Während seines nunmehr fünften Besuchs in der Ukraine in den vergangenen zwölf Monaten hob Dr. Hans Henri P. Kluge, WHO-Regionaldirektor für Europa, erneut die Bedeutung einer Stärkung der psychiatrischen und psychosozialen Versorgung der Millionen von dem anhaltenden Krieg betroffenen Menschen.
Dies war nur eine der zentralen Botschaften aus Dr. Kluges Gesprächen mit Gesundheitsminister Viktor Liashko und First Lady Olena Selenska, die sich seit dem 24. Februar 2022 noch stärker als bisher zur Fürsprecherin für die psychische Gesundheit gemacht hat.
Nach weltweiten Schätzungen der WHO leidet rund ein Fünftel (22%) der in einem von Konflikt betroffenen Gebiet lebenden Menschen in einem Zeitraum von zehn Jahren an irgendeiner Form von psychischen Gesundheitsproblemen, die von leichten Depressionen oder Angstzuständen bis zu Psychosen reichen können. Darüber hinaus leidet etwa jeder Zehnte (9%) an einer moderaten bis schweren psychischen Erkrankung.
Wendet man diese Schätzungen auf die Bevölkerung der Ukraine an, so wären dort möglicherweise 9,6 Mio. Menschen von psychischen Gesundheitsproblemen, davon 3,9 Mio. von moderaten bis schweren Erkrankungen betroffen.
Angesichts dieser sehr ernsten Herausforderung stellt die WHO der Ukraine zum Zwecke des Kapazitätsaufbaus in der psychiatrischen und psychosozialen Versorgung gezielt Sachverstand zur Verfügung, um sicherzustellen, dass die psychische Gesundheitsversorgung dem weltweiten Standard entspricht, selbst während die Ukraine aufgrund des Krieges noch mit allgemeineren Herausforderungen im Gesundheitswesen zu kämpfen hat.
Die WHO begrüßt die Initiative von Frau Selenska, ein landesweites Programm für psychische Gesundheit zu schaffen, und leistet die zu dessen Aufbau erforderliche Unterstützungsarbeit. Insbesondere unterstützt die WHO den operativen Fahrplan mit dem Titel „Vorrangige ressortübergreifende Maßnahmen im Bereich der psychischen Gesundheit und der psychosozialen Unterstützung während des Krieges und in der Zeit danach“, der der Abstimmung zwischen verschiedenen Ressorts dient.
Andere Maßnahmen der WHO sollen zur Förderung von Leistungsangeboten im Rahmen der primären Gesundheitsversorgung und der fachärztlichen Versorgung sowie zur Förderung von Stressbewältigungsfähigkeiten beitragen.
„Die psychische Gesundheit geht jeden und jede an. Wie unser Körper braucht auch unsere Seele Zuwendung und Fürsorge. Der anhaltende Krieg stellt eine enorme Belastung für die psychische Gesundheit und das seelische Wohlbefinden aller Ukrainer dar, und hier müssen wir unbedingt sofort tätig werden“, erklärte Dr. Kluge. „Die Einbindung der psychischen und psychosozialen Versorgung in die primäre Gesundheitsversorgung in der Ukraine wird dazu beitragen, die Bürger überall zu erreichen, und gleichzeitig die Öffentlichkeit dafür sensibilisieren, dass es in Ordnung ist, sich bei psychischen Gesundheitsproblemen Rat und Hilfe zu holen. Ich danke der First Lady für ihre anhaltende Führungsrolle in diesem Bereich.“
Um eine verstärkte Zusammenarbeit zwischen verschiedenen Ressorts im Bereich der psychischen Gesundheit zu fördern, wird die WHO das dem ukrainischen Kabinett unterstellte Projektbüro unterstützen, das Lösungsansätze entwickeln und bei der Einführung des landesweiten Programms für psychische Gesundheit die Federführung übernehmen soll.