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Pflegekraft Lela Beradze verabreicht einer Gesundheitsfachkraft in Tiflis eine Grippeimpfung.
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Gesundheitsfachkräfte in der Botchorishvili-Klinik in Tiflis.
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Lela Beradze bei der Visite auf der Station.
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Pflegekraft Eliso Matcharashvili lässt sich gegen die Grippe impfen.
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In Georgien bereiten sich Gesundheitsfachkräfte angesichts eines befürchteten Anstiegs von COVID-19- und Influenza-Fällen auf einen arbeitsreichen Winter vor

Gegen Grippe geimpfte Gesundheitsfachkräfte lassen sich häufiger gegen COVID-19 impfen, stellt eine Studie von WHO/Europa und dem georgischen Nationalen Zentrum für Krankheitsbekämpfung und öffentliche Gesundheit (NCDC) fest

21 November 2022
Pressemitteilung
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„Tut es weh?“, fragt Lela Beradze, während sie einer Gesundheitsfachkraft in der Botchorishvili-Klinik, einem großen Krankenhaus in Tiflis (Georgien), eine Grippeimpfung verabreicht. Lela ist Oberschwester in der Notaufnahme der Klinik und arbeitet seit 35 Jahren als Pflegekraft. Sie verfügt über umfangreiches Wissen zu Impfstoffen. 

Sie erklärt, dass der Grippeimpfstoff wirksam vor dem Virus schützt, und fügt hinzu, dass eine Verabreichung des Impfstoffs im Oktober oder November die größte Wirkung zeigt. „Influenza ist unter älteren Menschen weit verbreitet. Das Risiko eines Influenza-Ausbruchs ist [zu Beginn des Winters] hoch. Ein wichtiger Bestandteil, um dem entgegenzuwirken, ist die Grippeimpfung.“ 

Im Hinblick auf die COVID-19-Pandemie betont Lela, dass auch in dieser Hinsicht Impfungen eine wichtige Rolle spielen. „Ich habe mit eigenen Augen gesehen, dass Menschen, die geimpft waren, im Falle einer COVID-19-Infektion einen milderen Krankheitsverlauf hatten und schneller wieder gesund wurden. Nicht geimpfte Patienten litten unter schweren Formen von COVID-19 oder starben an der Krankheit.“ 

Auch wenn COVID-19 und Influenza durch sehr unterschiedliche Viren ausgelöst werden, weisen sie doch einige Gemeinsamkeiten auf. Bei beiden handelt es sich um Atemwegserkrankungen, die schwere Krankheiten hervorrufen oder sogar lebensbedrohlich sein können, insbesondere für ältere Menschen, Schwangere, Menschen mit Vorerkrankungen wie Herzerkrankungen oder Gesundheitsfachkräfte. 

Gesundheitsfachkräfte wie Lela sind aufgrund ihres Berufs äußerst anfällig für COVID-19- und Influenza-Infektionen. Sie laufen Gefahr, selbst zu erkranken und die Krankheiten an gefährdete Patienten zu übertragen. Da Gesundheitsfachkräfte eine primäre und vertrauenswürdige Informationsquelle darstellen, können sie, wenn sie sich positiv zu Impfungen äußern, dazu beitragen, dass auch ihre Patienten sich häufiger impfen lassen.

Nichtsdestotrotz fällt die Inanspruchnahme von COVID-19-Impfungen unter Gesundheitsfachkräften in der Europäischen Region der WHO, die 53 Länder in Europa und Zentralasien umfasst, sehr unterschiedlich aus. In einigen Ländern mit mittlerem Volkseinkommen im Osten der Region, u. a. etwa in Georgien, sind die Impfraten besonders niedrig.

Auch wenn ein Mangel an verfügbaren COVID-19-Impfstoffen sowie andere Faktoren zu dieser geringen Inanspruchnahme beigetragen haben, stellt die Impfskepsis unter Gesundheitsfachkräften nach wie vor eine große Herausforderung dar. 

Den jüngsten Daten des georgischen NCDC zufolge liegt die Inanspruchnahme der ersten Runde der COVID 19-Impfungen (2 Dosen) beim Gesundheitspersonal im Land bei 60–80%. Die Impfrate für die zusätzliche Auffrischungsdosis liegt WHO/Europa zufolge in dieser Risikogruppe jedoch nur bei 18%. Die Inanspruchnahme der Grippeimpfung lag den jüngsten Daten aus der Saison 2020/2021 zufolge bei 55%. 

Wer unter den Gesundheitsfachkräften in Georgien hat sich also eher gegen COVID-19 impfen lassen? Welche Faktoren haben ihre Entscheidung für oder gegen eine COVID-19-Impfung beeinflusst? Und hat es einen Unterschied gemacht, ob sie sich zuvor gegen die Grippe haben impfen lassen?

Dies sind einige der Fragen, die eine von WHO/Europa und dem georgischen NCDC durchgeführte Studie, die in diesem Jahr veröffentlicht wird, bemüht war zu beantworten.

Inanspruchnahme von COVID-19-Impfungen unter Gesundheitsfachkräften

Die zwischen März und Juli 2021 durchgeführte Studie beurteilte die Faktoren, die unter über 1500 Gesundheitsfachkräften in sechs großen Krankenhäusern in Tiflis und Batumi zu einer frühzeitigen Inanspruchnahme von COVID-19-Impfungen führten, darunter auch Lela und viele ihrer Kollegen.

