Der Tabakkonsum verursacht jährlich 1,1 Mio. Todesfälle in der Europäischen Region der WHO und über 50 000 vorzeitige Todesfälle in den Ländern des Westbalkans. Mortalität und Morbidität aufgrund von Tabakkonsum kosten die Länder des Westbalkans bis zu 5 % ihres Bruttoinlandsprodukts, da sie wirtschaftlich produktive Menschen verlieren und für die Behandlung tabakbedingter Erkrankungen aufkommen müssen. Diese Region steht vor einer doppelten Herausforderung: dem anhaltend hohen Tabakkonsum und dem Handel mit illegalen Tabakerzeugnissen, die eine Gefahr für die öffentliche Gesundheit und die wirtschaftliche Stabilität darstellen. Montenegro war im März 2025 Gastgeber einer Reihe hochrangiger Veranstaltungen und Fachtagungen, um auf diese drängenden Themen einzugehen.
„Es ist eine einfache Wahrheit: Die Tabakindustrie ist nach wie vor eine der tödlichsten und heimtückischsten Branchen der Welt, deren Produkte eine unerträgliche Belastung für Familien, Gesundheitssysteme und Volkswirtschaften darstellen. Und doch wäre jeder einzelne Todesfall vermeidbar“, erklärte Dr. Hans Henri P. Kluge, WHO-Regionaldirektor für Europa.
Politische Entscheidungsträger, Gesundheitsexperten, internationale Organisationen und zivilgesellschaftliche Gruppen aus den Ländern des Westbalkans nahmen an den Veranstaltungen teil, um das regionale politische Engagement zu stärken, die Ratifizierung und Umsetzung des Protokolls der WHO zur Unterbindung des illegalen Handels mit Tabakerzeugnissen zu fördern und die ressortübergreifende Zusammenarbeit zum Schutz der öffentlichen Gesundheit zu verbessern.
Eine grenzüberschreitende Herausforderung
Am 12. und 13. März 2025 veranstaltete das Finanzministerium von Montenegro in Zusammenarbeit mit dem WHO-Länderbüro in Montenegro, dem Sekretariat des Rahmenübereinkommens der WHO zur Eindämmung des Tabakgebrauchs (WHO FCTC), der Johns Hopkins University und WHO/Europa eine Reihe fachlicher und hochrangiger Tagungen über Maßnahmen zur Unterbindung des illegalen Handels mit Tabakerzeugnissen.
Finanzminister und stellvertretende Finanzminister aus Albanien, Bosnien und Herzegowina (Republika Srpska), Montenegro, Nordmazedonien und Serbien nahmen an der Veranstaltung teil, um die Bemühungen zur Eindämmung des illegalen Tabakhandels zu verstärken und eine wirksame Tabaksteuerpolitik zu fördern.
„Unser Ziel ist es nicht nur, den illegalen Handel einzudämmen, sondern auch eine gesündere, sicherere und wohlhabendere Gesellschaft aufzubauen“, sagte der montenegrinische Ministerpräsident Milojko Spajić auf der Veranstaltung. Der illegale Tabakhandel umgeht Preis- und Steuermaßnahmen, die zu den wirksamsten Instrumenten zur Eindämmung des Tabakkonsums zählen. Geschmuggelte Produkte sind billiger und für junge Menschen und gefährdete Bevölkerungsgruppen leichter zugänglich, während den Regierungen Einnahmen entgehen.
„Die Beseitigung des illegalen Handels mit Tabakerzeugnissen ist keine Option, sondern eine Priorität. Sie untergräbt die Rechtsstaatlichkeit, schwächt das System und gefährdet die Jugend“, erklärte Montenegros Finanzminister Novica Vuković.
Entlarvung des Mythos: Besteuerung versus illegaler Handel
„Die Tabakindustrie argumentiert häufig, dass höhere Tabaksteuern den illegalen Handel ankurbeln, und benutzt dieses Narrativ, um eine Tabaksteuerreform zu verzögern oder zu verwässern. Wie von der WHO und internationalen Forschern hervorgehoben, zeigt sich jedoch das Gegenteil: Länder mit einer starken Politiksteuerung und Steuerverwaltung können die Tabaksteuern erhöhen und gleichzeitig den illegalen Handel eindämmen“, so Dr. Mina Brajovic, Leiterin des WHO-Länderbüros in Montenegro.
