Ein neues Handbuch der WHO mit dem Titel „Wie wir gemeinsam das weltweit gesündeste und nachhaltigste öffentliche Beschaffungswesen für Lebensmittel gestalten können“ erläutert, inwiefern Lebensmittellieferketten eine wichtige Rolle bei der Verbesserung des Wohlbefindens in der Europäischen Region der WHO spielen können. Die Gesundheit von Millionen von Menschen hängt von diesen Lieferketten ab. In Schulen, Krankenhäusern, Pflegeheimen, an staatlichen Arbeitsplätzen und in vielen anderen Einrichtungen ausgegebene Mahlzeiten verbinden Lebensmittelproduzenten, örtliche Märkte und Transportunternehmen in gewaltigen Ketten, die Länder und Regionen umspannen.
Eine bessere Ernährung kann das Risiko für nichtübertragbare Krankheiten und Krebs senken
Eine gesunde Ernährung ist von zentraler Bedeutung für die Prävention zahlreicher nichtübertragbarer Krankheiten, die weltweit zu den größten Bedrohungen für die öffentliche Gesundheit zählen. Von allen WHO-Regionen ist Europa am stärksten von nichtübertragbaren Krankheiten betroffen. Jedes Jahr sind acht Millionen Todesfälle auf diese Krankheiten zurückzuführen, das sind nahezu 90% aller vorzeitigen Todesfälle in der Europäischen Region.
Übergewicht und Adipositas sind wichtige Risikofaktoren für nichtübertragbare Krankheiten und betreffen über 59% der Erwachsenen und einen zunehmenden Anteil an Kindern in der Region. Diese Faktoren stehen auch mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Diabetes und unterschiedlichen Krebsarten in Verbindung.
„Konzepte für das öffentliche Beschaffungswesen für Lebensmittel sind entscheidend, um gesündere und nachhaltigere Ernährungsstandards in einem Land festzulegen. Auch wenn Nachhaltigkeit eine sehr hohe Priorität hat, können wir Ernährungsstandards für Nahrungsmittel und die Auswirkungen auf die Gesundheit nicht ignorieren. Wir müssen bei für die Beschaffung von Lebensmitteln zuständigen Beschaffungsbeamten auf nationaler und subnationaler Ebene Kompetenzen ausbauen, um die in wichtigen Einrichtungen wie Schulen und Krankenhäusern ausgegebenen Mahlzeiten zu verbessern“, erklärte Dr. Kremlin Wickramasinghe, kommissarischer Leiter des Europäischen Büros der WHO für die Prävention und Bekämpfung nichtübertragbarer Krankheiten (Fachzentrum für nichtübertragbare Krankheiten).
Ein niedriger Preis ist nicht die einzige Priorität
Das neu veröffentlichte WHO-Handbuch ist eine umfassende Ressource, die alle Aspekte der Beschaffung von Lebensmitteln abdeckt und Beschaffungsbeamten bei der Anwendung von Praktiken, die eine gesunde und nachhaltige Ernährung fördern, als Orientierungshilfe dienen kann.
Hierzu muss den für die Beschaffung von Lebensmitteln zuständigen Beschaffungsbeamten bewusst sein, dass es bei ihrem Job nicht nur darum geht, einen Lieferanten mit einem niedrigeren Preis zu finden. Diese Beamten können einen positiven Wandel bewirken und gleichzeitig gewährleisten, dass Lebensmittelketten umweltfreundlich gestaltet werden und zu gesünderen Volkswirtschaften und gesünderen Gemeinschaften beitragen.
Das Handbuch bietet einen Überblick über das Verfahren für die Ausarbeitung von Ausschreibungsunterlagen für die Beschaffung von Lebensmitteln und enthält Empfehlungen für zusätzliche Nachhaltigkeitskriterien wie etwa:
- ökologisch erzeugte, saisonale und klimafreundliche Lebensmittel
- die Nutzung umweltfreundlicher Transportmittel
- recycelbare Verpackungen und der Verzicht auf Umverpackungen
- Überlegungen zu Lebensmittelabfällen
- eine längere Haltbarkeitsdauer der Produkte.
Das Handbuch wurde im Oktober 2022 im Rahmen von Gesprächen veröffentlicht, die vom Fachzentrum für nichtübertragbare Krankheiten in Ljubljana (Slowenien) mit Delegierten aus 28 Mitgliedstaaten und anderen Vertretern unter Beteiligung des Forschungsprojekts Horizon 2020 STOP (Science and Technology in childhood Obesity Policy) organisiert wurden, um die besten Wege für die Prävention und Bekämpfung von Adipositas im Kindesalter zu erörtern. Darüber hinaus wurde eine kleine Expertensitzung einberufen, um Möglichkeiten zu untersuchen, wie sich die Erfassung anthropometrischer Daten bei Kindern unter fünf Jahren in der Europäischen Region der WHO verbessern lässt.
Die Förderung einer Gesundheitskultur in den Handlungskonzepten der Länder und in allen Aspekten des Lebens der Bevölkerung ist eine Vision des Europäischen Arbeitsprogramms 2020–2025 der WHO, das Prioritäten festlegt, um in der gesamten Region gemeinsam mehr Gesundheit zu schaffen.
Von besseren Handlungskonzepten zu realen Maßnahmen
„Für die Beschaffung von Lebensmitteln zuständige Beschaffungsbeamten müssen über bessere Konzepte verfügen, auf die sie ihre Entscheidungen stützen können. Doch die Erfahrungen aus der Praxis zeigen, dass mehr Orientierungshilfe gebraucht wird“, erklärte Holly Rippin, Beraterin des Fachzentrums für nichtübertragbare Krankheiten und eine der Autorinnen des Handbuchs.
In Handlungskonzepten kann festgelegt werden, dass das Beschaffungswesen eine gesunde Ernährung für die Verbraucher staatlich beschaffter Lebensmittel (wie etwa Schulkinder) gewährleisten und die Entwicklung nachhaltigerer Ernährungssysteme durch entsprechende Nachfrage fördern muss. Doch das bedeutet nicht unbedingt, dass ein für das Beschaffungswesen zuständiger Rechtsanwalt diese konzeptionellen Ziele als notwendig erachtet.
Aus Sicht der Beschaffungsbeamten beziehen sich diese Ziele oft auf die eigentliche Produktion der staatlich bereitgestellten Mahlzeiten, die Menüplanung und die Auswahl der erworbenen Lebensmittelprodukte.
„Mit diesem Handbuch wollen wir alle Interessengruppen mit Bezug zu Lebensmittellieferketten dazu anregen, aktiv zur Schaffung einer gesünderen und nachhaltigeren Zukunft in der Europäischen Region der WHO beizutragen. Wenn sie die gesundheitspolitischen Konzepte ihrer Länder und die Empfehlungen der WHO als Leitlinien für ihre Maßnahmen nutzen können, wird das das Leben vieler Menschen in unserer Region zum Besseren verändern“, fügte Dr. Wickramasinghe hinzu