In den vergangenen Wochen wurde eine Reihe von Fällen schwerer Hepatitis unbekannter Herkunft bei Kindern gemeldet. Zu den betroffenen Ländern gehörten u. a. das Vereinigte Königreich, Spanien und die Vereinigten Staaten.
Was ist akute Hepatitis?
Mit diesem Begriff wird eine akute Entzündung der Leber bezeichnet. Sie kann entzündliche und nicht-entzündliche Ursachen haben. Es gibt drei Hauptarten akuter Virushepatitis – Hepatitis A, B und C. Die Virushepatitis D und E ist seltener, vor allem in wohlhabenderen Umgebungen.
Warum ist dieser Ausbruch so ungewöhnlich?
Eine schwere akute Hepatitis ist bei Kleinkindern ungewöhnlich. Der erste Bericht über einen möglichen Anstieg der Fallzahlen kam aus Schottland. Dies führte zur Auslösung von Alarmen in anderen Teilen des Vereinigten Königreichs und der Welt, in deren Folge neue Fälle gefunden wurden.
Bisher ist bekannt, dass die Viren, die gewöhnlich eine akute Virushepatitis auslösen, bei diesen Patienten nicht nachgewiesen wurden. Auch der internationale Reiseverkehr oder Verbindungen in andere Länder konnten nach bisherigen Erkenntnissen nicht als wesentliche Einflussfaktoren ermittelt werden.
Wie viel Sorgen sollten wir uns machen?
Obwohl es sich nur um seltene Ereignisse handelt, muss dies ernst genommen werden. Es sind zusätzliche Anstrengungen erforderlich, um weitere Fälle zu entdecken, sowohl in den bereits betroffenen Ländern als auch anderswo. Die vorrangige Aufgabe besteht darin, die Ursache der Krankheit zu bestimmen, um Bekämpfungs- und Präventionsmaßnahmen optimieren zu können.
Welches sind die verbreitetsten Theorien über die Ursachen?
Wir untersuchen zusammen mit den Ländern und unseren Partnerorganisationen eine Reihe möglicher Erklärungen. Dabei wird eine Vielzahl von Wegen geprüft. Zu den führenden Hypothesen gehören Adenoviren, eine weit verbreitete Gruppen von Viren, die von Mensch zu Mensch übertragen werden und bei Kindern Atemprobleme, Erbrechen und Durchfall hervorrufen.
Doch obwohl Adenoviren gegenwärtig eine Hypothese darstellen, so gibt es hier doch keine vollständige Erklärung für die Schwere des klinischen Bildes. Zwar hat es Fallberichte über Hepatitis bei immungeschwächten Kindern mit einer Adenovirusinfektion gegeben, doch verursacht eine solche Infektion gewöhnlich keine schwere Hepatitis bei ansonsten gesunden Kindern.
Das zuständige Untersuchungsteam im Vereinigten Königreich hat als mögliche Einflussfaktoren eine erhöhte Anfälligkeit bei jungen Kindern nach einer geringeren Zirkulation von Adenoviren während der COVID-19-Pandemie, das potenzielle Auftreten eines neuartigen Adenovirus und eine Koinfektion mit SARS-CoV-2 genannt; diese Theorien gilt es nun näher zu untersuchen.
Könnte der Ausbruch in Verbindung mit COVID-19 stehen?
SARS-CoV-2 wurde in mehreren Fällen entdeckt. Doch COVID-19 zirkuliert gegenwärtig in vielen der betroffenen Länder in großem Umfang, und der potenzielle Beitrag des Virus zu dem Krankheitsbild ist nicht geklärt.
Könnte der Ausbruch in Verbindung mit der Impfung gegen COVID-19 stehen?
Es gibt keine Hinweise auf einen Zusammenhang zwischen der Symptomatik und den Impfungen, da der überwiegende Teil der betroffenen Kinder nicht gegen COVID-19 geimpft ist. Andere infektiöse und nicht-infektiöse Erklärungen müssen vollständig untersucht werden, um das Risiko verstehen und kontrollieren zu können.
Müssen wir uns auf weitere Fälle einstellen?
Angesichts anhaltender Meldungen über Fälle mit neu einsetzender Symptomatik sowie der ausgedehnteren Fallsuche in anderen Ländern ist stark davon auszugehen, dass weitere Fälle entdeckt werden, bevor die Ursache bestimmt werden kann und konkrete Bekämpfungs- und Präventionsmaßnahmen ergriffen werden können.
Worauf sollten Eltern achten?
Zunächst einmal muss hervorgehoben werden, dass dies keine gewöhnliche Erkrankung ist, aber die Eltern sollten auf Symptome von Hepatitis achten, nämlich ein akutes Einsetzen von Durchfall, Erbrechen, Bauchschmerzen und Gelbsucht (Gelbfärbung der Haut und der Lederhaut des Auges) bei jüngeren Kindern. Die meisten Kinder bekommen kein Fieber. Eltern, die sich Sorgen machen, raten wir, sich an einen Arzt zu wenden.
Was können Eltern tun, um ihre Kinder vor einer Erkrankung zu schützen?
Sie sollten die normalen Maßnahmen ergreifen, die zum Schutz vor weit verbreiteten Viren dienen: also auf richtiges Händewaschen und eine gute Atemhygiene durch Abdecken von Husten oder Niesen achten, um die Ausbreitung zu verringern.