Seit Beginn der russischen Militäroffensive in der Ukraine am 24. Februar arbeitet die WHO rund um die Uhr daran, die kontinuierliche Versorgung mit medizinischen Hilfsgütern aufrechtzuerhalten, sicherzustellen, dass die Nachbarländer der Ukraine über die nötige Infrastruktur und Expertise verfügen, um auf die dringenden Bedürfnisse der Flüchtlinge einzugehen, und das Gesundheitssystem der Ukraine bei der Deckung der unmittelbaren gesundheitlichen Bedürfnisse der Menschen innerhalb des Landes zu unterstützen.
Koordination humanitärer und gesundheitlicher Hilfe für Menschen in Not
Aktuellen Schätzungen zufolge sind in der Ukraine 18 Mio. Menschen von dem Konflikt betroffen, wobei 6,7 Mio. von ihnen innerhalb des Landes vertrieben wurden. Fast 3 Mio. Menschen sind aus dem Land geflohen. Die Versorgungsketten wurden erheblich beeinträchtigt. Viele Vertriebshändler sind nicht betriebsfähig, einige Lagerbestände sind aufgrund der anhaltenden Kampfhandlungen nicht zugänglich, medizinische Versorgungsgüter werden knapp und die Krankenhäuser haben Schwierigkeiten, Kranke und Verwundete zu versorgen.
Die WHO koordiniert mit Partnerorganisationen die Bereitstellung humanitärer und gesundheitlicher Hilfe sowohl innerhalb der Ukraine als auch an den Landesgrenzen, die fachliche Unterstützung sowie die Versorgung mit Notfallpersonal. Die von der WHO geleistete Unterstützung für das gesamte Land läuft über das WHO-Landesbüro in Kiew, das Regionalbüro für Europa in Kopenhagen sowie das WHO-Hauptbüro in Genf.
Lieferung lebensrettender medizinischer Hilfsgüter
Als federführende Instanz in der Schwerpunktgruppe Gesundheit arbeitet die WHO mit ihren Partnern daran, den Mangel an lebensrettender Ausrüstung und Arzneimitteln zu beheben, darunter etwa Sauerstoff und Insulin, chirurgisches Material, Narkosemittel und Transfusions-Kits zur Sammlung, Testung und sicheren Transfusion von Blut. Zu den medizinischen Hilfsgütern, die von der WHO und ihren Partnerorganisationen in die Ukraine geliefert werden, um Menschenleben zu retten und die Gesundheitsversorgung aufrechtzuerhalten, zählen Sauerstoffgeneratoren, Generatoren zur Aufrechterhaltung der Stromversorgung in betroffenen Gesundheitseinrichtungen, Defibrillatoren, Monitore, Narkosemittel, Rehydrationssalze, Mullbinden und Verbandszeug.
- Am 5. März trafen rund 600 Dosen Tetanusimpfstoff in Kiew ein und 36 Tonnen lebenswichtige medizinische Hilfsgüter erreichten Lwiw (auf Deutsch: Lemberg), von wo aus sie in Gesundheitseinrichtungen im ganzen Land verteilt werden.
- Am 8. März lieferte die WHO 10 Tonnen traumatologische und notfallmedizinische Chirurgie-Kits nach Kiew, die von dort in Warenlager in 7 Regionen des Landes verteilt werden: Kiew, Poltawa, Dnipropetrowsk, Odessa, Saporischja, Schytomyr und Tscherkassy.
- Vom 9. bis 11. März wurden neun Lieferungen mit jeweils 10 Tonnen Hilfsgütern verschickt: nach Charkiw über Poltawa, nach Sumy über Poltawa, nach Dnipro, nach Kherson über Dnipro, nach Mariupol über Dnipro, nach Mykolajiw, nach Schytomyr, nach Saporischja und nach Tscherkassy. Jede Lieferung dient der Versorgung von 150 Traumapatienten und 15 000 Patienten in der primären Gesundheitsversorgung für 3 Monate.
