Anlässlich der Weltstillwoche, die in jedem Jahr vom 1. bis 7. August stattfindet, wird in der gesamten Europäischen Region der WHO lebhaft über die wachsende internationale Besorgnis in Bezug auf die Ernährung von Säuglingen
diskutiert. Viele kommerzielle Nahrungsmittel werden als für Säuglinge ab vier Monaten geeignet vermarktet und verdrängen damit potenziell teilweise die Muttermilch. Es ist besorgniserregend, dass der Markt von süßen Pürees
und Süßigkeiten dominiert wird, die große Mengen freier Zucker enthalten.
Die WHO empfiehlt, Säuglinge während der ersten sechs Lebensmonate ausschließlich zu stillen und das Stillen auch nach der Einführung von Beikost bis zu zwei Jahre oder länger fortzusetzen.
Das Europäische Büro der WHO für die Prävention und Bekämpfung nichtübertragbarer Krankheiten (Fachzentrum für nichtübertragbare Krankheiten) hat ein Modellgesetz über effektive Regulierungsrahmen zur Beendigung
der unangemessenen Vermarktung von Muttermilchersatzprodukten und Lebensmitteln für Säuglinge und Kleinkinder in der Europäischen Region ausgearbeitet.
Die vorhandenen Leitlinien für die Formulierung und Vermarktung dieser ungeeigneten Produkte sind veraltet und reichen nicht aus. Das Modellgesetz soll es den Ländern ermöglichen, ihre Einhaltung des Internationalen Kodex für die Vermarktung
von Muttermilchersatzprodukten zu verbessern, und Kleinkinder vor den schädlichen Auswirkungen von Werbung für ungeeignete Nahrungsmittel schützen.
Verbesserung kommerzieller Säuglingsnahrung
Das Modellgesetz wurde in dem Sachstandsbericht 2022 über die Umsetzung des Internationalen Kodex befürwortet, in dem u. a. steht: „Länder, die ihre Gesetze oder Vorschriften für die Vermarktung von Muttermilchersatzprodukten
nicht in den letzten Jahren überarbeitet haben, sollten anhand dieses Berichts Defizite bei der Umsetzung aller Bestimmungen des Kodex ermitteln und Maßnahmen zur Aktualisierung ihrer Rechtsvorschriften ergreifen.“
Patti Rundall, die bei der nichtstaatlichen Organisation Baby Milk Action für Konzeptentwicklung zuständig ist, erklärt hierzu: „Dieses Modellgesetz ist ungeheuer wichtig. Es ist klar formuliert und leicht zu lesen und vereint sämtliche
globalen Sicherungsvorkehrungen, an die politische Entscheidungsträger beim Schutz der Rechte unserer jüngsten Bürger denken müssen. Es ist das perfekte Werkzeug für all jene, die ihre Gesetze auf den neuesten Stand bringen
und die Schlupflöcher beseitigen wollen, die es dieser schädlichen Werbung leicht machen.“
Sie fügt hinzu: „Man sollte sich daran erinnern, dass keine der vorgeschlagenen Sicherungsmaßnahmen Eltern das Recht verweigert, über die Ernährung ihrer Babies zu entscheiden; sie sorgen lediglich dafür, dass alle vollständige
und offene Informationen über die auf dem Markt befindlichen Produkte erhalten.“
Erstellung von Nährwert- und Verkaufsförderungsprofilen
Das Fachzentrum für nichtübertragbare Krankheiten beleuchtet auch den Themenkomplex der kommerziellen Säuglingsnahrung, indem es das weltweit erste Modell für die Erstellung von Nährwert- und Verkaufsförderungsprofilen für
Säuglinge und Kleinkinder entwickelt. In diesem Modell werden die Anforderungen an Nährwert und Werbung in verschiedenen Produktkategorien bewertet und Outputs geschaffen, aus denen deutlich hervorgeht, wo eine Reformulierung von Produkten
notwendig ist und wo Werbebeschränkungen eingeführt werden sollten.
Dr. Kremlin Wickramasinghe, kommissarischer Leiter des Fachzentrums und Regionalbeauftragter für Ernährung, Bewegung und Adipositas bei WHO/Europa, erklärt: „Dieses Modell gibt den Mitgliedstaaten und anderen maßgeblichen Akteuren
ein Werkzeug an die Hand, um die Zutaten kommerzieller Babynahrung sowie deren Verpackung und Vermarktung zu bewerten. Jedes Land kann dieses Modell anpassen und damit einen wichtigen Schritt zur Verwirklichung der ernährungsbezogenen Ziele für
diese besonders gefährdete Altersgruppe vollziehen.“
Diese Initiative der Europäischen Region wird weltweit anerkannt und trägt entscheidend zur Verbesserung der Ernährung von Säuglingen und Kleinkindern in Europa und anderen Teilen der Welt bei. Das Fachzentrum für nichtübertragbare
Krankheiten steht bereit, um auf diesem Gebiet mit anderen Regionen der WHO zusammenzuarbeiten.
Wie geht es weiter?
Im Einklang mit ihrem Bestreben, Nährstoff- und Verkaufsförderungsprofile zugänglich zu machen, entwickelt die WHO ein Instrumentarium und eine digitale Version des Modells. Diese Aktivposten unterstützen die Länder bei der Bewertung
von Produkten und bei der Erstellung von Handlungsempfehlungen, die entscheidend zur Unterbindung der Ausbreitung von Diabetes und Adipositas mittels des Globalen Kontrollrahmens der WHO für nichtübertragbare Krankheiten beitragen. Zur Erleichterung
der Umsetzung des Modellgesetzes werden den Mitgliedstaaten auch entsprechende Schulungen angeboten.
Diese Arbeit trägt direkt zur Erfüllung der Verpflichtungen aus der Resolution WHA71.9 der Weltgesundheitsversammlung bei:
- ein rechtzeitiges und ausreichendes Zufüttern zu fördern; und
- weiterhin alle notwendigen Maßnahmen zugunsten der öffentlichen Gesundheit zu ergreifen, um die Empfehlungen zur Beendigung der unangemessenen Vermarktung von Lebensmitteln für Säuglinge und Kleinkinder umzusetzen.