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Neuer Bericht der WHO: Europäische Region immer noch anfällig für aggressive Vermarktung von Muttermilchersatzprodukten

10 June 2022
Pressemitteilung
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In dem vor Kurzem veröffentlichten Sachstandsbericht über die Umsetzung des Internationalen Kodex für die Vermarktung von Muttermilchersatzprodukten wird das Fehlen weitreichender Gesetze zur Bekämpfung der unethischen Vermarktung solcher Produkte in der Europäischen Region hervorgehoben. 

Unethische Vermarktung oder gesundes Stillen


Aus dem Bericht geht hervor, dass die Hersteller von Muttermilchersatzprodukten zur weltweiten Vermarktung ihrer Produkte auf unethische und sogar offen aggressive Werbung setzen.

„Die Taktik ist in jedem Land dieselbe: da werden Ängste hinsichtlich der Ernährung unserer Säuglinge geschürt und die Ersatzprodukte als bessere Alternative zur Muttermilch angepriesen. Doch tatsächlich ist ausschließliches Stillen die gesündeste Ernährung für Säuglinge in den ersten sechs Lebensmonaten“, erklärt Dr. Kremlin Wickramasinghe, kommissarischer Leiter des Europäischen Büros der WHO für die Prävention und Bekämpfung nichtübertragbarer Krankheiten (Fachzentrum für nichtübertragbare Krankheiten).

Stillen sorgt nicht nur für optimale Bedingungen für Wachstum und Entwicklung, sondern senkt auch das Risiko von Kindern, im späteren Leben an Adipositas oder anderen nichtübertragbaren Krankheiten zu erkranken. 

Zum Schutz der Gesundheit von Kindern können die Länder der Europäischen Region weitere Maßnahmen zur Umsetzung des Internationalen Kodex für die Vermarktung von Muttermilchersatzprodukten sowie späterer einschlägiger Resolutionen der Weltgesundheitsversammlung (die zusammen als „der Kodex“ bezeichnet werden) ergreifen.

Mütter und Kinder in der Europäischen Region benötigen besseren Schutz


Dem Bericht zufolge verfügen eine Mehrzahl der Länder Europas und Zentralasiens über Gesetze, die zumindest manche Formen der Verkaufsförderung verbieten. 

Doch es bleibt noch viel zu tun. Die meisten der erwähnten Länder weisen noch erhebliche Lücken in ihrer Gesetzgebung auf und sind daher anfällig für die unethische Vermarktung von Muttermilchersatzprodukten. Nach Aussage des Berichts verfügen nur 10 der 53 Länder Europas und Zentralasiens über Maßnahmen, die eindeutig die gesamte Bandbreite der Muttermilchersatzprodukte abdecken.

„Vielen Ländern fehlt ein gesetzlicher Rahmen, der Interessenkonflikte verhindert, und manche Länder haben nicht einmal Schutz vor der offensichtlichsten Form der Werbung, nämlich der digitalen Vermarktung von Babynahrung“, fügt Dr. Wickramasinghe hinzu. „Wenn die Mitgliedstaaten die Gesundheit der nächsten Generation wirksamer schützen wollen, müssen sie die in dem Kodex genannten Maßnahmen einführen.“

Schulung zur Initiative Babyfreundliches Krankenhaus


Um die Ergebnisse und Empfehlungen des Berichts zu unterstreichen, die sich speziell an die Europäische Region richten, hat das Fachzentrum für nichtübertragbare Krankheiten am 31. Mai eine Online-Tagung mit maßgeblichen Akteuren und Entscheidungsträgern in der Europäischen Region veranstaltet.

Darüber hinaus wird das Fachzentrum im Juni einen dreiwöchigen Kurs zur Initiative Babyfreundliches Krankenhaus durchführen. Dieser zur Schulung von Ausbildern angelegte Kurs soll allen Gesundheitsfachkräften, die für Frauen und Kinder sorgen, die Fähigkeiten vermitteln, die sie benötigen, um bei der Aufnahme und Aufrechterhaltung von Stillen während der postnatalen Periode und danach eine Schlüsselrolle zu übernehmen. 

Die Schulung bietet auch eine Plattform, die es den Ländern ermöglicht, Erfahrungen auszutauschen und ausgewählten Sachverständigen Fragen zu stellen.