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Dr. Batyr Berdyklychev (links), Repräsentant der WHO, WHO-Länderbüro in der Türkei, bei einem Treffen in Antakya mit einem Repräsentanten von UMKE (Türkisches Medizinisches Rettungsteam).
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Erdbeben in der Türkei: sechs Monate resilienter Maßnahmen und Unterstützung

Erklärung von Dr. Batyr Berdyklychev, Repräsentant der WHO, WHO-Länderbüro in der Türkei

1 August 2023
Aussage
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Der 6. Februar 2023 ist ein Datum, das die Millionen von Türken und Syrern, die von den verheerenden Erdbeben an diesem Tag betroffen waren, niemals vergessen werden. 

Über 50 000 Menschen verloren an diesem Tag ihr Leben, Hunderttausende wurden verletzt. Millionen weitere verloren ihr Zuhause und ihre Existenzgrundlage. Schätzungen zufolge waren über 9 Mio. Menschen in irgendeiner Form von der Katastrophe betroffen, fast 3 Mio. Menschen wurden aus ihrer Heimat vertrieben. 

Die Zerstörung der Infrastruktur und die herrschenden Wetterbedingungen vergrößerten das Leid zusätzlich. Zunächst lag der Schwerpunkt auf Such- und Rettungsmaßnahmen, mit gezielten Anstrengungen zur Ortung von und Hilfe für Überlebende.   

Weitere dringende Bedürfnisse umfassten die Bereitstellung einer medizinischen Versorgung für die Verletzten und die Sicherstellung, dass grundlegende Bedürfnisse wie Nahrungsmittel, Trinkwasser und Obdach für jene Menschen erfüllt wurden, die von einem Augenblick auf den anderen alles verloren hatten. 

Zur Unterstützung der türkischen Regierung reagierte die WHO umgehend, schickte lebensrettende Medikamente und andere medizinische Hilfsgüter und aktivierte ihr Netzwerk für medizinische Notfallteams, um unentbehrliche Leistungen und Unterstützung für diejenigen bereitzustellen, die am dringendsten Hilfe benötigten. Dieser Einsatz markierte den größten Einsatz medizinischer Notfallteams, der jemals in der Europäischen Region der WHO unternommen wurde.  

Von Beginn an arbeitete die WHO eng mit dem türkischen Gesundheitsministerium, dem Ministerium für Familie und Soziales und der Behörde für Katastrophenhilfe und Notfallmanagement (AFAD) zusammen, um die Reaktions- und Wiederaufbaumaßnahmen unter Federführung der türkischen Regierung konsequent zu unterstützen. Dabei diente die gemeinsame Vision für bessere Resultate für die betroffene Bevölkerung als treibende Kraft.  

In den letzten sechs Monaten hat die WHO die Bewältigungsmaßnahmen der Regierung uneingeschränkt unterstützt. Im Zentrum unserer Anstrengungen stand die Verstärkung der Angebote im Bereich der psychischen Gesundheitsversorgung, die Ausweitung der körperlichen Rehabilitationsmaßnahmen für die Verletzten, Unterstützung bei der Bereitstellung von Gesundheitsleistungen auf Ebene der primären und sekundären Gesundheitsversorgung und die Stärkung des Systems für Laborleistungen im Bereich Infektionskrankheiten und des Surveillance-Systems. In all diesen Bereichen waren wir darum bemüht, die betroffenen Gemeinschaften frühzeitig in die Wiederaufbaumaßnahmen einzubeziehen und sie im Hinblick auf Präferenzen und Bedürfnisse anzuhören. 

Nach den Erdbeben schlossen sich das Gesundheitsministerium und die WHO prompt zusammen, um wichtige Botschaften zum Schutz der öffentlichen Gesundheit zu einer Vielzahl vorrangiger Themen auszuarbeiten. Um diese Botschaften wirksam zu gestalten, führte WHO/Europa regelmäßig Umfragen in der Gesellschaft durch, sammelte über digitale Plattformen Erkenntnisse aus den Gemeinschaften und analysierte Posts und Konversationen im Internet. Dieser Ansatz half, Bedürfnisse und Lücken im Bereich der Gesundheitsinformationen, Wahrnehmungen vor Ort sowie Bereiche zu identifizieren, in denen Unterstützung erforderlich war. 

