Pressemitteilung – Zweite regionsübergreifende hochrangige Tagung über die Gesundheit von Flüchtlingen und Migranten (Sharm el-Sheikh, Ägypten, 16.–17. März 2023)

17 March 2023
Medienmitteilung
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Gemeinsam eine inklusive allgemeine Gesundheitsversorgung entlang der gesamten Migrationsroute schaffen

Sharm el-Sheikh, 17. März 2023

Inmitten der Folgen der verheerenden Erdbeben in der Arabischen Republik Syrien und der Türkei vor gut einem Monat sowie unter dem Eindruck des nun seit über einem Jahr andauernden Krieges in der Ukraine haben in dieser Woche drei Regionalbüros der WHO Vertreter von Regierungen, Zivilgesellschaft und Partnerorganisationen im Gesundheitsbereich in Sharm el-Sheikh, (Ägypten) zur zweiten regionsübergreifenden hochrangigen Tagung über die Gesundheit von Flüchtlingen und Migranten versammelt, die sich mit der hochaktuellen Frage beschäftigt, wie Flüchtlinge und Migranten während und nach Krisen entlang der gesamten Migrationsroute Zugang zur Gesundheitsversorgung erhalten können. 

Die vom WHO-Regionalbüro für den östlichen Mittelmeerraum zusammen mit den Regionen Afrika und Europa sowie mit Unterstützung durch das Programm Migration und Gesundheit der WHO ausgerichtete Tagung zielt darauf ab, die Umsetzung der im vergangenen Jahr in der Türkei auf der ersten hochrangigen Tagung über die Gesundheit von Flüchtlingen und Migranten vereinbarten Prioritäten durch eine regionsübergreifende Kooperation im Rahmen eines die gesamte Route umfassenden Ansatzes voranzutreiben. Darüber hinaus sollen die Teilnehmer auch das Bekenntnis zu dem Globalen Aktionsplan der WHO zur Förderung der Gesundheit von Flüchtlingen und Migranten (WHO GAP) bekräftigen und über konkrete Fortschritte bei der Förderung der Gesundheit von Flüchtlingen und Migranten in den drei Regionen berichten.

Die drei Regionen der WHO, die insgesamt 122 Länder und Gebiete umfassen, haben in den letzten Jahren aufgrund verschiedener Einflussfaktoren große Migrations- und Fluchtbewegungen erlebt bzw. waren von deren Folgen betroffen, sowohl innerhalb als auch außerhalb ihres Staatsgebiets. In diesem Jahr jährt sich der Beginn des Konfliktes in der Arabischen Republik Syrien zum zwölften Male, und der Krieg in der Ukraine geht inzwischen ins zweite Jahr. Auch zahlreiche andere Krisen bestehen weiter, die teilweise durch den Klimawandel verursacht werden. Insgesamt sind in den Ländern der drei Regionen inzwischen 171 Mio. Flüchtlinge und Migranten untergekommen – fast zwei Drittel aller Flüchtlinge und Migranten weltweit.

„In einer Region, die durch anhaltende Notlagen schwer belastet wird, sind Flüchtlinge und Migranten zu einem ständigen Phänomen unserer Gesellschaften geworden, doch sie gehören oft immer noch zu den am stärksten gefährdeten und vernachlässigten Bevölkerungsgruppen“, erklärte Dr. Ahmed Al-Mandhari, WHO-Regionaldirektor für den östlichen Mittelmeerraum. „Ein die gesamte Migrationsroute umfassender Ansatz für die Gesundheit von Flüchtlingen und Migranten ist eine wesentliche Voraussetzung für ein inklusives Gesundheitssystem, ein Schritt in Richtung einer allgemeinen Gesundheitsversorgung und ein integraler Bestandteil der Zukunftsvision für unsere Region: Gesundheit für alle.“

Im vergangenen Monat haben die WHO-Regionen Europa und Östlicher Mittelmeerraum zusammen eine der verheerendsten Naturkatastrophen in den vergangenen Jahren erlebt, bei der über 26 Mio. Menschen von den großflächigen Erdbeben in der Türkei betroffen waren, die auch umfassende Schäden in der benachbarten Arabischen Republik Syrien verursachten. Die Situation ist nach wie vor prekär: in beiden Ländern sind Millionen Menschen aus ihren Häusern vertrieben worden, und das auch zuvor schon fragile Gesundheitssystem in Syrien steht nun unter noch stärkerer Belastung. Auch die in der Türkei unter vorübergehendem Schutz lebenden 1,7 Mio. syrischen Flüchtlinge sind von den Folgen betroffen. In der Arabischen Republik Syrien benötigen nach Meldungen 5,3 Mio. Menschen eine Unterkunft, darunter viele, die zuvor schon vertrieben wurden und nun unter unsicheren Wohnbedingungen leben.

„Auch wenn die Tagung in dieser Woche schon lange vor dieser tragischen Katastrophe geplant war, so unterstreicht die aktuelle Lage doch die dringende Notwendigkeit einer Fortsetzung der regionsübergreifenden Kooperation im Bereich der Gesundheit von Flüchtlingen und Migranten, die im vergangenen Jahr mit der ersten hochrangigen Tagung in Istanbul eingeläutet wurde“, stellte Dr. Al-Mandhari fest. „Wir sind entschlossen, gemeinsam auf eine Beseitigung der gesundheitlichen Ungerechtigkeiten hinzuarbeiten, von denen Migranten und Flüchtlinge in unseren Regionen betroffen sind.“

Der Östliche Mittelmeerraum ist die Region der WHO, die die größte Zahl von Flüchtlingen und Binnenvertriebenen aufweist. Mehr als die Hälfte aller Flüchtlinge weltweit kommen aus dieser Region, und eine Mehrzahl von ihnen hält sich auch weiterhin innerhalb der Region auf. 

