Entwicklung und Umsetzung einer nationalen Strategie für die genomische Surveillance – die Erfahrungen der Türkei

3 October 2022
Pressemitteilung
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Die Türkei hat eine fünfjährige nationale Strategie für die genomische Surveillance in die Wege geleitet. Darin sollen sämtliche Bereiche der genomischen Surveillance von Infektionskrankheiten in der Türkei zusammengeführt werden, und so soll die Bereitschaftsplanung ausgeweitet und die Gesundheitssicherheit verstärkt werden. 

Diese Maßnahmen orientieren sich an der Globalen Strategie für die genomische Surveillance von Krankheitserregern mit Pandemie- oder Epidemiepotenzial (2022–2032), die 2022 von der WHO veröffentlicht wurde und die einen übergeordneten Rahmen zur Stärkung und Verbesserung der globalen Kapazitäten in den Bereichen Sequenzierung und Bioinformatik bildet. Die dabei gesammelten Erfahrungen lassen sich zur Unterstützung von Ländern der Europäischen Region der WHO anwenden, die ähnliche Ziele verfolgen.

Seit 2021 arbeitet das WHO-Länderbüro in der Türkei im Rahmen eines von der Europäischen Union finanzierten Projektes in enger Abstimmung mit dem Gesundheitsministerium und dem Nationalen Referenzlabor für Virologie (NVRL) an der Verbesserung der genomischen Surveillance. Durch das Projekt wurden erhebliche Gelder in Sequenzierungsgeräte, Rechnerinfrastrukturen, Personalschulungen sowie Datenmanagement und -austausch investiert.

„Die Entwicklung und Umsetzung der nationalen Strategie für die genomische Surveillance in der Türkei sind wichtig für die Konsolidierung der vorhandenen Labor- und Surveillance-Infrastruktur und der entsprechenden Kapazitäten, aber auch für die Gewährleistung einer wirksamen Nutzung der Daten“,  erklärte Biran Musul, der als nationaler Fachreferent an dem Projekt beteiligt ist.

Die Ausarbeitung der Strategie begann mit einer dreitägigen Tagung im Mai 2022 in Izmir. An der Veranstaltung nahmen Repräsentanten von insgesamt zehn Ländern der Europäischen Region und Vertreter des türkischen Gesundheitsministeriums sowie von WHO/Europa und WHO-Hauptbüro teil. Im Juni lud das Projektteam zu einer Tagung im Rahmen des einheitlichen Gesundheitsansatzes ein, die sich mit der Koordinierung und Nutzung von Genomsequenzierung für die Bekämpfung antimikrobieller Resistenzen befasste und auf der neun Länder der Europäischen Region vertreten waren. 

„Die Vertreter von Ländern aus der gesamten Europäischen Region haben ihre Erfahrungen mit der Mobilisierung nachhaltiger Finanzmittel, der Entwicklung und Anpassung von Sequenzierungszielen und Probeentnahmestrategien sowie der Ausbildung von Laborpersonal ausgetauscht, was den Weg für die Ausarbeitung der nationalen Strategie der Türkei ebnen wird“, sagte Adrienne Rashford, die Koordinatorin des Projektes. 

Im Anschluss wurde eine nationale Sonderarbeitsgruppe aus Experten des Ministeriums und der WHO eingesetzt, die die Arbeit an der Strategie im Laufe des Jahres 2022 fortsetzen soll. Inzwischen haben mehrere Sitzungen der Sonderarbeitsgruppe stattgefunden, und die Zielsetzung lautet, bis Anfang 2023 über ein vom Kabinett verabschiedetes Dokument zu verfügen. 

Stärkung des Laborpersonals: ein zentrales strategisches Ziel

Zu den zentralen Zielen der Strategie gehört die Stärkung des Laborpersonals für die genomische Surveillance. Dazu hat das Team der WHO ein umfassendes Programm für die Schulung des Laborpersonals entwickelt, das sich mit genomischer Sequenzierung, Bioinformatik und molekularer Epidemiologie für SARS-CoV-2 und andere hochgefährliche Erreger befasst. 

Das Team hat im Laufe des Jahres 2022 auch eine Reihe interaktiver Workshops in der Türkei durchgeführt. Bisher haben 28 Laboranten aus nationalen Referenzlaboren an dem anspruchsvollen Programm teilgenommen, und mehr als 50 Mitarbeiter haben eine Grundschulung erhalten. Durch von Experten der WHO geleitete wöchentliche interaktive Übungsgruppen wird die Kontinuität des Lernens sichergestellt.

Gülay Korukluoğlu, Leiterin des NVRL, unterstrich die Bedeutung solcher Schulungen: „Schulungen gehören zu den wichtigsten Aspekten dieser Initiative, denn die Auszubildenden werden zu Ausbildern, sodass das ganze System autark wird.“ 

Um einen stetigen Strom von geschulten und kompetenten Absolventen und ein leistungsfähiges nationales Expertennetzwerk in der Türkei zu gewährleisten, hat das Projektteam Kooperationen zur Einbettung des Schulungsprogramms in die Lehrpläne von Hochschulen in die Wege geleitet. 

Regionale Führerschaft in der genomischen Surveillance angestrebt

Aufgrund dieser Erfahrungen unterstützt das WHO-Länderbüro inzwischen Länder in Zentralasien bei der Ausarbeitung ihrer eigenen nationalen Strategien für die genomische Surveillance und bei der Stärkung personeller Kapazitäten im Laborwesen. Im Oktober 2022 wird das Projektteam in Zusammenarbeit mit WHO/Europa Schulungen für 15 Teilnehmer aus fünf Ländern der Teilregion durchführen. 

„Beim WHO-Länderbüro in der Türkei sind wir in der glücklichen Lage, über ein Team einschlägiger Experten und ausreichende Finanzmittel zur Durchführung dieser Arbeit zu verfügen; das heißt, wir können andere Länder unterstützen, die sich auf den Weg zur Strategieentwicklung und zur Stärkung des Gesundheitspersonals gemacht haben. Das Wesentliche ist, dass die Zusammenarbeit mit internationalen Experten und zwischen allen Büros der WHO es uns ermöglicht, das von uns entwickelte Schulungsprogramm in größerem Maßstab anzuwenden“, betonte die Fachreferentin Philomena Raftery, die ebenfalls an den Projekt arbeitet.