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Vertrauen und Sicherheit schaffen: Der Kampf des NHS Wales gegen geschlechtsspezifische Gewalt am Arbeitsplatz

20 December 2024
Pressemitteilung
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„Ich möchte die Welt für meine 15-jährige Tochter sicherer machen, damit sie sich sicherer fühlt, wenn sie in ein paar Jahren ins Berufsleben eintritt. Es ist mir wichtig, ihr das Gefühl zu vermitteln, dass wir etwas Sinnvolles getan haben, um geschlechtsspezifische Gewalt und Belästigung am Arbeitsplatz zu thematisieren und zu bekämpfen.“ 

Diese engagierten Worte von Sue Tranka, der Obersten Beauftragten für das Pflegewesen und Koordinatorin für das Pflegewesen beim National Health Service (NHS) Wales, unterstreichen die Dringlichkeit und das persönliche Engagement, mit denen die Bemühungen zur Bekämpfung geschlechtsspezifischer Gewalt am Arbeitsplatz, insbesondere im Gesundheitswesen, vorangetrieben werden.

Geschlechtsspezifische Gewalt am Arbeitsplatz ist ein weit verbreitetes Problem, von dem weltweit unzählige Frauen betroffen sind. In Europa hat fast jede dritte Frau Gewalt oder Belästigung am Arbeitsplatz erlebt. Junge Frauen und Migrantinnen sind besonders gefährdet. 

Das Gesundheitswesen, in dem 78 % der Arbeitsplätze von Frauen besetzt sind, ist hiervon nicht ausgenommen. Krankenschwestern und Hebammen, die einen großen Teil des Gesundheitspersonals ausmachen, stehen oft an vorderster Linie bei der Betreuung von Überlebenden geschlechtsspezifischer Gewalt und können selbst von solcher Gewalt am Arbeitsplatz betroffen sein. 

Sue betont, wie wichtig es ist, für alle Beschäftigten im Gesundheitswesen ein sicheres und unterstützendes Umfeld zu schaffen. „Alle Beschäftigten beim NHS haben es verdient, dass bei ihrer Arbeit im Dienste der walisischen Bevölkerung ihre Menschenrechte und ihre Würde an jedem Tag geschützt werden, an dem sie sich an ihren Arbeitsplatz begeben.“

Unterstützung von Frauen aus verschiedenen ethnischen Minderheiten

Bei der Bekämpfung geschlechtsspezifischer Gewalt kommt es entscheidend darauf an, die vielfältigen Herausforderungen zu erkennen, denen Frauen aus ethnischen Minderheiten ausgesetzt sind. 

„Das Pflegepersonal des NHS Wales besteht zu etwa 12 bis 13 % aus Angehörigen ethnischer Minderheiten“, sagt Sue über die wachsende ethnische Vielfalt. „Frauen und andere Randgruppen beim Gesundheitspersonal sind tagtäglich mit geschlechtsspezifischen Stereotypen und Vorurteilen konfrontiert.“ Dies überschneidet sich mit anderen Formen von Diskriminierung und Gewalt wie Rassismus. 

Um diese Probleme anzugehen, wurde für die Beschäftigten des NHS Wales das Rassengleichheitsgebot eingeführt, bei dem die Erfahrungen von Mitarbeitern aus schwarzen, asiatischen und ethnischen Minderheiten durch eine kulturell kompetente Brille berücksichtigt werden. „Diese Norm hilft uns zu verstehen, wie Frauen aus schwarzen, asiatischen und anderen ethnischen Minderheiten Mobbing, Belästigung und Diskriminierung bis hin zu geschlechtsspezifischer Gewalt erleben.“

Vertrauen aufbauen und Unterstützung leisten

Eine der wichtigsten Strategien des NHS Wales ist der Aufbau von Vertrauen bei den Beschäftigten. Um das Problem wirksam anzugehen, kommt es entscheidend darauf an, dass sich die Beschäftigten sicher fühlen, wenn sie Vorfälle von Gewalt oder Belästigung melden. Sue merkt an: „Die Überlebenden müssen darauf vertrauen können, dass sie gehört werden, wenn sie etwas zur Sprache bringen, denn das ist oft sehr schwierig. Sie sollten darauf vertrauen können, dass man ihnen zuhört und dass dann etwas unternommen wird.“ 

