Die Besteuerung zuckergesüßter Getränke kann den Ländern beim Kampf gegen nichtübertragbare Krankheiten behilflich sein und die Menschen gesünder machen – doch solche Maßnahmen können mehr Wirkung entfalten, wenn sie in Zusammenarbeit zwischen Gesundheits- und Finanzbehörden entwickelt werden.
Dies war eines der Ergebnisse des neuen Berichts der WHO mit dem Titel „Besteuerung von zuckergesüßten Getränken in der Europäischen Region der WHO“, in dem die Erfahrungen der zehn Mitgliedstaaten in der Region untersucht werden, die als erste diese Maßnahme eingeführt haben.
Nur 19% der Länder der Europäischen Region besteuern zuckergesüßte Getränke
„Besteuerung ist eine kosteneffektive Maßnahme, die landesweit gesundheitliche Verbesserungen herbeiführen kann. Durch die Einführung von Steuern auf zuckerhaltige Getränke können Länder den Konsum solcher Getränke reduzieren und damit auch die Risiken von Übergewicht und Adipositas, Diabetes und anderen damit verbundenen Krankheiten“, erklärt Dr. Kremlin Wickramasinghe, kommissarischer Leiter des Europäischen Büros der WHO für die Prävention und Bekämpfung nichtübertragbarer Krankheiten, einer der Autoren des neuen Berichts.
„Doch bisher wird die Besteuerung zuckergesüßter Getränke in der Europäischen Region noch nicht ausreichend eingesetzt – nur 19% der Länder haben solche Maßnahmen eingeführt.“
In dem Bericht der WHO werden die Erfahrungen Belgiens, Finnlands, Frankreichs, Irlands, Lettlands, Monacos, Norwegens, Portugals, Ungarns und des Vereinigten Königreichs geschildert. Nur 10 der 53 Länder der Europäischen Region haben landesweit Steuern auf zuckergesüßte Getränke eingeführt.
Ein flexibles Instrument für die Länder
Die Ergebnisse des Berichts, die mit den Befunden einer vor Kurzem im European Journal of Public Health veröffentlichten Studie abgestimmt sind, verdeutlichen die Flexibilität bei der Besteuerung zuckergesüßter Getränke und die Chancen, die sich daraus für die Politik ergeben.
Aus der Untersuchung der einzelnen Praktiken geht hervor, dass die Steuern auf zuckergesüßte Getränke stets bei der Industrie erhoben wurden, und nicht bei den Verbrauchern. Doch die konkrete Ausgestaltung der steuerlichen Instrumente war von Land zu Land unterschiedlich.
So entschieden sich manche Mitgliedstaaten dafür, den Schwerpunkt auf die ökonomischen Effekte der Besteuerung zuckergesüßter Getränke zu legen, andere sahen in ihrer Einführung ausdrücklich eine gesundheitliche Maßnahme.
Auch die Ausgestaltung der Steuern war unterschiedlich. So führten Ungarn, Lettland und das Vereinigte Königreich gestaffelte Verbrauchssteuersätze ein, wobei die Schwellen jeweils auf dem Zuckergehalt der Getränke basierten.
Wie eine wirksame Besteuerung aussieht: Ergebnisse der WHO
In der Europäischen Region gibt es eine Vielzahl unterschiedlicher Muster für Steuern auf zuckergesüßte Getränke. Der Bericht der WHO enthält einige Tipps, wie politische Entscheidungsträger Steuern zu einer wirksamen gesundheitlichen Maßnahme machen können:
- Die Steuerbemessungsgrundlage muss der schädlichen Wirkung des Konsums, aber auch den kulturellen Gegebenheiten des Landes angemessen sein.
- Die Ausgestaltung und Umsetzung von Steuern auf zuckergesüßte Getränke wäre erfolgreicher, wenn die zuständigen Entscheidungsträger in der Finanz- und Gesundheitspolitik die Maßnahmen in konstruktiver Zusammenarbeit entwickelten.
- Nach der Einführung von Steuern auf zuckergesüßte Getränke können die zuständigen Behörden diese weiter verfeinern, wenn aus anderen Ländern neue Erkenntnisse und Erfahrungen hinsichtlich der Wirkung solcher Steuern hinzukommen.
- Die Einführung jeglicher Form von Steuern auf zuckergesüßte Getränke trifft auf den aktiven Widerstand der Lebensmittel- und Getränkeindustrie. Doch bei starkem staatlichen Interesse an der Einführung solcher Maßnahmen und bei entsprechender Beschränkung der Beteiligung der Industrie an der Debatte über die Besteuerung zuckergesüßter Getränke lässt sich der Einfluss der Hersteller minimieren.
- Unterstützung von nichtstaatlichen Organisationen, Wissenschaftlern und anderen gesellschaftlichen Akteuren ist ein wichtiger Trumpf zur Überwindung von Widerständen seitens der Wirtschaft und zur Förderung der Einführung von Steuern auf zuckergesüßte Getränke.
„Die Zielsetzung der Studie der WHO bestand darin, die politischen Entscheidungsträger aufzuklären und zu einer wirksamen Umsetzung von Steuern auf zuckergesüßte Getränke in der gesamten Europäischen Region beizutragen,” fügte Dr. Wickramasinghe hinzu. „Die von der WHO empfohlenen Maßnahmen führen zu einer Erhöhung der Lebenserwartung und zu mehr Wohlbefinden in allen Ländern der Europäischen Region.“
Das Europäische Arbeitsprogramm 2020–2025 hat sich den Abbau gesundheitlicher Benachteiligungen zum Ziel gesetzt, um die Länder dazu zu befähigen, wirksame Maßnahmen zur Verbesserung der Gesundheit der Menschen in der gesamten Europäischen Region einzuführen.