Bekämpfung von COVID-19 erfordert globale Solidarität zwischen Ländern und Kontinenten

19 March 2020
Pressemitteilung
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Das WHO-Regionalbüro für Europa hat heute eine Online-Informationsveranstaltung mit in Kopenhagen tätigen Botschaftern und Diplomaten durchgeführt, auf der Empfehlungen, Erkenntnisse und Erfahrungen aus den WHO-Regionen Europa, Westlicher Pazifikraum und Afrika ausgetauscht wurden.

Dabei waren sich die WHO-Regionaldirektoren für Europa, den Westlichen Pazifikraum und Afrika in ihrem Aufruf zu Solidarität für eine wirksame Bekämpfung der COVID-19-Pandemie einig. Dr. Hans Henri P. Kluge, WHO-Regionaldirektor für Europa, sprach für alle, als er an die Länder appellierte:

  • sich miteinander kurzzuschließen und die Gegenmaßnahmen aufeinander abzustimmen, um sicherzustellen, dass die Maßnahmen eines Landes nicht das Handeln anderer Länder behindern;
  • die Gegenmaßnahmen auch weiterhin mit Ressourcen zu unterstützen, solidarisch zu handeln, alle Menschen einzuschließen und dafür zu sorgen, dass die am stärksten Gefährdeten die nötige Unterstützung erhalten; und
  • die Bevölkerung und die verschiedenen Bereiche der Gesellschaft zu aktivem Engagement zu ermutigen und ein gesamtstaatliches Handeln zu fördern.

Zu Beginn der Veranstaltung gab Dr. Kluge einen kurzen Überblick über die aktuelle Situation in der Europäischen Region der WHO. Er wies darauf hin, dass inzwischen über 40% der weltweit bestätigten COVID-19-Fälle auf die Europäische Region entfielen, die damit zum Epizentrum der Epidemie geworden sei.

Mit Stand vom 19. März morgens wurden in der Europäischen Region über 75 000 Fälle gemeldet, von denen mehr als 77% in vier Ländern – Italien, Spanien, Frankreich und Deutschland – registriert wurden. Die Fallzahlen steigen weiter rapide an.

Gewährleistung internationaler Kooperation  und Solidarität

In seiner Erklärung hob Dr. Kluge drei zentrale Aspekte hervor. Erstens brachte er zum Ausdruck, der COVID-19-Ausbruch stelle die Solidarität auf die Probe, und es sei nun Aufgabe der Länder und ihrer Regierungen, sich an die Grundsätze internationaler Kooperation  und Solidarität zu halten.

In diesem Zusammenhang appellierte Dr. Kluge direkt an die Regierungen, ihre Maßnahmen zur Schließung von Grenzen und zur Verhängung von Ein- oder Ausfuhrbeschränkungen zu überdenken, die die Versorgung mit Geräten und Material wie etwa persönlichen Schutzausrüstungen für das Gesundheitspersonal behinderten. Er rief sie auch dringend dazu auf, Experten der WHO eine ungehinderte Einreise in die und Ausreise aus den Ländern zu ermöglichen, in denen sie fachliche Unterstützungsarbeit leisten.

Investitionen in die Gesundheit – jetzt und in Zukunft

Zweitens unterstrich der Regionaldirektor, dass Gesundheit auch in Zukunft einen hohen Stellenwert auf der politischen Tagesordnung erhalten müsse:

„Millionen Menschen in unserer Region erleben derzeit radikale Veränderungen in ihrem Alltag. Es ist ganz einfach eine neue Realität. Die Bedeutung der öffentlichen Gesundheitsdienste wird verstanden. Der Wert von qualifiziertem Gesundheitspersonal  und die Arbeit unserer Gesundheitssysteme werden geschätzt wie nie zuvor. Wenn die Anfälligkeit unseres Lebensstils erkannt wird, muss Gesundheit am oberen Ende unseres Zielkatalogs sein. Ich appelliere an unsere Regierungen, dies beizubehalten.“

Er dankte den Regierungen für die Bereitstellung personeller und finanzieller Ressourcen zur Unterstützung bei den weltweiten Vorsorge- und Gegenmaßnahmen. Er wies auch auf die Reaktionspläne der WHO und auf den gerade erst eingerichteten Solidaritätsfonds zur Bekämpfung von COVID-19 hin, eine gemeinsame Initiative der WHO, der Stiftung für die Vereinten Nationen sowie einer Reihe von Partnerorganisationen zur Unterstützung der anfälligsten und bedürftigsten Länder.

