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Neue Studie von WHO/Europa beschreibt Maßnahmen zur Finanzierung der primären Gesundheitsversorgung, um die Gesundheitsreformen in der Ukraine voranzutreiben

13 November 2023
Pressemitteilung
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Ein neuer Bericht von WHO/Europa befasst sich mit dem aktuellen Stand der Finanzierung der primären Gesundheitsversorgung in der Ukraine und enthält fünf Grundsatzempfehlungen zur Verbesserung der gesundheitlichen Resultate, zur Optimierung der öffentlichen Ausgaben und zur Verbesserung des Kosten-Nutzen-Verhältnisses. 

Die Ukraine erzielt trotz des Krieges beachtliche Fortschritte bei der Ausweitung der primären Gesundheitsversorgung. Die jüngsten Reformen der Gesundheitsfinanzierung haben die Stärkung der primären Gesundheitsversorgung in den Vordergrund gestellt und Maßnahmen zur Ausweitung der Leistungen und zur Verbesserung der Qualität eingeführt, darunter die Einführung eines Leistungspakets für die primäre Gesundheitsversorgung im Rahmen der Definition des Programms für medizinische Garantien (PMG), die Gewährleistung der Wahlfreiheit von Patienten und einer Ausweitung der Autonomie der Leistungserbringer sowie die Umsetzung des Programms für bezahlbare Arzneimittel. 

Diese Reformen haben im Land zu einem robusten, auf die primäre Gesundheitsversorgung ausgerichteten System geführt. Das neue Konzeptpapier der WHO mit dem Titel „Finanzierung der primären Gesundheitsversorgung in der Ukraine: Situationsanalyse und Grundsatzüberlegungen“ schlägt eine Reihe von Empfehlungen für die weitere Umsetzung dieser Reformen vor. Dazu gehören: 
  • die Stärkung des Systems für die Leistungserbringung im Rahmen der primären Gesundheitsversorgung
  • die Gewährleistung des Zugangs zu einem umfassenden und bezahlbaren Leistungspaket im Rahmen der primären Gesundheitsversorgung für alle
  • die Sicherstellung einer angemessenen Finanzierung und einer Vorrangigkeit der primären Gesundheitsversorgung bei der Mittelzuweisung
  • die Umgestaltung der Vergütung der Leistungsanbieter in der primären Gesundheitsversorgung und die Bereitstellung entsprechender Ressourcen
  • die Nutzung von Vertragsmechanismen zur Verbesserung der Leistungserbringung in der primären Gesundheitsversorgung.

Konsens über die Zukunft 

Bei einem nationalen Politikdialog am 8. November 2023 in Kiew untersuchten Vertreter des Nationalen Gesundheitsdienstes der Ukraine (NHSU), des Gesundheitsministeriums, des Finanzministeriums, des Parlamentarischen Ausschusses für die Gesundheitsversorgung, von Einrichtungen der primären Gesundheitsversorgung, Berufsverbänden, Entwicklungspartnern sowie Patienten- und zivilgesellschaftlichen Organisationen die in dem neuen Konzeptpapier vorgestellten Handlungsschwerpunkte. Als Ergebnis der Diskussion erzielten die Teilnehmer einen Konsens über die Festlegung von Prioritäten für die kommenden Jahre auf Grundlage dieser Studie. 

Die öffentlichen Ausgaben der Ukraine für die primäre Gesundheitsversorgung gehören nach wie vor zu den niedrigsten in der Europäischen Region der WHO. 