Die Studie stellte fest, dass in diesem Zeitraum 17% der Studienteilnehmer eine Dosis des COVID-19-Impfstoffs erhalten hatten. Zu jenen, die eher geneigt waren, sich impfen zu lassen, zählten ältere Gesundheitsfachkräfte, insbesondere jene im Alter zwischen 50 und 59 Jahren, Gesundheitsfachkräfte, die der Ansicht waren, dass die Impfstoffe eher „eine gewisse Wirksamkeit aufweisen“ oder „sehr wirksam sind“ als „nicht wirksam“, sowie Gesundheitsfachkräfte, die sich in der Vergangenheit gegen die Influenza hatten impfen lassen. 

Tatsächlich ließen sich Gesundheitsfachkräfte, die sich in der Vergangenheit gegen die Influenza hatten impfen lassen, dreimal häufiger gegen COVID-19 impfen.

Darüber fand die Studie heraus, dass im Vergleich zu Ärzten andere Kategorien von Gesundheitsfachkräften – u. a. Pflegekräfte und Hebammen, Verwaltungspersonal und anderes Hilfspersonal – seltener eine COVID 19-Impfung erhalten hatten. 

„Diese Studie kann eine wichtige Rolle bei der Gestaltung wirkungsvollerer Impfkampagnen spielen. Wenn wir die Inanspruchnahme von COVID-19-Impfungen unter Gesundheitsfachkräften verbessern wollen, ist es entscheidend, die Gründe für die geringe Inanspruchnahme von Impfstoffen in dieser wichtigen Bevölkerungsgruppe zu verstehen“, bemerkt Silviu Domente, WHO-Repräsentant und Leiter des WHO Länderbüros in Georgien.

„Wenn wir Kommunikationsmaterial zu Impfkampagnen gegen COVID-19 gezielter auf jüngere Gesundheitsfachkräfte und insbesondere Nichtmediziner ausrichten und dabei nach wie vor verstärkt auf die Vorteile der COVID-19-Impfstoffe hinweisen, könnte das dazu beitragen, die Impfraten unter georgischen Gesundheitsfachkräften weiter zu erhöhen“, fügt er hinzu.

Richard Pebody, Leiter des Teams für hochansteckende Erreger bei WHO/Europa und Koordinator der Studie, erläutert: „Unsere Ergebnisse deuten darauf hin, dass ein wirkungsvolles Impfprogramm für Gesundheitsfachkräfte gegen die jährliche saisonale Grippe dazu beitragen kann, die Inanspruchnahme von COVID-19-Impfungen zu verbessern und zudem die Bereitschaftsplanung für die nächste Pandemie zu stärken, sodass gewährleistet wird, dass Gesundheitsfachkräfte sich auch im Falle einer künftigen Pandemie, die nicht von der Influenza oder von COVID-19 ausgelöst wird, impfen lassen.“ 

Angesichts der Tatsache, dass sich knapp über die Hälfte des georgischen Gesundheitspersonals gegen Influenza haben impfen lassen und dass die COVID-19-Impfrate in dieser Gruppe relativ niedrig sind, bedarf es zusätzlicher Anstrengungen, um die Entscheidungen von Gesundheitsfachkräften im Hinblick auf Impfungen besser zu verstehen und ihnen die Wirksamkeit und Sicherheit der Impfstoffe besser zu vermitteln.

Im Oktober 2022 hatten nur 30% der georgischen Bevölkerung sämtliche COVID-19-Impfrunden abgeschlossen, 32% hatten sich mindestens einmal gegen COVID-19 impfen lassen. 

Impfungen gegen COVID-19 und Influenza – in diesem Herbst und Winter von entscheidender Bedeutung

In der Klinik dreht Lela ihre Runden auf der Station. Sie prüft, dass alles reibungslos abläuft, und stellt sicher, dass ihre Patienten die Aufmerksamkeit und Versorgung erhalten, die sie brauchen. Sie strahlt dabei eine ruhige Autorität und Professionalität aus.

Heute ist die Station relativ ruhig – eine willkommene Abwechslung im Vergleich zum letzten Jahr als Krankenhauseinweisungen infolge von COVID-19 unter Nichtgeimpften fast 20% erreichten. Doch angesichts erneut steigender COVID-19-Fallzahlen in mehreren Ländern in der Region und einem frühzeitigen Anstieg der Influenza-Fallzahlen sind Impfungen gegen diese beiden Krankheiten in gefährdeten Bevölkerungsgruppen auch in diesem Herbst und Winter nach wie vor von entscheidender Bedeutung. 

„Die Pandemie hat uns gezeigt, welch wichtige Rolle Impfungen für unsere Gesundheit spielen. Sich impfen zu lassen, bedeutet nicht nur, sich selbst zu schützen – es bedeutet auch, andere Menschen um einen herum zu schützen“, erklärt Lela. 

Eine Kollegin von Lela, die 41-jährige Pflegekraft Eliso Matcharashvili, hat sich gerade gegen die Grippe impfen lassen. „Jeden Herbst sehe ich dem Eintreffen der Influenza-Impfstoffe entgegen, damit ich mich impfen lassen und mich selbst sowie meine Patienten schützen kann“, erklärt sie. „Der Impfstoff bietet sämtlichen Gesundheitsfachkräften einen hohen Schutz, und insbesondere für jene, die in großen Krankenhäusern arbeiten, wie ich.“ 

Die Empfehlung von WHO/Europa ist eindeutig: Es besteht die dringende Notwendigkeit, die Gesundheit der Menschen, insbesondere der am stärksten gefährdeten Gruppen, mit allen verfügbaren Mitteln zu schützen, u. a. durch Impfungen. Darüber hinaus ist es wichtig, dass die Menschen weiterhin persönliche Schutzmaßnahmen ergreifen, wie etwa regelmäßiges Händewaschen, Sich-Fernhalten von Menschen mit einer Atemwegserkrankung, und das Tragen gut sitzender Atemschutzmasken, insbesondere in überfüllten geschlossenen Räumlichkeiten mit unzureichender Belüftung.