Viele dieser schutzbedürftigen Menschen sind verstärkt von Krankheit bedroht, namentlich von psychischen Gesundheitsproblemen, die u. a. auf unzureichende Lebens- und Arbeitsbedingungen, verschiedene Formen von Diskriminierung, Gewalterfahrungen und den fehlenden Zugang zu einer zeitnahen und hochwertigen Gesundheitsversorgung zurückzuführen sind. 

Verschärft werden die bestehenden Probleme noch durch geschwächte und überlastete Gesundheitssysteme und erhebliche personelle Engpässe. Obwohl die allgemeine Gesundheitsversorgung schon lange ein zentrales Anliegen für die Mitgliedstaaten in den WHO-Regionen Afrika, Europa und Östlicher Mittelmeerraum ist, werden doch viele Flüchtlinge und Migranten in den Gesundheitsstrategien auf nationaler und subnationaler Ebene nach wie vor nicht berücksichtigt. 

„In der Europäischen Region der WHO sind wir derzeit mit der Hilfe nach dem Erdbeben in der Türkei – einem unserer 53 Mitgliedstaaten – intensiv beschäftigt und haben es gleichzeitig weiterhin mit der größten Fluchtbewegung in unserer Region seit dem Zweiten Weltkrieg zu tun, mit über 8 Mio. registrierten Flüchtlingen aus der Ukraine in ganz Europa. Es liegt auf der Hand, dass wir von den Notfallmaßnahmen bis zu den langfristigen Anstrengungen zur Verwirklichung einer allgemeinen Gesundheitsversorgung die Flüchtlinge und Migranten sinnvoll einbeziehen müssen. Dazu bedarf es eines zweigleisigen Ansatzes, der in einer besseren Vorsorge für und Reaktion auf gesundheitliche Notlagen besteht, aber gleichzeitig auch eine inklusive Bereitstellung von Gesundheitsleistungen für alle beinhaltet“, betone Dr. Hans Henri P. Kluge, WHO-Regionaldirektor für Europa.

„Wenn wir nicht die Belange von Migranten und Flüchtlingen berücksichtigen, können wir keine allgemeine Gesundheitsversorgung verwirklichen. Wir müssen ihre gesundheitlichen Bedürfnisse zum festen Bestandteil aller unserer Programme machen; das ist auch ein zentrales Element des Schutzes der Menschenrechte der Migranten“, erklärte Dr. Matshidiso Moeti, WHO-Regionaldirektorin für Afrika. 
Die Tagung bekennt sich zu früheren Zusagen zur vorrangigen Berücksichtigung der Gesundheit von Flüchtlingen und Migranten in regionsweiten oder internationalen Zielkatalogen, indem sie sich auf die Grundsätze von Solidarität, Menschlichkeit, Menschenrechten und nachhaltiger Entwicklung stützt. 

In der Abschlusserklärung der Tagung heißt es: „Die WHO-Regionen Afrika, Europa und Östlicher Mittelmeerraum und die Teilnehmer dieser Tagung verpflichten sich zu abgestimmten Maßnahmen für schnellere Fortschritte hin zu einer allgemeinen Gesundheitsversorgung und zur Förderung der Inklusion von Flüchtlingen und Migranten in den Gesundheitskonzepten und -plänen der Länder entlang der Migrationsrouten sowie in humanitären Umfeldern.“

An anderer Stelle steht: „Die Delegierten verpflichten sich auch zur Zusammenarbeit bei der Bildung von Partnerschaften und der Bestimmung von Möglichkeiten zur Zusammenarbeit entlang der gesamten Migrationsrouten mit dem Ziel, einige der dringendsten uns alle betreffenden Probleme, wie den Klimawandel, die Grundursachen von Vertreibung und den Zugang zur Gesundheitsversorgung für Flüchtlinge und irreguläre Migranten, in Angriff zu nehmen.“ 

Diese Veranstaltung ist ein Beitrag zu der Diskussion, die vom Programm Migration und Gesundheit der WHO, der Internationalen Organisation für Migration (IOM), dem Amt des Hohen Flüchtlingskommissars der Vereinten Nationen (UNHCR) und Marokko im Laufe des Jahres 2023, während der dritten globalen Konsultation über die Gesundheit von Flüchtlingen und Migranten, gemeinsam ausgerichtet wird.

Die zweite regionsübergreifende hochrangige Tagung wird durch die Partnerschaft für eine allgemeine Gesundheitsversorgung unterstützt, eine der größten Plattformen der WHO für die internationale Zusammenarbeit in den Bereichen allgemeine Gesundheitsversorgung und primäre Gesundheitsversorgung. Sie wird durch Belgien, Deutschland, die Europäische Union, Frankreich (Ministerium für Europa und auswärtige Angelegenheiten), Irland (Irish Aid), Japan (Ministerium für Gesundheit, Arbeit und Soziales), Kanada, Luxemburg (Luxembourg Aid & Development) und das Vereinigte Königreich (Ministerium für auswärtige Angelegenheiten, Commonwealth-Fragen und Entwicklung) finanziell unterstützt.

Für weitere Auskünfte zur Abschlusserklärung der Tagung wenden Sie sich bitte an: 
  • Mona Yassin, Referat Strategische Kommunikation für Gesundheit, WHO-Regionalbüro für den östlichen Mittelmeerraum: yassinm@who.int 
  • Marie Wolf, Kommunikationsreferentin, WHO-Regionalbüro für Europa: mwolf@who.int