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Angesichts von 17 % der Menschen in der Region, die mit einer psychischen Erkrankung leben, verpflichten sich 31 Länder, die psychische Gesundheit in alle Politikbereiche zu integrieren

Richtungsweisende Konferenz in Paris soll psychische Gesundheit zu einer Angelegenheit für alle machen – nicht nur zu einem Thema für die Gesundheitspolitik

16 June 2025
Medienmitteilung
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Paris, 16. Juni 2025

Vertreter von 31 Ländern fordern, die psychische Gesundheit zu einem zentralen Bestandteil aller nationalen politischen Entscheidungen zu machen, und zwar unabhängig vom Regierungsressort, wenn die Europäische Region der WHO wirklich den wachsenden Herausforderungen im Bereich der psychischen Gesundheit begegnen und Gesundheit und Wohlbefinden fördern will.

Die Situation ist kritisch: 
  • In der Europäischen Region lebt jeder Sechste mit einer psychischen Erkrankung.
  • Jeder Dritte mit einer psychischen Erkrankung erhält nicht die nötige Behandlung. 
  • Jeder Vierte mit einer Psychose erhält überhaupt keine formelle Behandlung oder Betreuung. 
  • Über 150 000 Menschen sterben jedes Jahr durch Suizide – das sind fast 400 Suizide pro Tag.
  • Suizid ist die führende Todesursache in der Altersgruppe von 15–29 Jahren. 
  • Während der COVID-19-Pandemie stieg die Prävalenz von Angstzuständen und Depressionen weltweit um 25 %.
  • In der Region herrscht ein kritischer Mangel an Gesundheitspersonal, insbesondere an Fachkräften für psychische Gesundheit. 
  • Mehr als jeder zehnte Jugendliche (11 %) zeigt Anzeichen für problematisches Verhalten in den sozialen Medien. 
  • Ein Viertel der 15-jährigen Mädchen gibt an, sich meistens oder immer einsam zu fühlen. 
  • 1 von 4 älteren Menschen über 60 Jahren gibt an, einsam zu sein. 
Gleichzeitig gaben 90 % von 29 an einer WHO-Umfrage teilnehmenden Ländern an, dass sie an neuen oder aktualisierten Konzepten zur psychischen Gesundheit arbeiten und dabei Beiträge von Schlüsselgruppen, einschließlich Ressorts wie Bildung, Sozialdienste, Finanzen und Arbeit, einbeziehen. Eine der wichtigsten Voraussetzungen für den Erfolg dieser Konzepte ist die Einrichtung von Systemen für die Zusammenarbeit verschiedener Ressorts.

Als Reaktion auf die Ergebnisse der Umfrage und eine Reihe nationaler Diskussionen mit 23 Ländern über Handlungskonzepte im Bereich der psychischen Gesundheit richtet WHO/Europa gemeinsam mit dem französischen Gesundheitsministerium eine wegweisende Konferenz in Paris aus. 

Diese bringt Minister und hochrangige Vertreter aus den Bereichen Gesundheit, Bildung, Soziales und Behinderungen, Wohnungswesen und städtische Angelegenheiten, Justiz, Familie und Jugend, Kultur und Innovation zusammen. Alle rufen dazu auf, den isolierten und zersplitterten Ansatz für die psychische Gesundheitsversorgung aufzubrechen. Ihrem Aufruf schließen sich betroffene Menschen mit psychischen Erkrankungen, Gesundheitsfachkräfte, Akademiker und zivilgesellschaftliche Gruppen an. 

Die Erklärung von Paris legt die zentralen Prioritäten sowie gemeinsame Stoßrichtungen für Handlungskonzepte dar, die vereinbart wurden, darunter etwa:
  • Angleichung der Rechenschaftslegung und Finanzierung über Ressorts und Regierungsebenen hinweg.
  • Aktive Einbeziehung der Nutzer von Angeboten der psychischen Gesundheitsversorgung in die Gestaltung, Umsetzung und Bewertung von Konzepten, und zwar von Anfang an.
  • Förderung sozialer und generationsübergreifender Verbundenheit durch öffentliche Räume und Angebote, die die Diskriminierung von Menschen mit psychischen Erkrankungen verringern.
  • Einbeziehung von Schulen, Gefängnissen, Arbeitsplätzen, Medien, Jugendlichen, Stadtplanung und Gesundheits-/Sozialfürsorgeeinrichtungen in die Entwicklung und Umsetzung von Präventionsinitiativen.
  • Förderung der sicheren Nutzung von Online-Ressourcen für die psychische Gesundheit sowie der digitalen Kompetenz, um die Menschen, insbesondere Jugendliche, im Internet zu schützen. 
„Psychische Gesundheit prägt jeden Herzschlag unseres täglichen Lebens – im Klassenzimmer und am Arbeitsplatz, am Küchentisch und in den Fluren der Macht“, sagte Dr. Hans Henri P. Kluge, WHO-Regionaldirektor für Europa. 

„Wenn wir das seelische Wohlbefinden in jede Entscheidung jedes Ressorts einbeziehen, erzielen wir mehr als nur Leiden zu lindern; wir schaffen Würde, Hoffnung und Chancen für alle. Unsere jüngsten Daten zeigen, dass Angst die jungen Menschen immer stärker erfasst, während zu viele ältere Erwachsene den stillen Schmerz der Einsamkeit ertragen“, fügte er hinzu.

„Eine starke, gerechte und gesunde Region wird nicht von den Gesundheitsministerien allein aufgebaut. Sie wird von uns allen aufgebaut, Schulter an Schulter, über Disziplinen und Grenzen hinweg, mit offenem Herzen und einem gemeinsamen Ziel. Lassen Sie uns jetzt gemeinsam handeln, um das seelische Wohlbefinden zum Eckpfeiler unserer gemeinsamen Zukunft zu machen.“ 

Frankreich hat die psychische Gesundheit zu seinem „großen Anliegen“ für 2025 erklärt, sie als nationale Priorität bekräftigt und zu einer kollektiven Reaktion in allen Ressorts aufgerufen. 

Dr. Yannick Neuder, Minister für Gesundheit und Zugang zur Pflege, erklärte: „Frankreich ist stolz darauf, Gastgeber dieses wegweisenden Gipfels zu sein und mit gutem Beispiel voranzugehen, wenn es darum geht, die psychische Gesundheit zu einem nationalen Anliegen zu machen. Wir sind der Meinung, dass keine dauerhaften Fortschritte erzielt werden können, ohne die Silos zwischen den Ressorts aufzubrechen. Psychische Gesundheit muss eine gemeinsame Verantwortung sein – eingebettet in unsere Schulen, unsere Arbeitsplätze, unsere Gemeinschaften und jede Ebene der Regierung. Mit diesem Gipfel senden wir eine eindeutige Botschaft: Die psychische Gesundheit gehört in den Mittelpunkt aller öffentlichen Handlungskonzepte.“