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Risikokommunikation und Bürgerbeteiligung in gesundheitlichen Notlagen: Lehren aus der COVID-19-Pandemie in den Ländern des Westbalkans

9 May 2022
Pressemitteilung
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Die COVID-19-Pandemie hat uns wie nie zuvor die Bedeutung von Risikokommunikation und Bürgerbeteiligung für die Notfallvorsorge und -bewältigung vor Augen geführt. Die Vermittlung der durch das Virus bedingten Risiken trägt erwiesenermaßen maßgeblich dazu bei, den Menschen mündige Entscheidungen und Maßnahmen zum eigenen Schutz und zum Schutz anderer zu ermöglichen, und hat eine Verringerung der Auswirkungen der Pandemie auf Gesundheitssysteme und Volkswirtschaften zur Folge. 

Die Einbindung der Bevölkerung in die Reaktion auf COVID-19 hat zu mehr Akzeptanz für Impfungen und andere Schutzmaßnahmen geführt und auch das Vertrauen in die Behörden gestärkt.

Somit hängt der Erfolg der Reaktion auf gesundheitliche Notlagen in hohem Maße von einer wirksamen Risikokommunikation und Bürgerbeteiligung ab. Dies war der Ausgangspunkt zum ersten Workshop der Europäischen Region über Lehren aus der Reaktion auf COVID-19 für die Bereiche Risikokommunikation und Bürgerbeteiligung. Zu der Veranstaltung in Tirana (Albanien) kamen 25 Teilnehmer aus den Ländern des Westbalkans sowie der Republik Moldau.

Auf der Grundlage einer Bestandsaufnahme der Lehren in der gesamten Europäischen Region der WHO wie auch in einzelnen Ländern erarbeiteten die Teilnehmer Anregungen für ihre Teilregion zur Verbesserung der Effektivität von Interventionen in den Bereichen Risikokommunikation und Bürgerbeteiligung. 

Der Workshop kam zu einem günstigen Zeitpunkt, zu dem stagnierende Impfquoten in den Ländern des Westbalkans die Notwendigkeit verdeutlichen, umgehend wirksame Gegenmaßnahmen in den Bereichen Risikokommunikation und Bürgerbeteiligung vorzubereiten, um vor einem zu erwartenden Wiederanstieg der COVID-19-Fallzahlen im Herbst die Impfquoten zu erhöhen.

Zitate der wichtigsten Vortragenden

In ihrer Ansprache an die Teilnehmer des Workshops erklärte Dr. Mira Rakacolli, Stellvertretende Ministerin für Gesundheit und soziale Sicherheit Albaniens: „Es ist nicht immer einfach, über Risiken zu informieren, vor allem wenn die zugrunde liegenden wissenschaftlichen Erkenntnisse komplex sind und sich im ständigen Fluss befinden.“ Sie fügte hinzu, die Pandemie habe mehr als jede frühere Notlage „gezeigt, dass die Gesundheitsbehörden auf das Vertrauen und die Unterstützung ihrer Bürger angewiesen sind, wenn sie eine Epidemie stoppen wollen.“

Dr. Rakacolli hob die erhebliche Bedeutung der erarbeiteten Lehren und Handlungsvorschläge für die Teilregion hervor: „Um das Vertrauen der Bürger zu gewinnen, müssen die Gesundheitsbehörden vor allem eine hocheffektive Risikokommunikation und eine entsprechende Einbindung der Gesellschaft sicherstellen.

Geraldine McWeeney, Repräsentantin der WHO in Albanien, fügte hinzu, dass das gegenseitige Lernen und die Partnerschaften, die sich aus einer sinnvollen Risikokommunikation und Bürgerbeteiligung ergeben, der gesamten Europäischen Region zugute kommen könnten: „Dieser fachliche Workshop und andere ähnliche Veranstaltungen tragen dazu bei, Fachwissen und Sachverstand zusammenzutragen und gemeinsame Herausforderungen zu bestimmen, und führen dann zu gemeinsamen Maßnahmen mit Unterstützung durch die WHO und internationale Partner, die mehr Gesundheit für unsere Gesellschaften insgesamt bringen.“

