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WHO/Europa intensiviert Maßnahmen zur Bekämpfung geschlechtsspezifischer Gewalt während der aktuellen Flüchtlingskrise in der Republik Moldau

4 November 2022
Pressemitteilung
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Seit Beginn des Krieges in der Ukraine weitet WHO/Europa seine Anstrengungen zur Bekämpfung geschlechtsspezifischer Gewalt gegen Flüchtlinge aus, die aus der Ukraine in die Nachbarländer kommen. In der Republik Moldau, wo seit Februar 2022 über 580 000 ukrainische Flüchtlinge angekommen sind, von denen sich 77 000 immer noch im Land aufhalten, bemüht sich die WHO vor allem um Unterstützung für Frauen, ältere Menschen und Kinder, die die überwiegende Mehrheit der Geflüchteten ausmachen. 

Den aus der Ukraine geflohenen Frauen und Mädchen fehlt der Zugang zu hochwertigen Angeboten zur Bekämpfung geschlechtsspezifischer Gewalt, zur sexual- und reproduktionsmedizinischen Versorgung sowie zu psychosozialer Unterstützung. Marginalisierte Gruppen wie Roma-Gemeinschaften und die LGBTQI+-Community sind von zusätzlicher Diskriminierung betroffen und benötigen entsprechenden Schutz. Es kommt wesentlich darauf an, dass das Gesundheitspersonal in der Republik Moldau angemessen auf eine wirksame und bedarfsgerechte Versorgung der Überlebenden geschlechtsspezifischer Gewalt vorbereitet wird.

Eine bedarfsgerechte Versorgung

In der Republik Moldau und der Ukraine war die Prävalenz geschlechtsspezifischer Gewalt, einschließlich Gewalt gegen Intimpartner, schon vor Beginn der Flüchtlingskrise hoch. Nach Schätzungen der WHO haben in der Republik Moldau 27% der Frauen in der Altersgruppe von 15 bis 49 Jahre, die schon einmal verheiratet waren oder in einer Partnerschaft gelebt haben, schon einmal Gewalt durch Intimpartner erlebt, in der Ukraine sind es 18%.

Die WHO beabsichtigt, mit Unterstützung durch die kanadische Regierung die Mitarbeiter medizinischer Notfallteams für die Reaktion auf geschlechtsspezifische Gewalt in den Grenzregionen der Republik Moldau zu schulen. Anknüpfend an eine in der ersten Jahreshälfte von den Teams absolvierte Online-Schulung der WHO soll die Präsenzschulung die Fähigkeit der Gesundheitsfachkräfte zur spontanen Hilfe und zu einer hochwertigen Versorgung von Überlebenden geschlechtsspezifischer Gewalt vor dem Hintergrund der Flüchtlingskrise stärken, wie in Leitlinien und Normen der WHO vorgesehen.
 
Das Gesundheitspersonal wird für die Erkennung von Anzeichen geschlechtsspezifischer Gewalt, den einfühlsamen Umgang mit den Überlebenden, eine effektive erste psychosoziale Unterstützung samt Aufklärung über Überweisungspfade sowie die Bereitstellung einer hochwertigen klinischen Versorgung für Überlebende von Vergewaltigung geschult. 

 „Die Schulung soll den Teilnehmern praktische Orientierungshilfe in Bezug auf ihre wesentliche Rolle bei der Unterstützung von Menschen geben, die unterschiedlichen Formen geschlechtsspezifischer Gewalt ausgesetzt waren; der Schwerpunkt wird auf bedarfsgerechten Lösungsansätzen liegen“, sagte Valeriu Sava, Ansprechperson für Gleichstellung, Chancengleichheit und Menschenrechte beim WHO-Länderbüro in der Republik Moldau. „Da das Gesundheitspersonal oft die erste Anlaufstelle für die Überlebenden geschlechtsspezifischer Gewalt ist, kommt es entscheidend darauf an, dass es sicher und angemessen reagiert.“

Ausweitung der Maßnahmen des Gesundheitswesens zur Bekämpfung geschlechtsspezifischer Gewalt

Das Gesundheitswesen spielt eine wesentliche Rolle bei der Reaktion auf unterschiedliche Formen geschlechtsspezifischer Gewalt, wie körperliche, sexuelle und emotionale Gewalt, die schwere Folgen für die körperliche, seelische und reproduktive Gesundheit der Betroffenen haben kann.

Die WHO hat vor Kurzem die Ausarbeitung des Notfallplans des Gesundheitsministeriums zur Bereitstellung von Hilfe in Notlagen und für Flüchtlinge in der Republik Moldau unterstützt, bei dem die Schwerpunkte auf der Stärkung des Fallmanagements im Bereich der geschlechtsspezifischen Gewalt und auf der Vorbereitung von Gesundheitseinrichtungen und ihrem Personal auf eine qualitativ hochwertige Versorgung der Überlebenden liegen.

Die Ratifizierung der Konvention des Europarates zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt (Istanbuler Konvention) durch die Republik Moldau und ihr Inkrafttreten im Mai 2022 bieten eine neuerliche Gelegenheit zur Stärkung der Aufgaben und Fähigkeiten des Gesundheitswesens zur Bekämpfung geschlechtsspezifischer Gewalt.

„Die WHO arbeitet zusammen mit der Regierung an der Anpassung der Lehrpläne für künftige Ärzte und Pflegekräfte an den medizinischen Hochschulen und bemüht sich dabei speziell um die Befähigung von Leitern von Gesundheitseinrichtungen zu einer wirksamen Bekämpfung geschlechtsspezifischer Gewalt. Gleichzeitig ist eine Stärkung des gesetzlichen Rahmens erforderlich, insbesondere eine Beseitigung der Anzeigepflicht für das Gesundheitspersonal, da dies oft eine Hürde für Überlebende darstellt, die sie von der Inanspruchnahme von Hilfsangeboten abhält“, erklärt Sava. 

Geschlechtsspezifische Gewalt muss zu einer der obersten gesundheitlichen Prioritäten gemacht werden, und es bedarf einer langfristigen Planung und eines entsprechenden Engagements für die Ausweitung und Aufrechterhaltung von Interventionen. 

„Die Erleichterung der ressortübergreifenden Abstimmung ist ein Schlüssel zu einer wirksamen Reaktion. Die WHO beteiligt sich aktiv an der Sonderarbeitsgruppe der Republik Moldau zur Bekämpfung geschlechtsspezifischer Gewalt sowie an verschiedenen interinstitutionellen Koordinationsmechanismen. Zusammen mit dem Bevölkerungsfonds der Vereinten Nationen und anderen Partnerorganisationen unterstützen wir das Gesundheitsministerium bei der weiteren Institutionalisierung der Reaktion des Gesundheitswesens auf geschlechtsspezifische Gewalt“, erklärte Stela Gheorghita, Koordinatorin für Notlagen beim WHO-Länderbüro in der Republik Moldau.

„Wir brauchen kontinuierliche und aufeinander abgestimmte Anstrengungen samt der nötigen Finanz- und Sachmittel, um zu konkreten Maßnahmen vor Ort zu gelangen, die den Überlebenden geschlechtsspezifischer Gewalt Unterstützung bringen und bei denen niemand zurückgelassen wird.