„In Anbetracht der finanziellen Herausforderungen der Ukraine ist es zwingend erforderlich, den Ausgaben für die primäre Gesundheitsversorgung Vorrang einzuräumen. Die frühzeitige Erkennung von Gesundheitsproblemen ist die beste Kosten-Nutzen-Strategie und der beste Weg, um Leben zu retten und die Resultate im Bereich der öffentlichen Gesundheit zu verbessern“, erklärte Dr. Jarno Habicht, Repräsentant der WHO in der Ukraine. „In dieser Studie werden umsetzbare Maßnahmen vorgestellt, mit denen sich die grundlegende Umgestaltung beschleunigen und die Widerstandsfähigkeit des Gesundheitswesens inmitten des anhaltenden Krieges nutzen lässt.“

Gewährleistung des Zugangs zu einer umfassenden primären Gesundheitsversorgung für alle

Im Mai 2023 waren 80 % der ukrainischen Bevölkerung bei einem Anbieter der primären Gesundheitsversorgung registriert, doch es gibt nach wie vor regionale Ungleichheiten, und die Zunahme der Zahl der Binnenflüchtlinge verschärft dieses Szenario. 

„Das Programm für medizinische Garantien und das Programm für bezahlbare Arzneimittel, die im Zuge der Reformierung des Gesundheitssystems verabschiedet wurden, haben entscheidend dazu beigetragen, den Zugang zur primären Gesundheitsversorgung in der Ukraine zu verbessern und unentbehrliche Arzneimittel und Leistungen erschwinglicher zu machen. Doch die weiterhin bestehenden Lücken im Leistungspaket führen nach wie vor zu hohen Zahlungen aus eigener Tasche für Arzneimittel und diagnostische Leistungen“, erläuterte Dr. Tamás Evetovits, Leiter des WHO-Büros Barcelona zur Finanzierung der Gesundheitssysteme. „In dem Konzeptpapier werden konkrete Schritte zur Beseitigung dieser Lücken und zur Stärkung des finanziellen Schutzes aufgezeigt.“

Umgestaltung des Vergütungssystems für Leistungsanbieter

Die Umgestaltung des Vergütungssystems für Leistungsanbieter ist eine Priorität, um bessere Leistungen anbieten zu können, die auf die Bedürfnisse der Bevölkerung abgestimmt sind. Gegenwärtig trägt das Modell dem erhöhten Bedarf älterer Patienten für eine Gesundheitsversorgung nicht gebührend Rechnung und geht auch nicht auf die höheren Kosten für die Erbringung von Angeboten der primären Gesundheitsversorgung in ländlichen Gebieten ein. Die Finanzierung von Angeboten der primären Gesundheitsversorgung sollte ebenfalls angepasst werden, um mit der Inflation und mit Lohnerhöhungen Schritt zu halten.

Der für die primäre Gesundheitsversorgung vorgesehene Etat und das entsprechende Vergütungsmodell sollten die Kosten der Leistungsanbieter für die Erbringung der im PMG definierten Leistungen widerspiegeln, da dies die Notwendigkeit für Patienten einschränkt, diese Leistungen aus eigener Tasche zu bezahlen. Um dies zu gewährleisten, führte der NHSU mit Unterstützung der WHO eine Studie über die Kosten von Angeboten der primären Gesundheitsversorgung durch und entwickelte eine Methodik zur Aktualisierung der Pro-Kopf-Zahlungen für Anbieter. 

„Die auf Grundlage dieser Kostenstudie entwickelte Methodik ist ein leistungsfähiges Instrument zur Erstellung transparenterer Haushaltsvoranschläge für verschiedene Maßnahmenvorschläge für die primäre Gesundheitsversorgung“, erklärte Natalia Husak, Leiterin des NHSU. „Dieser evidenzbasierte Ansatz hilft uns, für eine angemessenere Finanzierung der primären Gesundheitsversorgung im Rahmen des Gesamthaushaltsplans einzutreten, so dass wir Ressourcen besser für die Ausweitung des Leistungspakets der primären Gesundheitsversorgung und die Erfüllung der gesundheitlichen Bedürfnisse der Bevölkerung einsetzen können.“ 

Fachliche Hilfe bei und Finanzierung der Studie

Diese neue Studie wurde von der WHO im Rahmen der zweijährigen Kooperationsvereinbarung zwischen der ukrainischen Regierung und dem WHO-Regionalbüro für Europa für den Zeitraum 2022–2023 fachlich unterstützt und von der Regierung Kanadas finanziell gefördert.