WHO / Nazik Armenakyan
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Fieberhafte Bemühungen zur Erfüllung der gesundheitlichen Bedürfnisse der nach Armenien geflüchteten Menschen

WHO intensiviert Unterstützung für das armenische Gesundheitsministerium zu diesem entscheidenden Zeitpunkt

1 October 2023
Aussage
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Innerhalb von weniger als einer Woche sind deutlich über 100 000 ethnische Armenier aus der Region Bergkarabach – fast die gesamte geschätzte Bevölkerung dieses Gebiets – ins benachbarte Armenien geflohen, sodass eine humanitäre Krise mit akuten gesundheitlichen Bedürfnissen entstanden ist. Die WHO bemüht sich dringend um Unterstützung des armenischen Gesundheitsministeriums im Rahmen der breit angelegten Maßnahmen unter der Federführung der Regierung, sowohl aktuell als auch in den kommenden Monaten.

„Als der Exodus begann, schickte ich umgehend meinen Sondergesandten Robb Butler, um die Lage zu beurteilen und zusammen mit dem armenischen Gesundheitsministerium einen umfassenden Notfallplan für das Gesundheitswesen auszuarbeiten. Wir haben bereits Gesundheitsgüter und internationalen Sachverstand mobilisiert, um das Gesundheitssystem bei der Bewältigung des plötzlichen massiven Zustroms von Flüchtlingen zu unterstützen, von denen viele besondere medizinische Bedürfnisse haben“, erklärte Dr. Hans Henri P. Kluge, WHO-Regionaldirektor für Europa.

„Die WHO hatte bereits im Vorfeld Güter für die Traumaversorgung für Armenien bereitgehalten. Nach der dramatischen Explosion eines Treibstoffdepots entlang der Einreiseroute nach Armenien versendet die WHO Verbrennungs-Sets, um den erhöhten Bedarf von Patienten mit schweren Verbrennungen zu decken. Um den allgemeinen Gesundheitsbedarf der vertriebenen Bevölkerung zu decken, schickt die WHO auch Medikamente zur Behandlung nichtübertragbarer Krankheiten, die für die Versorgung von bis zu 50 000 Personen für drei Monate ausreichen.“

„Wir haben unsere Notfallsysteme aktiviert und werden nach einer umfassenden Bedarfsermittlung Experten aus Bereichen wie psychische Gesundheit, Behandlung von Verbrennungen, gesundheitliche Grundversorgung und Notfallkoordination in das Land entsenden. Die Herausforderungen sind wirklich enorm, und wir stehen bereit, alles in unseren Kräften Stehende zu tun.“

Robb Butler, der Sondergesandte des Regionaldirektors, hob in einem Gespräch mit Gesundheitsministerin Anahit Avanesyan die uneingeschränkte und vorbehaltlose Unterstützung der WHO hervor. Auf der Grundlage seiner Gespräche und seines Besuchs an einer wichtigen Flüchtlingsregistrierungsstelle vor Ort haben sich WHO/Europa und das WHO-Länderbüro in Armenien mit dem Gesundheitsministerium auf Folgendes geeinigt:

  • sofortige Mobilisierung von Verbrennungsspezialisten aus Israel, Belgien und dem Libanon sowie von Hilfsgütern zur Behandlung der Verletzten;
  • Ermittlung und Deckung des Impfbedarfs der Geflüchteten;
  • Entsendung eines Teams für die psychische Gesundheitsversorgung und psychosoziale Betreuung;
  • Aufbau von Kliniken aus vorgefertigten Modulen in entlegenen Gebieten; und
  • Unterstützung der Regierung bei der Einbindung von Gesundheitsfachkräften – bisher fast 300 Ärzte und 1200 Pflegekräfte – aus der Region Bergkarabach in die primäre Gesundheitsversorgung und das Krankenhauswesen in Armenien.

„Mein Besuch in Goris, in der Nähe des Grenzübergangs, wo ich mit Beamten, lokalen nichtstaatlichen Organisationen und humanitären Ersthelfern, aber auch mit Empfängern von Gesundheitsleistungen und anderen wichtigen Angeboten zusammentraf, hat mich mit Trauer erfüllt, aber auch mit Hoffnung“, sagte Butler.

„In der ersten größeren Stadt, in der die Flüchtlinge ankamen, habe ich eine enorme Solidaritätsbekundung seitens der örtlichen armenischen Bevölkerung und der Freiwilligen erlebt, die alles in ihrer Macht Stehende tun, um Lebensmittel, Wasser und Unterkünfte bereitzustellen. Aber man sieht die Verzweiflung in den Gesichtern vieler Vertriebener. Sie haben alles zurückgelassen: ihre Häuser, ihr Hab und Gut, die Gräber ihrer Angehörigen. Da sind Kinder, ältere Menschen, Frauen und Mädchen mit besonderen Bedürfnissen im Bereich der sexuellen und reproduktiven Gesundheit. Es ist klar, dass es einige Zeit dauern wird, bis die seelischen und emotionalen Wunden der Flüchtlinge verheilt sind. Klar ist aber auch, dass angesichts der atemberaubenden Geschwindigkeit, mit der sich diese Krise entwickelt, jede verfügbare Hilfe benötigt wird, um die Bemühungen der Regierung zu ergänzen und zu unterstützen – von der WHO, unseren Partnerorganisationen innerhalb der Vereinten Nationen, von Organisationen der Zivilgesellschaft. Ich danke Frau Ministerin Avanesyan dafür, dass sie die unmittelbaren und längerfristigen gesundheitlichen Prioritäten genannt hat, bei denen die WHO um eine partnerschaftliche Zusammenarbeit gebeten wurde.“

Eine weitere dringende Notwendigkeit sind Ausrüstungs- und Hilfsgüter; Gleiches gilt für die Entsendung von Experten für die Behandlung mittelschwerer bis schwerer Verbrennungen nach der massiven Explosion eines Treibstofflagers am 25. September inmitten der Massenflucht. Bei der Explosion kamen mindestens 170 Menschen ums Leben, weitere 200 wurden verletzt, oft mit schweren Verbrennungen. 

„Es ist herzzerreißend, dieses Ausmaß an Leid mitzuerleben“, erklärte Butler nach einem Besuch auf der Nationalen Verbrennungsstation in Eriwan, wo einige der Überlebenden behandelt werden. „Jedes einzelne der 80 Betten in diesem Krankenhaus ist mit einem Überlebenden der Explosion in Bergkarabach belegt. Das Personal hier arbeitet hart daran, sie zu behandeln und zu rehabilitieren, aber dies ist ein kleines Land mit begrenzten Kapazitäten, und der Bedarf ist immens.“

„Dies ist erst der Anfang der Hilfe der WHO für Armenien in dieser Zeit der Not“, sagte Dr. Kluge. „Leider wird es lange dauern, bis diese humanitäre Herausforderung bewältigt ist. Ich spreche dem armenischen Gesundheitsministerium und allen Mitarbeitern des Gesundheitswesens meine Anerkennung aus, die so viel dafür tun, dass die Gesundheit im Mittelpunkt der Hilfsmaßnahmen steht. Die WHO und unsere Partner vor Ort haben sich auf einen längeren Einsatz eingestellt.“

 

Hinweis: Am 3. Oktober 2023 wurde der Titel dieses Artikels aus Gründen der Anpassung an die Terminologie der Vereinten Nationen geändert.

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Bhanu Bhatnagar


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Sarah Tyler

Pressebüro von WHO/Europa