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Spouses of European leaders gather in the Croatian capital to adopt the Zagreb Declaration, committing to help halt and reverse the worrying rise of childhood obesity in the Region.
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Jedes dritte Kind in der Europäischen Region der WHO leidet an Übergewicht oder Adipositas

10 May 2023
Pressemitteilung
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Neu angenommene Erklärung von Zagreb umfasst einen politischen Fahrplan zur Umkehrung der raschen Ausbreitung von Adipositas im Kindesalter 

Zagreb (Kroatien), 10. Mai 2023 

In der Hauptstadt Kroatiens kamen heute die Ehepartner von 16 europäischen Staats- und Regierungschefs unter der Schirmherrschaft der Ehefrau des kroatischen Präsidenten, Dr. Sanja Musić Milanović, zusammen, um das erste Netzwerk der Ehepartner europäischer Staatsoberhäupter über die Prävention von Adipositas im Kindesalter in der Europäischen Region der WHO ins Leben zu rufen. Sie nahmen einstimmig die Erklärung von Zagreb an, in der sie ihre politische Entschlossenheit zur Bekämpfung von Adipositas im Kindesalter in ihren jeweiligen Ländern darlegen und sie andere Länder dazu anhalten, es ihnen gleich zu tun. 

Die zu Adipositas im Kindesalter vorhandenen Daten zeichnen ein beunruhigendes Bild. Dem Sachstandsbericht Adipositas 2022 der Europäischen Region der WHO zufolge lebt ungefähr jedes dritte Kind im schulpflichtigen Alter in der Europäischen Region mit Adipositas oder Übergewicht – Tendenz steigend. 

Auf Grundlage aktueller Trends und unter ausschließlicher Berücksichtigung von Adipositas in der Europäischen Region der WHO, die insgesamt 53 Länder in ganz Europa und Zentralasien umfasst, prognostiziert der World Obesity Atlas 2023 der World Obesity Federation, dass zwischen 2020 und 2035:
  • die Zahl der mit Adipositas lebenden Jungen um 61 % ansteigen wird; und 
  • die Zahl der mit Adipositas lebenden Mädchen um 75 % ansteigen wird. 
Der Atlas geht davon aus, dass im Jahr 2035 insgesamt 17 Mio. Jungen und 11 Mio. Mädchen im Alter zwischen 5 und 19 Jahren in der Europäischen Region mit Adipositas leben werden. Bis dahin werden die für Übergewicht und Adipositas aufzubringenden Kosten in allen Altersgruppen in der Region auf jährlich 800 Mrd. US-$ veranschlagt. 

WHO/Europa hat drei konkrete Maßnahmen identifiziert, um den aktuellen Prognosen entgegenzuwirken und zu helfen, eine Verschärfung dieser stillen Epidemie zu verhindern.
  1. Prävention in den Vordergrund rücken: Bemühungen um die Verringerung der Adipositas unter Kindern müssen frühzeitig beginnen – schon während der Schwangerschaft und im Kleinkindalter. Bei der Prävention sollte eine gesunde Ernährung in allen Lebensphasen eines Kindes im Fokus stehen. Hierzu bedarf es entsprechender Anstrengungen zu Hause, in Schulen und in der breiteren Gemeinschaft. 
  2. Regulierung der Lebensmittel- und Getränkeindustrie: Die wirksamsten Handlungskonzepte zur Bekämpfung von Adipositas im Kindesalter umfassen die Besteuerung zuckerhaltiger Getränke, die Verpflichtung zur Einführung eindeutiger Kennzeichnungen auf der Vorderseite von Verpackungen und die Beschränkung der Vermarktung ungesunder Lebensmittel an Kinder. 
  3. Förderung von mehr Bewegung: Dies umfasst bessere Konzepte für die Städteplanung und Verkehrspolitik, körperliche Betätigung auf schulischen Lehrplänen und entsprechende außerschulische Aktivitäten ebenso wie eindeutige Botschaften zur Förderung einer aktiven Lebensweise im gesamten Lebensverlauf. 
„Unsere Kinder wachsen zunehmend in Umfeldern auf, in denen es sehr schwierig ist, sich gesund zu ernähren und sich zu bewegen. Dies ist eine der eigentlichen Ursachen für die Adipositas-Epidemie“, erklärte Dr. Hans Henri P. Kluge, WHO-Regionaldirektor für Europa. „Als Gesellschaften und Länder haben wir bislang darin versagt, die steigenden Adipositas-Raten bei Kindern umzukehren, und aus diesem Grund ist WHO/Europa hier in Kroatien auf Einladung von Dr. Milanović, der Ehefrau des kroatischen Präsidenten, um politische Unterstützung zur Bekämpfung dieser wahrhaft heimtückischen gesundheitlichen Krise zu mobilisieren, bevor es immer schwerer wird, diese zu bewältigen.“ 

