Am 31. August versammelten sich rund 50 Experten von staatlichen Stellen in der Ukraine in Bukovel, einer Stadt in den Karpaten, im Westen des Landes. Das Ziel? Das Ziel lautete, eine bezahlbare Gesundheitsversorgung zu gewährleisten, die Menschen in dem vom Krieg zerrütteten Land vor finanzieller Not zu bewahren und dafür zu sorgen, dass die Ukraine auf ihrem Weg zu einer allgemeinen Gesundheitsversorgung auf Kurs bleibt.
Die Teilnehmer folgten einem Lehrplan, der aus Präsentationen, praktischen Gruppenübungen und interaktiven Diskussionen bestand. Die Veranstaltung, die eine speziell auf die Ukraine zugeschnittene Version des Seminars des WHO-Büros in Barcelona über Gesundheitsfinanzierung für eine allgemeine Gesundheitsversorgung war, zielte darauf ab, die aktuellen Herausforderungen des Landes im Bereich der Gesundheitsversorgung strategisch anzugehen.
Schadensminderung durch finanzielle Absicherung
Die Menschen brauchen sowohl in Kriegs- als auch in Friedenszeiten Zugang zum gesamten Spektrum der Gesundheitsversorgung. Doch während eines ausgewachsenen bewaffneten Konflikts, der dazu führen dürfte, dass mehr Menschen auf Gesundheitsleistungen verzichten oder aus eigener Tasche dafür bezahlen müssen, wird es für den Staat und seine Bürger noch schwieriger, diese Leistungen bereitzustellen bzw. in Anspruch zu nehmen.
Die Folgen für einzelne Haushalte lassen sich jedoch mit einem komplexen Geflecht von Konzepten zur Gesundheitsfinanzierung teilweise abfedern, die sowohl in der Gegenwart als auch im Hinblick auf den zukünftigen Wiederaufbau wirken. „Geeignete politische Konzepte sind der Schlüssel zu erfolgreichen Gesundheitsreformen und werden dazu beitragen, der gesamten Bevölkerung einen bezahlbaren Zugang zur Gesundheitsversorgung zu verschaffen“, erklärte Dr. Tamás Evetovits, Leiter des Büros der WHO in Barcelona zur Finanzierung der Gesundheitssysteme.
Er fügte hinzu: „Durch die Anpassung der aus der Praxis in ganz Europa gezogenen Lehren und die Bewertung von Optionen für Reformen in der Ukraine wurden die Kursteilnehmer darauf vorbereitet, Herausforderungen anzugehen und die Umsetzung mit Klarheit und Konsequenz im Hinblick auf die letztendlichen Ziele der Verbesserung des Zugangs zur Gesundheitsversorgung und gleichzeitig der finanziellen Absicherung anzupassen.“
Not macht Veränderungen erforderlich
Tagelang diskutierten die ukrainischen Entscheidungsträger – aus dem Gesundheitsministerium, dem Nationalen Gesundheitsdienst der Ukraine (NHSU), dem Finanzministerium, der Werchowna Rada (Parlament) und sieben weiteren staatlichen Stellen – über die Anwendung von Konzepten zur Gesundheitsfinanzierung in der Ukraine sowie über Fragen der finanziellen Absicherung, der Kostenerstattung, der Generierung und Bündelung von Einnahmen, des strategischen Einkaufs und der Steuerpolitik.
Andrey Kudrya vom Parlamentarischen Ausschuss für das nationale Gesundheitswesen freute sich besonders über die klare Botschaft, dass die Bedürfnisse der Menschen im Mittelpunkt jeglicher Veränderungen stehen müssen.
Er fügte hinzu: „Die Arbeit mit Gesetzen und Änderungen erfordert fachliche Unterstützung in Form von politischen Analysen, internationaler Erfahrung und bewährten Verfahren. Dank des Kurses haben wir als Mitarbeiter des Parlamentarischen Ausschusses für das nationale Gesundheitswesen unser Verständnis für das Fachwissen, das die WHO zur Verfügung stellen kann, vertieft und Kenntnisse über die Auswirkungen spezifischer politischer Maßnahmen gewonnen.“
Der Wunsch nach Reformen
Trotz des Krieges sei der Wunsch nach weiteren Gesundheitsreformen im Zuge eines baldigen Wiederaufbaus spürbar, erklärte Dr. Jarno Habicht, Repräsentant der WHO in der Ukraine: „Der Kurs, der die maßgeblichen Akteure aus Gesundheitspolitik und Gesundheitswesen zusammenbrachte, bot den Teilnehmern eine hervorragende Gelegenheit für einen Dialog über die neuesten Erkenntnisse und die Vision für die Zukunft des ukrainischen Gesundheitssystems und insbesondere der Gesundheitsfinanzierung.“
Ebenso hatten die Teilnehmer die Möglichkeit, auf der Grundlage theoretischer Überlegungen und bewährter Verfahren aus anderen Ländern Herausforderungen für die Gesundheitsfinanzierung in der Ukraine zu bestimmen und Lösungen vorzuschlagen. Natalia Husak, Leiterin des NHSU, wies darauf hin, dass die Gesundheitsversorgung in der Phase des Wiederaufbaus nach dem Krieg eine entscheidende Rolle spielen werde und dass bestimmte Bedürfnisse bereits deutlich geworden seien, z. B. im Bereich der psychischen Gesundheit und der Rehabilitation.
Abschließend sagte sie: „Heute stehen die Gesundheitsberufe vor neuen Herausforderungen, die ein klares und tiefgreifendes Verständnis der Grundsätze von Organisations- und Personalführung im Gesundheitswesen erfordern. Die in dem Kurs der WHO besprochenen Grundsätze sollen uns dabei helfen, Ressourcen zu sammeln, die nicht nur diesen Bedürfnissen gerecht werden, sondern auch allen Bürgerinnen und Bürgern der Ukraine die medizinische Versorgung noch näherbringen.“
Der Kurs
Das Seminar in Barcelona über Gesundheitsfinanzierung für eine allgemeine Gesundheitsversorgung, das erstmals vor zwölf Jahren stattfand, schöpft aus einem reichen Erfahrungsschatz aus der Europäischen Region und darüber hinaus. Untersucht werden eine Reihe wirksamer politischer Instrumente, die darauf abzielen, die allgemeine Gesundheitsversorgung voranzutreiben, die Qualität der Leistungserbringung zu verbessern und die finanzielle Absicherung der Bevölkerung zu gewährleisten. Im Vordergrund stehen dabei bewährte Verfahren der Gesundheitsfinanzierung, die die Chancengerechtigkeit sowohl bei der Finanzierung als auch bei der Inanspruchnahme von Gesundheitsleistungen verbessern sollen.
Die neueste Ausgabe des Kurses in der Ukraine wurde dank finanzieller Unterstützung durch Deutschland, die Schweizer Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit, die Partnerschaft für eine allgemeine Gesundheitsversorgung und die gemeinsame Initiative der Europäischen Union und der WHO zur Weiterentwicklung des Gesundheitssystems in der Ukraine möglich.