Aus einem neuen Bericht der WHO über private Leistungsanbieter im Gesundheitswesen der Ukraine geht hervor, dass die Zahl der privaten Anbieter von Gesundheitsleistungen seit 2020 um 43 % gestiegen ist und diese inzwischen 84 % aller zugelassenen Anbieter ausmachen. Doch private Leistungsanbieter sind deutlich kleiner als staatliche oder kommunale Einrichtungen, die immer noch einen Großteil der Gesundheitsversorgung der Bevölkerung bewältigen. Um den Zugang zum Gesundheitswesen aufrechtzuerhalten und eine flächendeckende Gesundheitsversorgung in der Ukraine zu verwirklichen, muss die Regierung die Aufgaben und Funktionen der privaten Leistungsanbieter innerhalb des nationalen Gesundheitssystems regulieren.
Es gehört zu den Kernaufgaben von Regierungen, die Rolle des Privatsektors bei der Förderung der Ziele einer allgemeinen Gesundheitsversorgung zu definieren und hierfür einen politischen Rahmen zu schaffen. Zu diesem Zweck werden in einem neuen Bericht der WHO mit dem Titel „Private Leistungsanbieter in der Ukraine: aktuelle Herausforderungen, künftige Stoßrichtungen“ vier zentrale Handlungsfelder (Gesetze und Vorschriften, Beschaffungsmechanismen, Information und Aufklärung sowie Einbeziehung maßgeblicher Interessengruppen) genannt und Empfehlungen ausgesprochen, wie die Regierung die privaten Leistungsanbieter in das Gesundheitssystem einbinden könnte.
„Wir können sehen, wie private Leistungsanbieter ihre Tätigkeit in der Praxis ausdehnen und wie dieser Sektor zum Gesundheitswesen in der Ukraine beiträgt. Vor diesem Hintergrund kommt es entscheidend darauf an, die ukrainische Regierung bei der Änderung von Gesetzen und Vorschriften, bei der Stärkung der Datenerfassung und bei der Zusammenarbeit mit maßgeblichen Interessengruppen zu unterstützen, um diese neuen privaten Leistungsanbieter mit ihren Zielen und Strategien zu regulieren“, erklärte Dr. Jarno Habicht, Repräsentant der WHO in der Ukraine.
Der Bericht wurde rechtzeitig zur Wiederaufbaukonferenz für die Ukraine präsentiert, die am 21. und 22. Juni in London stattfand und auf der die sich verändernde Rolle der Privatwirtschaft beim Wiederaufbau der Ukraine hervorgehoben wurde. Ein besonderer Schwerpunkt bestand in der Schließung von Lücken im Gesundheitswesen in Gebieten, in denen wichtige Gesundheitseinrichtungen infolge des Einmarsches der Russischen Föderation im Jahr 2022 schwer beschädigt oder zerstört wurden. Da die Einbindung der Privatwirtschaft als integraler Bestandteil des Gesundheitssystems ein Element der Gesundheitsstrategie 2030 ist, bedarf es eines soliden Rechtsrahmens, der auf einem umfassenden Verständnis der Herausforderungen und Chancen beruht.
Bewältigung der Herausforderungen
Die in dem neuen Bericht behandelten Grundsatzüberlegungen basieren auf einer Datenanalyse, auf persönlichen Besuchen bei und Gesprächen mit privaten Leistungsanbietern mit unterschiedlichem rechtlichem Status, auf einer rechtlichen Beratung durch Experten sowie auf 42 Gesprächen mit Schlüsselinformanten, u. a. mit staatlichen Behörden, privatwirtschaftlichen Verbänden, Patientenverbänden und internationalen Organisationen. Insgesamt gesehen geht aus dem Bericht hervor, dass die Mehrheit der privaten Leistungsanbieter außerhalb staatlicher Vertragsmodalitäten agieren, sodass die wichtigsten Möglichkeiten staatlicher Einflussnahme ordnungspolitischer Natur sind, insbesondere durch Zulassung. Durch eine stärkere Regulierung würde die Regierung die Sicherheit, Angemessenheit und Wirksamkeit der Versorgung erhöhen und den Verbraucherschutz verbessern.
Die Empfehlung der WHO, private Leistungsanbieter in die nationalen Gesundheitsinformationssysteme einzubeziehen, wurde bereits im April 2023 ausgesprochen, da alle privaten Leistungsanbieter sich in dem System für e-Gesundheit registrieren müssen, um einen Datenaustausch mit dem zentralen Gesundheitsinformationssystem zu ermöglichen. Doch in der Praxis ist die tatsächliche Zahl der Registrierungen nur ein kleiner Bruchteil der im Bereich der privaten Leistungsanbieter tätigen Akteure, und es sind weitere Schritte und Vollzugsmaßnahmen erforderlich, um in diesem Bereich Fortschritte zu erzielen. Schließlich empfiehlt die WHO nachdrücklich eine ressortübergreifende Zusammenarbeit zur Aufrechterhaltung des Dialogs, des Wissensaustauschs und der Entscheidungsprozesse über private Leistungsanbieter und ihre Rolle beim Wiederaufbau nach dem Krieg.
Insgesamt werden in dem Bericht vier Handlungsfelder vorgeschlagen, die der Verbesserung des Umfelds für private Leistungsanbieter im Sinne einer effektiven Arbeit und eines Beitrags zum Wiederaufbau nach dem Krieg dienen:
- Stärkung des Regulierungsrahmens;
- Stärkung der vertraglichen Vereinbarungen durch das nationale Gesundheitswesen der Ukraine;
- Beschleunigung der Verzahnung des nationalen Gesundheitsinformationssystems;
- Ermöglichung einer Beteiligung der maßgeblichen Akteure an politischen Entscheidungsprozessen.