Das Protokoll zur Unterbindung des illegalen Handels mit Tabakerzeugnissen, ein Vertrag im Rahmen des WHO FCTC, bietet den Ländern einen Fahrplan zur Verstärkung der Kontrolle der Tabaklieferkette, zur Einführung globaler Systeme zur Verfolgung und Rückverfolgung sowie zur Verbesserung der Strafverfolgung und der internationalen Kooperation.
Die Veranstaltungen schlossen mit der Verpflichtung, die Ratifizierung und Umsetzung des Protokolls zu beschleunigen. Die Delegierten äußerten sich zudem besorgt über die anhaltende Einmischung der Tabakindustrie in die Politikentwicklung und forderten einen stärkeren Schutz, damit die öffentliche Gesundheit weiterhin oberste Priorität hat.
Parlamentarier treiben Maßnahmen zur Eindämmung des Tabakkonsums voran
Aufbauend auf dieser Dynamik fand am 25. und 26. März 2025 in Budva (Montenegro) der Parlamentarische Gipfel der westlichen Balkanstaaten zur Eindämmung des Tabakkonsums statt. Auf dem vom Parlament des Landes und dem WHO-Länderbüro ausgerichteten und von WHO/Europa und dem Sekretariat des WHO FCTC-unterstützten Gipfel kamen Parlamentsabgeordnete aus Bosnien und Herzegowina (Republika Srpska), Montenegro, Nordmazedonien und Serbien zusammen, um ihr Bekenntnis zur Eindämmung des Tabakkonsums und zum Schutz der Jugend vor den Schäden der Nikotinsucht zu bekräftigen.
Die Abgeordneten erörterten, dass die Eindämmung des Tabakkonsums nicht nur eine Frage der Gesundheit ist, sondern auch eine Frage der wirtschaftlichen Resilienz, der sozialen Chancengleichheit und der ökologischen Nachhaltigkeit.
Es wurden regional relevante Maßnahmen zur Stärkung der Tabakkontrolle durch eine gesetzliche und politische Reform in allen Ländern des Westbalkans empfohlen. Zu den wichtigsten Prioritäten zählten dabei Folgende:
- Verbot von Aromen in allen Nikotin- und Tabakerzeugnissen und Vorschrift von unbedruckten Verpackungen, um die Attraktivität, insbesondere für Jugendliche, zu verringern;
- regelmäßige und erhebliche Erhöhung der Tabaksteuer, um die Erschwinglichkeit zu verringern;
- Beschränkung des Zugangs zu neuen Nikotinprodukten durch strenge Vorschriften zum Schutz künftiger Generationen;
- Gewährleistung von 100 % rauch- und aerosolfreien Innenräumen an öffentlichen Orten, Arbeitsplätzen und in öffentlichen Verkehrsmitteln.
„Diese Maßnahmen sind realisierbar, evidenzbasiert und kosteneffizient. Politischer Wille und parlamentarische Führung sind unerlässlich, um die Gesundheit zu schützen, Leben zu retten und eine tabakfreie Zukunft für die nächste Generation zu sichern“, sagte Dr. Brajovic.
Im Jahr 2021 hatten die Ministerpräsidenten der westlichen Balkanstaaten den „Fahrplan für Gesundheit und Wohlbefinden in den Ländern des Westbalkans (2021–2025)“ gebilligt. Er dient als Grundlage dafür, der Gesundheit einen höheren Stellenwert auf der politischen Tagesordnung einzuräumen, und gemeinsam wirkungsvolle Initiativen umzusetzen. Der Tabakkonsum ist unbestreitbar ein gemeinsames Anliegen, und die im FCTC dargelegten Maßnahmen bieten Mittel zur Bekämpfung dieses Problems.