WHO / Nathalie Germain Julskov
Kinder sind eine wichtige Zielgruppe für die unethische Vermarktung ungesunder Lebensmittel.
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Neue WHO-Leitlinien für den Schutz von Kindern vor ungesunder Lebensmittelvermarktung

14 March 2023
Pressemitteilung
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Ein neu veröffentlichter Katalog von Ernährungskriterien der WHO soll Kinder vor Werbung schützen, mit der ungesunde Lebensmittel und nichtalkoholische Getränke vermarktet werden. Das Modell für Nährstoffprofile (NPM) von WHO/Europa ermöglicht die Klassifizierung von Lebensmitteln und die Bestimmung, ob diese gesund genug sind, um sie an Kinder zu vermarkten. Das Modell kann von Entscheidungsträgern genutzt werden, um Handlungskonzepte zur Verbesserung des allgemeinen Nährwerts von Ernährungsweisen und zur Unterstützung entsprechender Überwachungsinitiativen zu entwickeln und so den Druck auf Kinder zu verringern und die Vermarktung gesünderer Ernährungsweisen zur Verringerung der Risiken nichtübertragbarer Krankheiten zu gewährleisten.

Das aktualisierte NPM wurde von 13 Mitgliedstaaten der WHO erprobt und angepasst, um die Entwicklungen in der Wissenschaft und die Veränderungen in Politik und Lebensmittelumfeldern seit der Ausarbeitung des ursprünglichen Modells im Jahr 2015 zu berücksichtigen.

So genannte gesunde Snacks sind nicht unbedingt gesund

Ungesunde Ernährung zählt zu den führenden Ursachen von Morbidität und Mortalität in der Europäischen Region der WHO und hat erhebliche Auswirkungen auf die Raten von Übergewicht und Adipositas. In 46 der 53 Länder der Europäischen Region leiden über 50 % der Bevölkerung und ein Drittel der Kinder an Übergewicht oder Adipositas. 

Adipositas im Kindesalter setzt sich aller Voraussicht nach bis ins Erwachsenenalter fort, weshalb Kinder durch Diabetes, Krebs und andere nichtübertragbare Krankheiten gefährdet sind. Allein in der Europäischen Region verursachen ungesunde Ernährungsweisen jedes Jahr über 1 Mio. Todesfälle. 

„Es gibt zahlreiche Lebensmittel- und Getränkemarken, die ungesunde Produkte an Kinder vermarkten. In vielen Ländern werden selbstregulierende Ansätze verfolgt, die sich im Hinblick auf den Schutz von Kindern vor einer Exposition gegenüber dieser Art von Werbung als ineffizient erwiesen haben“, erklärt Dr.  Kremlin Wickramasinghe, kommissarischer Leiter des Europäischen Büros der WHO für die Prävention und Bekämpfung nichtübertragbarer Krankheiten (Fachzentrum für nichtübertragbare Krankheiten).

„Aus diesem Grund haben wir einen Katalog von Ernährungskriterien entwickelt, um festzulegen, welche Lebensmittel für eine Vermarktung an Kinder und Jugendliche geeignet sind. Entscheidungsträger können dieses Modell als Orientierungshilfe bei der Gestaltung von Handlungskonzepten, zur Verbesserung von Lebensmittelumfeldern und zum Schutz der Gesundheit von Kindern nutzen.“

Die Ernährung von Kindern schützen

Die aktualisierte zweite Ausgabe des NPM ist eines der Tools von WHO/Europa, die darauf abzielen, die hohe durch nichtübertragbare Krankheiten bedingte Krankheitslast infolge einer ungesunden Ernährung in vielen Ländern der Region zu bekämpfen. Es wurde in Kooperation mit Prof. Mike Rayner von der Universität Oxford (Vereinigtes Königreich) und mit Unterstützung der Best-ReMaP Joint Action der Europäischen Union entwickelt.

Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Diabetes und Krebs zählen zu jenen Krankheiten, die mit einer Ernährung mit einem hohen Anteil an gesättigten Fetten, Transfettsäuren, freien Zuckern oder Salz in Zusammenhang stehen. Kinder und Jugendliche sind besonders stark durch eine unethische Vermarktung von Lebensmitteln über unterschiedliche Kanäle gefährdet – von Fernsehen über Online-Videospiele bis hin zu den sozialen Medien. 

Derartige Werbung kann gezielt auf Kinder ab einem Alter von 3 Jahren ausgerichtet sein, weshalb es so entscheidend ist, umfassende und eindeutige Leitlinien hinsichtlich der Art von Lebensmitteln, die an Kinder vermarktet werden dürfen, bereitzustellen. Da die Erstellung von Nährwertprofilen die Klassifizierung von Lebensmitteln ermöglicht, können Entscheidungsträger diese Art von Profilen nutzen, um unmittelbar auf Kinder ausgerichtete unangemessene Werbetechniken zu beschränken. 

Tool der WHO zur Verbesserung von Säuglingsnahrung 

Ferner hat das Fachzentrum für nichtübertragbare Krankheiten zusammen mit dem WHO Kooperationszentrum für ernährungsbezogene Epidemiologie an der Universität Leeds (Vereinigtes Königreich) kürzlich das Modell für Nährwert- und Verkaufsförderungsprofile (NPPM) entwickelt. Dieses Tool nutzt Informationen auf Produktverpackungen zur Bewertung kommerzieller Säuglingsnahrung für Kleinkinder bis zu drei Jahren.

„Dies ist das erste Modell für Nährwertprofile mit einem Schwerpunkt auf Säuglingsnahrung“, bemerkt Dr. Wickramasinghe. „Es hilft dabei, nicht nur Nährstoffe zu bewerten, sondern auch die von Herstellern von Säuglingsnahrung angewandten Techniken der Verkaufsförderung. Darüber hinaus ist das Tool für jeden maßgeblichen Akteur online verfügbar, der es zur Bewertung des Marktes für Säuglingsnahrung im jeweiligen nationalen Kontext nutzen möchte. Diese Art von Daten stellen eine treibende Kraft für evidenzbasierte Handlungskonzepte dar.“