Für Menschen mit nichtübertragbaren Krankheiten wie Herz-Kreislauf- und Atemwegserkrankungen, Diabetes oder Krebs hat sich die COVID-19-Pandemie erheblich auf ihre Gesundheit ausgewirkt und gezeigt, wie gefährdet sie sind. Die Fachzeitschrift The Lancet veröffentlichte vor Kurzem einen Artikel, in dem die Bedeutung von nichtübertragbaren Krankheiten und mit Adipositas verbundenen Erkrankungen bei der COVID-19-Reaktion hervorgehoben wurde.
Die Europäische Region der WHO ist von allen WHO-Regionen weltweit am stärksten von durch nichtübertragbare Krankheiten bedingte Morbidität und Mortalität betroffen. Die einschränkenden Maßnahmen während der COVID-19-Pandemie haben für die Aufrechterhaltung eines angemessenen Maßes an körperlicher Betätigung und den Zugang zu gesunden Lebensmitteln eine Herausforderung dargestellt. Ein erheblich reduziertes Maß an körperlicher Betätigung, etwa durch den Wegfall des Arbeitsweges und der Fortbewegung an andere Orte, von Bewegung und Sport in der Freizeit, kann zu einem Anstieg der Adipositas und einem erhöhten Risiko für Diabetes und Herz-Kreislauf-Erkrankungen führen. Dies unterstreicht die Notwendigkeit, sich auf die unbeabsichtigten Folgen der COVID-19-Reaktion zu konzentrieren – und zu gewährleisten, dass die Gesundheitssysteme die Prävention und Bekämpfung nichtübertragbarer Krankheiten während dieser Pandemie nicht aus den Augen verlieren.
„Vor COVID-19 hatte die Europäische Region der WHO mit einer hohen durch nichtübertragbare Krankheiten und Adipositas im Kindesalter bedingten Krankheitslast zu kämpfen. Physische Distanzwahrung oder Quarantäne und der damit einhergehende Stress können die Risikofaktoren für nichtübertragbare Krankheiten, wie eine ungesunde Ernährung, Bewegungsmangel und der schädliche Konsum von Tabak und Alkohol, weiter verschärfen“, erklärt Dr. João Breda, Leiter des Europäischen Büros der WHO für die Prävention und Bekämpfung nichtübertragbarer Krankheiten.
Ausgangssperren, physische Distanzwahrung und Reisebeschränkungen haben in vielen Ländern vielfältige Folgen für Menschen mit nichtübertragbaren Krankheiten, da diese Menschen:
- ihre körperliche Betätigung einschränken;
- weniger Zugang zu gesunden und frischen Nahrungsmitteln haben;
- schlechteren Zugang zu präventiven und gesundheitsförderlichen Angeboten haben; und
- stärker anderen verhaltensbedingten Risikofaktoren für nichtübertragbare Krankheiten ausgesetzt sind, darunter etwa der schädliche Konsum von Tabak und Alkohol.
Eine gestraffte Reaktion auf die COVID-19-Pandemie in Zusammenhang mit nichtübertragbaren Krankheiten
Der Artikel in The Lancet identifiziert eine Reihe von Maßnahmen, welche die Länder an ihre Verhältnisse anpassen können, um auf die besonderen Bedürfnisse von durch nichtübertragbare Krankheiten gefährdeten Menschen einzugehen. Er enthält praktische Erwägungen für die Gesundheitsbehörden in allen Teilen der Region hinsichtlich der Gestaltung ihrer Gegenmaßnahmen im Kampf gegen die COVID-19-Pandemie, bei denen nichtübertragbare Krankheiten Berücksichtigung finden.
„Erkenntnisse aus allen Teilen der Region und der Welt zeigen, dass Menschen mit nichtübertragbaren Krankheiten besonders gefährdet sind“, erklärt Dr. Hans Henri P. Kluge, WHO-Regionaldirektor für Europa und federführender Autor der Studie. „Das gesamte Ausmaß ist jedoch noch nicht ersichtlich, da zahlreiche Fälle nichtübertragbarer Krankheiten nicht diagnostiziert werden“, fügt er hinzu. „Die Prävention und Bekämpfung nichtübertragbarer Krankheiten spielt daher bei der COVID-19-Reaktion eine wichtige Rolle. Wenn die Gegenmaßnahmen zur Eindämmung der Pandemie nicht entsprechend angepasst werden, um auch die Prävention und Bewältigung der Risiken für nichtübertragbare Krankheiten zu umfassen, werden wir viele Menschen gleichzeitig im Stich lassen, wenn ihre Gefährdung besonders hoch ist.“
Eine gestraffte Reaktion auf die COVID-19-Pandemie in Zusammenhang mit nichtübertragbaren Krankheiten ist wichtig, um die Resultate im öffentlichen Gesundheitswesen zu optimieren und die Belastung von Einzelpersonen, gefährdeten Gruppen, zentralen Fachkräften und der Gesellschaft durch diese Pandemie zu verringern.
Zu den wichtigsten in dem Artikel genannten Maßnahmen im Kampf gegen COVID-19 unter Berücksichtigung nichtübertragbarer Krankheiten zählen:
- die Einbeziehung von im Bereich nichtübertragbare Krankheiten tätigen Gesundheitsfachkräften in die Planung von Strategien zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie;
- die Nutzung von Technologien zur Bereitstellung von Online-Informationen über Sport- und Wellness-Angebote und gesunde Rezepte;
- die verstärkte Nutzung von Telemedizin zur Aufrechterhaltung der Kontinuität der Versorgung für Menschen, die an nichtübertragbaren Krankheiten leiden;
- die Priorisierung und sichere Bereitstellung gemeindenaher Gesundheitsangebote, die auf die Bedürfnisse von Patienten mit nichtübertragbaren Krankheiten eingehen;
- die Priorisierung von Patienten mit nichtübertragbaren Krankheiten und Gesundheitspersonal bei COVID-19-Tests.
„Der Artikel enthält wichtige Erwägungen für die Gesundheitsbehörden in allen Teilen der Region hinsichtlich der Gestaltung ihrer Gegenmaßnahmen im Kampf gegen die COVID-19-Pandemie, bei denen nichtübertragbare Krankheiten Berücksichtigung finden“, erläutert Dr. João Breda. „Da Patienten mit chronischen Krankheiten stärker durch COVID-19 gefährdet sind, besteht die reale Gefahr einer zusätzlichen Belastung der bereits am Rande ihrer Belastbarkeit arbeitenden Gesundheitsdienste in der gesamten Region. Um dieses Problem anzugehen, sollten im Bereich nichtübertragbare Krankheiten tätige Gesundheitsfachkräfte, maßgebliche Akteure und Patienten in die Planung von Strategien zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie einbezogen werden.“