- Am 12. März wurden zwei Beatmungsgeräte in Krankenhäuser in Kiew geliefert und 14 Tonnen bzw. 52 Kubikmeter Trauma-Kits und unentbehrliche Arzneimittel für die primäre Gesundheitsversorgung erreichten Lwiw.
Die WHO befindet sich in kontinuierlichem Dialog mit den ukrainischen Behörden. Sämtliche Hilfsgüter werden in enger Abstimmung mit dem Gesundheitsministerium verteilt, auf Grundlage von Bedarfsermittlungen der WHO, dem Risiko für die öffentliche Gesundheit, Beurteilungen der Versorgungslage und logistischen Kapazitäten. In den kommenden Tagen und Wochen soll eine kontinuierliche Versorgung mit medizinischen Hilfsgütern gewährleistet werden, im Rahmen von Bemühungen zur Sicherstellung des Zugangs der Menschen zu unentbehrlichen Arzneimitteln und medizinischer Versorgung.
Ausweitung der Überwachung von Gefahren und Krankheiten
Zur Unterstützung der Maßnahmen in und für die Ukraine wird in Polen eine Schaltzentrale eingerichtet. Die WHO hat die epidemiologische Surveillance und die Verbreitung von Gesundheitsinformationen ausgeweitet, um Krankheitsausbrüche frühzeitig entdecken und rasch darauf reagieren zu können und um ein besseres Verständnis für Bedürfnisse, Bedrohungen und die Verfügbarkeit von Versorgungsleistungen zu erlangen.
Die WHO und ihre Partnerorganisationen haben die Lagebewertung der öffentlichen Gesundheit in der Ukraine aktualisiert, in der auch gesundheitliche Bedürfnisse und mögliche Bedrohungen für die Bevölkerung erfasst werden. Darüber hinaus haben die WHO und die Schwerpunktgruppe Gesundheit das Dokumentationstool 3W veröffentlicht, das einen Überblick über die beteiligten Akteure und ihre jeweiligen Aktivitäten an unterschiedlichen Orten gibt. Zudem werden ereignisbasierte Surveillance-Aktivitäten für unterschiedliche mögliche Gefahren unternommen, u. a. durch Epidemiologische Aufklärung aus offenen Quellen (EIOS).
Meldung und Verurteilung von Angriffen auf das Gesundheitswesen
Der Auftrag der WHO zur Überwachung von Angriffen auf das Gesundheitswesen basiert auf der im Jahr 2012 von der Weltgesundheitsversammlung angenommenen Resolution 65.20, in der die WHO aufgefordert wird, auf der globalen Ebene eine führende Rolle bei der Sammlung und Meldung von Informationen über Angriffe auf das Gesundheitswesen zu übernehmen. Die WHO schuf die Initiative zu Angriffen auf das Gesundheitswesen, um auf systematische Weise Beweise für Angriffe zu sammeln, für die Beendigung derartiger Angriffe einzutreten und vorbildliche Praktiken für die Absicherung der Gesundheitsversorgung gegen Angriffe zu fördern. Meldungen erfolgen über das Überwachungssystem für Angriffe auf das Gesundheitswesen.
Mit Stand vom 12. März hatte die WHO zwischen dem 24. Februar und dem 11. März 2022 insgesamt 31 Angriffe auf das Gesundheitswesen verifiziert, die 12 Todesfälle und 34 Verletzte zur Folge hatten, wobei es sich bei 8 der Verletzten und 2 der getöteten Menschen um Gesundheitsfachkräfte handelte. Weitere Angriffe werden derzeit verifiziert.
Die WHO verurteilt Gewaltakte gegen das Gesundheitswesen auf das Schärfste. Jeder einzelne Angriff beraubt die Menschen lebensrettender Leistungen. Angriffe auf das Gesundheitswesen stellen Verletzungen des humanitären Völkerrechts und der Menschenrechte dar.