifen gibt es noch etwa 12 000 bis 14 000 Menschen, die auf eine medizinische Evakuierung angewiesen sind. Die WHO fordert die Länder weiterhin eindringlich dazu auf, sich zu melden und ihre Unterstützung anzubieten, und setzt sich gleichzeitig für eine Ausweitung der Genehmigungen auf allen möglichen Routen ein, damit das Leben dieser Patienten rechtzeitig gerettet werden kann. Nach dem Waffenstillstandsabkommen stellen die Bewältigung des massiven Gesundheitsbedarfs und die Wiederherstellung des Gesundheitssystems im Gazastreifen komplexe und anspruchsvolle Aufgaben dar, zu deren Bewältigung sich die WHO verpflichtet hat.
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