Dr. Milanović bekundete: „Adipositas im Kindesalter ist eine Krankheit epidemischen Ausmaßes, und Kroatien ist neben der gesamten Europäischen Region mit am stärksten betroffen. Es ist eine Krankheit, die sich nicht nur negativ auf die Gesundheit, die Lebensqualität und die Lebenserwartung unserer Bevölkerung auswirkt, sondern auch mit einer erheblichen wirtschaftlichen Belastung für unsere Gesellschaft einhergeht. Es wird geschätzt, dass in Kroatien wie auch in der gesamten Europäischen Region mehr als 2 % des Bruttoinlandsprodukts für mit Adipositas verbundenen Kosten aufgewandt werden.“

Sie fügte hinzu: „Hier auf dem Gipfel von Zagreb hatten wir Gelegenheit, eindeutig aufzuzeigen, dass Adipositas keine Grenzen kennt. Sie ist unser gemeinsames Problem, und wir können sie nur gemeinsam bekämpfen, auf Ebene der Europäischen Region, und unter Einbeziehung zahlreicher Zweige der Gesellschaft. Ich bin davon überzeugt, dass die Erklärung von Zagreb einen wichtigen Schritt darstellt, um der Ausbreitung von Adipositas im Kindesalter in der gesamten Europäischen Region Einhalt zu gebieten, und dass wir mit gemeinsamen Maßnahmen in der Lage sein werden, die Gesundheit künftiger Generationen zu verbessern und zu wahren.“

Der Zusammenhang zwischen Adipositas und einer Vielzahl von Krankheiten

Übergewicht und Adipositas zählen in der Europäischen Region zu den führenden Ursachen für Tod und Behinderung. Jüngste Schätzungen deuten darauf hin, dass sie jährlich für mehr als 1,2 Mio. Todesfälle verantwortlich sind, was einem Anteil von über 13 % der Gesamtsterblichkeit entspricht.

Durch Adipositas wird das Risiko für viele nichtübertragbare Krankheiten erhöht, darunter Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Typ-2-Diabetes und chronische Atemwegserkrankungen. Darüber hinaus gilt Adipositas als Ursache für mindestens 13 unterschiedliche Krebsarten und ist wahrscheinlich in der gesamten Region direkt verantwortlich für mindestens 200 000 neue Krebsfälle pro Jahr – Tendenz in den kommenden Jahren steigend. 

Übergewichtige und adipöse Menschen waren zudem unverhältnismäßig stark von den Folgen der COVID-19-Pandemie betroffen und hatten oft mit schweren Krankheitsverläufen und anderen Komplikationen zu kämpfen. 

„Da Adipositas so komplex ist und von solch unterschiedlichen Faktoren wie Genetik, Umwelt und sozioökonomischem Status beeinflusst wird, gibt es keine einzelne Intervention, um ihre Ausbreitung zu stoppen“, erklärte Dr. Kluge. „Jedes nationale Handlungskonzept, das zur Bekämpfung von Übergewicht und Adipositas genutzt wird, muss durch hochrangiges politisches Engagement gestützt werden. Darüber hinaus sollten entsprechende Handlungskonzepte umfassend sein, die Menschen im gesamten Lebensverlauf erreichen und an bestehenden Ungleichheiten ansetzen.“ 

Der Regionaldirektor schloss mit den Worten: „Wir hoffen, dass wir auf die Ehepartner der europäischen Staats- und Regierungschefs zählen können, als Vorkämpfer für den Kampf gegen Adipositas im Kindesalter in ihren Ländern aufzutreten und uns dabei zu helfen, dieses Thema auf die Tagesordnungen von Politik und Wirtschaft zu setzen. Die heute angenommene Erklärung von Zagreb ist dafür ein wichtiger erster Schritt. Nur wenn wir zusammenarbeiten, und zwar über Kulturen, Ressorts und politische Grenzen hinweg, werden wir in der Lage sein, die Ausbreitung von Adipositas im Kindesalter aufzuhalten und einen Beitrag zu einer gesünderen Zukunft für alle zu leisten.“ 

ENDE