Die WHO führte wichtige Schulungen für Fachkräfte aus dem Gesundheits- und Sozialwesen durch und stattete sie auf diese Weise mit Werkzeugen aus, um skalierbare psychologische Interventionen anzubieten und eine geburtshilfliche Notversorgung sicherzustellen. Darüber hinaus haben wir Unterstützung in Form von Schulungen zur Risikokommunikation und dem Umgang mit Fehl- und Desinformation geleistet. Ferner hat sich das Team aus dem WHO-Länderbüro in der Türkei auf die Stärkung von Leistungen im Bereich der psychischen Gesundheitsversorgung sowie des Systems für Laborleistungen im Bereich Infektionskrankheiten und des Surveillance-Systems konzentriert, um eine optimale Funktionsfähigkeit zu gewährleisten.  

Heute, genau sechs Monate später, setzen wir unsere Anstrengungen fort, während wir weiterhin jenen zur Seite stehen, die nach den Erdbeben körperliche und psychische Belastungen durchlitten haben. Die Betroffenen – egal ob sie direkt oder indirekt betroffen sind – haben noch immer mit den Folgen zu kämpfen, und unser Bekenntnis zur Unterstützung ihres Wohlbefindens bleibt unerschütterlich.  

Es stehen uns noch viele Herausforderungen bevor. Der Zugang zu Gesundheitsangeboten ist in einigen Provinzen nach wie vor begrenzt, und die Rückkehr der aus ihrer Heimat vertriebenen Menschen in die betroffenen Gebiete ist mit zusätzlichen Herausforderungen verbunden. Nichtsdestotrotz ist die WHO entschlossen, diese Herausforderungen entschieden anzugehen.  

Die Bemühungen der WHO sind niemals ausschließlich auf die unmittelbare Entlastung beschränkt. Wir waren schon vor dieser Katastrophe in der Türkei tätig, und wir werden unsere Unterstützung auch langfristig fortsetzen. Die WHO arbeitet an der Stärkung von Angeboten im Bereich der Physiotherapie im Rahmen der primären Gesundheitsversorgung und konzentriert sich dabei insbesondere auf die am stärksten von den Erdbeben betroffenen Gebiete. Durch Unterstützungsleistungen auf Ebene der Gemeinschaft hoffen wir, die Belastung für Krankenhäuser zu lindern und die Kontinuität der Versorgung für Menschen mit chronischen Erkrankungen sicherzustellen. Und durch die partnerschaftliche Zusammenarbeit mit den Gemeinschaften hoffen wir, deren Widerstandsfähigkeit für die Zukunft zu verbessern. 

Wir sind uns bewusst, dass wir die enormen Herausforderungen, die durch diese Katastrophe entstanden sind, nicht allein bewältigen können, und die Beiträge unserer Geber waren instrumental und haben uns in die Lage versetzt, im Leben der betroffenen Gemeinschaften spürbar etwas zu bewegen.  

Mit der finanziellen Hilfe vonseiten des Büros für humanitäre Hilfe von USAID, der Regierungen Kuwaits und Norwegens und der Generaldirektion Europäischer Katastrophenschutz und humanitäre Hilfe waren wir in der Lage, dringend benötigte Hilfe zu leisten, Schulungen anzubieten und für die am stärksten gefährdeten Bevölkerungsgruppen unentbehrliche medizinische Hilfsgüter bereitzustellen. 

Der Weg zu einem vollständigen Wiederaufbau ist lang, doch gemeinsam können wir im Leben derjenigen, die von dieser Tragödie getroffen wurden, etwas bewirken. Ich möchte all jenen Menschen und Organisationen, die hierzu einen Beitrag geleistet haben, meinen herzlichen Dank aussprechen. Lassen Sie uns weiterhin Hand in Hand mit Anteilnahme und Entschlossenheit zusammenarbeiten, während wir uns um den Wiederaufbau und die Wiederherstellung der Hoffnung für die Menschen in der Türkei bemühen.