Kontakt und Kommunikation mit der Bevölkerung

Drittens unterstrich Dr. Kluge, dass alle Ebenen des Staates und alle Bereiche der Gesellschaft bei der Bewältigung des COVID-19-Ausbruchs Verantwortung tragen. Er hob nochmals hervor, dass die Einbeziehung der Bevölkerung durch Zuhören und eine effektive Kommunikation mit der Öffentlichkeit, Partnerorganisationen vor Ort und anderen Interessengruppen entscheidend für eine wirksame Bekämpfung der Pandemie sei.

Um den Ländern dabei behilflich zu sein, ihren Bürgern zuzuhören und ihre Anliegen zu verstehen, und um sicherzustellen, dass ihre Maßnahmen zur Bekämpfung von COVID-19 zielführend und umsetzbar sind, hat das WHO-Regionalbüro für Europa gerade ein Instrument für verhaltensbezogene Erkenntnisse entwickelt, mit dem Wissen, Risikowahrnehmung, Verhaltensweisen und Vertrauen schnell, flexibel und kosteneffektiv beobachtet werden können.

Bericht über die aktuelle Lage und die ergriffenen Maßnahmen in der Region Westlicher Pazifikraum

Der aus Manila (Philippinen) zugeschaltete WHO-Regionaldirektor für den Westlichen Pazifikraum, Dr. Takeshi Kasai, begann seinen Lagebericht mit einer optimistischen Feststellung. Unter Hinweis darauf, dass aus China keine neuen lokal übertragenen COVID-19-Fälle mehr gemeldet worden seien, erklärte er: „Es ist möglich, diese Epidemie zurückzudrängen.“

Dr. Kasai fügte hinzu, die Gegenmaßnahmen der Länder müssten bedarfsgerecht und spezifisch sein, dabei aber eines gemeinsam haben: die Mobilisierung der gesamten Gesellschaft. Er appellierte an die Länder, vor allem den Schutz der anfälligsten Gruppen in den Vordergrund zu stellen, also von älteren Menschen und Personen mit Vorerkrankungen, aber auch den Gesundheitsberufen, die bei den Gegenmaßnahmen die entscheidende Rolle spielten und am stärksten exponiert seien.

Dr. Kasai wiederholte Dr. Kluges Aufruf zu internationaler Kooperation und Solidarität. Er versicherte die Bürger in der Europäischen Region der anhaltenden Unterstützung durch die Region Westlicher Pazifikraum und bedankte sich seinerseits bei der Europäischen Region für ihre Unterstützung.

Bericht über die aktuelle Lage und die ergriffenen Maßnahmen in der Region Afrika

Die WHO-Regionaldirektorin für Afrika, Dr. Matshidiso Moeti, war der Veranstaltung aus Brazzaville (Republik Kongo) zugeschaltet. Sie erklärte, die Region Afrika habe trotz bisher vergleichsweise niedriger Fallzahlen in den vergangenen zwei Wochen eine exponentielle geografische Ausbreitung des Virus erlebt. Bisher seien aus insgesamt 28 Ländern der Afrikanischen Region Fälle gemeldet worden, die überwiegend aus Europa eingeschleppt worden seien.

Dr. Moeti fügte hinzu, dass zahlreiche Länder in ihrer Region aufgrund der dort herrschenden wirtschaftlichen und sozialen Bedingungen besonderen Belastungen ausgesetzt seien. So seien die Gesundheitssysteme relativ schwach, und viele Haushalte verfügten nicht über fließendes Wasser oder ausreichend Platz, um einzelne Personen isoliert unterzubringen.

In den vergangenen Wochen hätten sich die Länder auf COVID-19 vorbereitet und erhebliche Fortschritte bei der Stärkung der Surveillance, bei Routineuntersuchungen an Grenzübergangsstellen, bei der Rückverfolgung von Kontakten und im Laborwesen erzielt. Inzwischen seien 41 Länder in der Region in der Lage, auf das Virus zu testen. Doch die größten Herausforderungen bestünden weiterhin in Infektionsschutz und -bekämpfung und in der Notfallversorgung.

In ihrem Fazit schloss sich Dr. Moeti ihren Vorrednern an und forderte Strategien zur Bekämpfung von COVID-19, die evidenzbasiert seien und eine gegenseitige Unterstützung und Synergieeffekte ermöglichen. Sie bedankte sich bei der Europäischen Region und ihren Ländern für ihre anhaltende Unterstützung.

Anschließend beantworteten die Regionaldirektoren und die Experten der WHO eine Reihe von Fragen, u. a. zu folgenden Themen: Bereitschaftsplanung in Krankenhäusern, Herstellung eines Impfstoffs, Herdenimmunität, Verfügbarkeit von Testkits und persönlichen Schutzausrüstungen, mögliche Therapien und „Abflachung der Kurve“.