Kopenhagen/Genf, 4. Februar 2025
Fast drei Jahre nach Ausbruch des ausgewachsenen Krieges in der Ukraine hat die WHO ihren Nothilfe-Appell 2025 für die Ukraine veröffentlicht, in dem sie dieses Jahr um 68,4 Mio. US-$ bittet. Über die humanitären Maßnahmen in Zusammenhang mit dem anhaltenden Konflikt hinaus muss die WHO zudem auf die allgemeinen gesundheitlichen Bedürfnisse eingehen sowie den Wiederaufbau und die Reformierung des Gesundheitssystems unterstützen. Hierfür sind weitere 41,6 Mio. US-$ erforderlich, so dass sich der Gesamtfinanzierungsbedarf auf 110 Mio. US-$ beläuft.
Die humanitäre Krise in der Ukraine hat ein Ausmaß erreicht, dessen Schwere nicht zu leugnen ist. Angesichts des andauernden Konflikts ist Berichten der Vereinten Nationen zufolge eine frappierende Zahl von 12,7 Mio. Menschen dringend auf humanitäre Hilfe angewiesen, von denen 9,2 Mio. in irgendeiner Form medizinische Hilfe benötigen. Hierzu zählen auch die 3 Millionen Menschen mit den dringendsten gesundheitlichen Bedürfnissen, auf die sich die WHO im Jahr 2025 konzentrieren wird.
Die Unvorhersehbarkeit der weiteren Entwicklung des Konflikts könnte entweder zu einer weiteren Verschlechterung der Bedingungen oder zu einer möglichen Stabilisierung der Lage führen.
Die Unsicherheit, Beschädigung und unzureichende Instandhaltung von veralteten Gesundheitseinrichtungen und medizinischer Ausrüstung, ein Mangel an Medikamenten und medizinischen Versorgungsgütern, personelle Unterbesetzung sowie ein eingeschränkter Zugang zu Überweisungskrankenhäusern und Apotheken haben die Bereitstellung und Zugänglichkeit von Gesundheitsangeboten erheblich beeinträchtigt. Die Auswirkungen des Krieges auf die öffentliche Gesundheit sind äußerst besorgniserregend, zumal die öffentlichen Mittel für militärische Ausgaben umgewidmet werden.
Die Wiederherstellung des Gesundheitssystems bleibt eine der zentralen Prioritäten der WHO in der Ukraine, die über den Wiederaufbau beschädigter oder zerstörter medizinischer Einrichtungen hinausgeht. Ziel der WHO ist es, das Land bei der Wiederherstellung und Finanzierung unentbehrlicher Leistungsangebote wie Rehabilitation, primäre Gesundheitsversorgung und Überwachung der öffentlichen Gesundheit zu unterstützen, die allesamt für die Erholung des Landes insgesamt entscheidend sind.
„Mit Blick auf das Jahr 2025 liegt unser Schwerpunkt weiterhin auf der Aufrechterhaltung und dem Ausbau unentbehrlicher Gesundheitsleistungen in der Ukraine“, erklärte Dr. Hans Henri P. Kluge, WHO-Regionaldirektor für Europa. „Schätzungsweise 9,2 Mio. Menschen in der Ukraine werden 2025 in irgendeiner Form gesundheitliche Hilfe benötigen, und die WHO ist darum bemüht, 3 Millionen von ihnen zu erreichen. Doch hinter den Zahlen verbergen sich menschliche Geschichten. Von einer schwangeren Frau, die während der Geburt um ihr ungeborenes Kind fürchtet, über einen älteren Mann, der mit einer sich verschlechternden psychischen Gesundheit kämpft, bis hin zu einem dreijährigen Jungen, der die Grundimmunisierung verpasst hat – die WHO will sie alle im Jahr 2025 unterstützen und dabei eng mit dem Gesundheitsministerium und anderen Partnern zusammenarbeiten.“
Dr. Jarno Habicht, Repräsentant der WHO in der Ukraine, erklärte: „Fast drei Jahre lang haben das ukrainische Gesundheitspersonal und das Gesundheitssystem bereits bemerkenswerte Widerstandsfähigkeit bewiesen. Die humanitäre Hilfe der WHO ergänzt die Bemühungen der engagierten Ärzte, Pflegekräfte und Freiwilligen in der Ukraine. Die Ukraine hat eine langfristige Perspektive für die Gesundheit der Bevölkerung, reagiert auf den anhaltenden Konflikt und treibt zugleich dringend benötigte Reformen im Gesundheitswesen voran. Die WHO unterstützt die Ukraine auf diesem Weg und trägt dazu bei, das Gesundheitssystem zu stärken und die Gesundheit der Bevölkerung zu verbessern.“
Die Notfallstrategie der WHO in der Ukraine für das Jahr 2025 zielt darauf ab, Notfall- und kritische Gesundheitsangebote zu stärken, die Kontinuität unentbehrlicher Gesundheitsleistungen zu gewährleisten und die tiefgreifenden Auswirkungen des Krieges auf das Gesundheitsversorgungsnetz
– insbesondere in den Regionen der Kontaktlinie – zu bewältigen. Sie besteht aus 5 zentralen Säulen:
- Stärkung der medizinischen Notfallversorgung und der Systeme für die Traumaversorgung, um die Notfallreaktion in vorrangigen Regionen sicherzustellen;
- Gewährleistung der Kontinuität und Qualität der unentbehrlichen primären Gesundheitsversorgung und der aufsuchenden Arbeit für die vom Krieg betroffene Bevölkerung;
- Verbesserung der Koordination zwischen den Gesundheitspartnern und Verbesserung des Gesundheitsinformationsmanagements für eine genaue Datenerfassung, Berichterstattung, Bedarfsbewertung und Krankheitsüberwachung;
- Bewältigung kritischer Anliegen, die die Gesundheitssicherheit und die Widerstandsfähigkeit in Notfallsituationen beeinträchtigen, wie etwa die Bereitschaftsplanung für Wetterereignisse und die Prävention chemischer, biologischer, radiologischer und nuklearer Risiken, sowie andere Prioritäten; und
- Unterstützung der zentralen Prioritäten im Hinblick auf die Wiederherstellung der Gesundheit in Notlagen, um eine hochwertige Versorgung und einen nachhaltigen Zugang zu gewährleisten.
Mit diesen gezielten Maßnahmen will die WHO die verheerenden gesundheitlichen Folgen des anhaltenden Konflikts abmildern und die Widerstandsfähigkeit des ukrainischen Gesundheitssystems stärken. Unter Schwerpunktlegung auf Zusammenarbeit, Innovation und Inklusivität engagiert sich die WHO weiterhin für den Schutz der Gesundheit und die Rettung von Menschenleben in einer der schwierigsten humanitären Krisen weltweit.
„Unser Ziel ist es, den Zugang zur Notfall- und Traumaversorgung zu gewährleisten, die Überwachung der öffentlichen Gesundheit zu stärken und den frühzeitigen Wiederaufbau des Gesundheitssystems zu unterstützen“, so Dr. Kluge abschließend. „Wir werden uns weiterhin bemühen, die Grenzen der Innovation zu verschieben, u. a. unter Nutzung von Ansätzen wie der Telemedizin und anderer digitaler Gesundheitsinnovationen, um die Herausforderungen zu überwinden, die sich aus dem Mangel an personellen Ressourcen und Schäden an der Infrastruktur ergeben.“