Dr. Abebayehu Assefa Mengistu, Koordinator der Schaltzentrale des Programms der WHO für gesundheitliche Notlagen in der Balkanregion, erklärte, dass unsere wichtigsten Strategien zur Krankheitsbekämpfung, von der Fallermittlung und Kontaktverfolgung bis zu Präventionsmaßnahmen wie Maskentragen, Einhaltung von Abstandsgeboten und Impfungen, allesamt vom Vertrauen und von der Unterstützung der Bürger abhängig sind. „Jetzt ist es an der Zeit für eine Bestandsaufnahme der umfangreichen Lehren aus der COVID-19-Pandemie, die es zu beherzigen und in Maßnahmen zur Stärkung der Gesundheitssysteme für künftige Epidemien und andere Notlagen umzusetzen gilt.“

Cristiana Salvi, Beraterin für Risikokommunikation und Bürgerbeteiligung bei WHO/Europa, erklärte: „Mit dieser Veranstaltung wollten wir ein Vorbild präsentieren, das Risikokommunikation und Bürgerbeteiligung auf die nächste Ebene hebt: als eine zentrale Intervention zum Schutz der öffentlichen Gesundheit im Rahmen der Bewältigung von Krankheitsausbrüchen und humanitären Notlagen. Das Gesundheitswesen kann diese Aufgabe bewältigen, indem es die richtigen Strukturen, Systeme und Fähigkeiten für den Fall der nächsten Notlage schafft.“ 

Sie fügte hinzu: „Die in dieser Veranstaltung herausgearbeiteten Lehren werden nicht nur für die Region Westbalkan von Bedeutung sein, sondern für alle, die in Europa und weltweit an der Bewältigung von Notlagen beteiligt sind.“
Dr. Audra Diers-Lawson, Dozentin am Kristiania University College in Norwegen und Redakteurin beim Journal of International Crisis and Risk Communication Research, sagte: „Es gibt zunehmend sozialwissenschaftliche Erkenntnisse aus dieser Pandemie und früheren gesundheitlichen Notlagen in Bezug auf die Einflussfaktoren, die darüber entscheiden, ob Menschen Ratschläge zum Selbstschutz annehmen oder ablehnen. Die Daten zeigen, dass hier drei Faktoren ausschlaggebend sind: ob sie glauben, dass das Risiko sowohl unmittelbar droht als auch ernst ist; ob sie die Institution, die die Ratschläge erteilt, für fachlich kompetent halten; und ob sie der Institution vertrauen.“

Sie fügte hinzu: „Die Ermittlung und Analyse der Wahrnehmungen der Bürger in Bezug auf das Risiko sowie ihrer Einstellungen gegenüber den Institutionen sind ausschlaggebend für die Gestaltung einer wirksamen Kommunikationsstrategie. Die Schwierigkeit besteht darin, dies auf ausreichend schnelle und praktische Weise zu tun, um Anhaltspunkte für das Handeln von medizinischen Einsatzteams zu erhalten.

Auf dem Workshop wurde die Notwendigkeit einer ressortübergreifenden Zusammenarbeit und eines entsprechenden Informationsaustauschs hervorgehoben und auch demonstriert, wie ein Praxis- und Erfahrungsaustausch auf subregionaler und regionsweiter Ebene in Bezug auf die COVID-19-Pandemie zur Stärkung von Risikokommunikation und Bürgerbeteiligung in den Ländern vor, während und nach gesundheitlichen Notlagen beitragen kann.

Zu den aus diesem Workshop hervorgegangenen Anregungen für eine Verbesserung der Kapazitäten in den Bereichen Risikokommunikation und Bürgerbeteiligung gehören Maßnahmen für die Mitgliedstaaten in der Europäischen Region wie auch für die WHO selbst. Die Teilnehmer des Workshops werden auch ihren jeweiligen Gesundheitsbehörden raten, die Empfehlungen bei der Entwicklung landes- und gebietsspezifischer Aktionspläne für Risikokommunikation und Bürgerbeteiligung heranzuziehen. 

Die WHO ist entschlossen, den Ländern weitere Unterstützung bei der Umsetzung dieser Empfehlungen zu geben, die sich am Fahrplan für Gesundheit und Wohlbefinden in den Ländern des Westbalkans (2021–2025) sowie am Europäischen Arbeitsprogramm 2020–2025 – „Gemeinsam für mehr Gesundheit in Europa“ orientieren