Der NHS Wales hat nicht nur Vertrauen aufgebaut, sondern auch eine Reihe von Unterstützungsmaßnahmen eingeführt, um den Bedürfnissen seiner Beschäftigten in Bezug auf psychische Gesundheit und Wohlbefinden gerecht zu werden. „In Wales gibt es eine Reihe von Maßnahmen zur Förderung des Wohlbefindens, die vom Staat für die Arbeitnehmer finanziert werden, eine Reihe von Unterstützungsmaßnahmen, die von Beratung über Wohlbefindensangebote bis hin zu Online-Ansprechpartnern reichen.“ 

Diese Angebote tragen entscheidend dazu bei, den Überlebenden zu helfen, den Stress und das Trauma in Verbindung mit geschlechtsspezifischer Gewalt zu bewältigen.

Kooperation, Gesetzgebung und datengesteuerte Lösungen

Ein weiterer Eckpfeiler der Strategie des NHS Wales ist Kooperation. „Alles, was wir in Wales tun, folgt einem Modell der Sozialpartnerschaft, d. h. wir arbeiten eng mit den Gewerkschaften unserer Beschäftigten zusammen“, erklärt Sue. „Im Rahmen des seit Langem bestehenden Modells der Sozialpartnerschaft, an dem alle maßgeblichen Partner beteiligt sind, teilen wir unsere Prioritäten, gehen die Herausforderungen für die Beschäftigten gemeinsam an und gestalten Konzepte für die Arbeitnehmer, die von unseren Gewerkschaften mitgetragen werden.“ 

Durch diesen kollektiven Ansatz wird sichergestellt, dass Konzepte und Maßnahmen von allen Beteiligten unterstützt werden, was sie effektiver und nachhaltiger macht.

Auch die Gesetzgebung spielt eine entscheidende Rolle beim Schutz von Frauen und Mädchen vor Gewalt. Das Gesetz über Gewalt gegen Frauen, häusliche Misshandlung und sexuelle Gewalt von 2015 war für Wales wegweisend, da es sich ausdrücklich mit Gewalt gegen Frauen befasst. 2022 wurde sein Geltungsbereich auf Belästigung am Arbeitsplatz ausgeweitet, da viele Menschen dort nachweislich auf verschiedene Weise geschlechtsspezifische Gewalt und Belästigung erleben.

Der NHS Wales bemüht sich verstärkt um die Erfassung von Daten und das Verständnis des Ausmaßes der geschlechtsspezifischen Gewalt, von der seine Beschäftigten betroffen sind. Sue merkt an: „In unseren Mitarbeiterumfragen stellen wir gezielte Fragen zur Sicherheit, insbesondere zur Sicherheit von Frauen. Wir fragen danach, wo sie Belästigung erleben und um welche Art von Belästigung es sich handelt, ob es sich um Mobbing, körperliche, verbale oder psychische Belästigung handelt.“ Dieser datengestützte Ansatz hilft dabei, Problembereiche zu ermitteln und gezielte Maßnahmen zu entwickeln.

Trotz dieser Bemühungen räumt Sue ein, dass geschlechtsspezifische Gewalt generell zu oft nicht angezeigt wird. „Wenn man sich die Daten ansieht, muss man bedenken, dass egal wie schlimm sich das anhört, es wahrscheinlich eigentlich noch schlimmer ist, denn geschlechtsspezifische Gewalt wird viel zu oft nicht gemeldet.“ 

Sie fügt hinzu: „Geschlechtsspezifische Gewalt ist nach wie vor ein weltweites Problem. Wales setzt sich seit Langem dafür ein, das Land zum sichersten Ort für Frauen zu machen, und ich halte das für eine wahrhaft großartige Vision.“ 

Diese Vision einer sichereren Zukunft für alle Frauen ist eine starke Motivation für die laufenden Bemühungen zur Beseitigung geschlechtsspezifischer Gewalt am Arbeitsplatz. Mit ihren umfassenden gemeinsamen Bemühungen erreichen Sue und der NHS Wales große Fortschritte bei der Schaffung einer sichereren und solidarischeren Arbeitsumgebung für alle Beschäftigten im Gesundheitswesen, insbesondere für Krankenschwestern und Hebammen.

Die WHO setzt sich für die Beendigung von Gewalt gegen Frauen und Mädchen und die Beseitigung der Rassendiskriminierung im Gesundheitsbereich nach Maßgabe der Allgemeinen Empfehlung 37 über Rassendiskriminierung bei der Wahrnehmung des Rechts auf Gesundheit ein.