London, 22. April 2024
WHO/Europa hat heute gemeinsam mit der Behörde für Gesundheitssicherheit des Vereinigten Königreichs (UKHSA) das Paneuropäische Netzwerk für Krankheitsbekämpfung (NDC) gestartet. Das Netzwerk wird bei der UKHSA angesiedelt, und den Vorsitz über den Lenkungsausschuss wird zunächst die geschäftsführende Direktorin der UKHSA, Dame Jenny Harries, übernehmen.
Als ein Netzwerk von Gesundheitssicherheitsnetzwerken besteht die Aufgabe des NDC darin, die Bereitschaftsplanung der Europäischen Region der WHO, die 53 Länder in Europa und Zentralasien umfasst, zu stärken, indem es proaktiv potenzielle Risiken identifiziert und entschärft, bevor sie zu regionsweiten oder globalen Bedrohungen eskalieren. Das NDC wird:
- eine entscheidende Rolle für die Sicherheit der Menschen spielen, indem es die Zusammenarbeit und den Wissensaustausch zwischen Staaten, Gesundheitsbehörden, Hochschulen und der Zivilgesellschaft erleichtert;
- gemeinsame Standards vorantreiben, um einen einheitlichen Ansatz für das Krankheitsmanagement in ganz Europa und Zentralasien zu fördern;
- bestehende von WHO/Europa und dem Europäischen Zentrum für die Prävention und die Kontrolle von Krankheiten eingerichtete Netzwerke nutzen, um Möglichkeiten für fachliche Zusammenarbeit und Forschung zu schaffen;
- die Entwicklung innovativer Ansätze fördern, indem es den Austausch von Fallstudien, Fachwissen, bewährten Praktiken und Ressourcen erleichtert, um so die Mitglieder des NDC und die Mitgliedstaaten in der Europäischen Region der WHO bei der Entwicklung neuer Fähigkeiten und Partnerschaften zu unterstützen; und
- die interdisziplinäre Koordination zwischen den Bereichen Human- und Tiermedizin sowie Umwelt auf nationaler, regionsweiter und globaler Ebene verbessern und dabei einen einheitlichen Gesundheitsansatz (One Health) für die Krankheitsbekämpfung verfolgen.
„Europa und die Welt waren nicht auf COVID-19 vorbereitet, trotz wiederholter Warnungen von Wissenschaftlern, dass eine globale Pandemie früher oder später ausbrechen würde“, erklärte Dr. Hans Henri P. Kluge, WHO-Regionaldirektor für Europa.
„Die Pandemie hat die Schwachstellen in unserer regionsweiten und globalen Gesundheitsarchitektur offengelegt. Überstürzte, wissenschaftlich nicht fundierte Reaktionen führten zu Grenzschließungen, dem Horten von Impfstoffen und einem unzureichenden Austausch von Gesundheitsdaten. Unsere politischen und gesundheitlichen Systeme waren für eine Pandemie dieses Ausmaßes und dieser Schwere einfach nicht gerüstet. Die nächste Pandemie oder die nächste globale gesundheitliche Notlage könnte noch schlimmer sein, deshalb müssen wir jetzt dafür vorsorgen.“
Eine der wichtigsten Empfehlungen einer unabhängigen Kommission unter dem Vorsitz des ehemaligen italienischen Ministerpräsidenten Mario Monti, die sich 2021 mit den Lehren aus der Pandemie befasste, war die Einrichtung eines Paneuropäischen Netzwerkes für die Krankheitsbekämpfung. Grund dafür ist die Größe der Region, die sich vom Atlantik bis zum Pazifik erstreckt. Die Koordination und der Austausch von Informationen in dieser vielfältigen Region stellen eine Reihe von Herausforderungen dar, die durch die COVID-19-Pandemie noch verschärft wurden.
„Im Kern stellt das NDC, wie von der Monti-Kommission vorgesehen, eine kühne Vision für die Zukunft dar – eine Zukunft, in der Daten fließen, Wissen ausgetauscht wird und Ressourcen effektiv mobilisiert werden“, fuhr Dr. Kluge fort. „Es ist eine Plattform, die Grenzen überschreitet und Gräben überbrückt, die in der Vergangenheit unsere Fähigkeit behindert haben, schnell und entschlossen auf Gesundheitsgefahren zu reagieren.“
Dame Jenny Harries hob hervor: „Krankheitserreger machen vor Grenzen keinen Halt. COVID-19 hat deutlich gemacht, dass diese Bedrohungen nicht auf bestimmte Gebiete beschränkt sind – sie sind global und erfordern daher auch eine globale Reaktion. Die Zusammenarbeit zwischen den Ländern ist daher der Schlüssel zum Schutz der Gesundheit der Menschen, unabhängig von Nationalität und Standort.“
Sie fügte hinzu: „Das Spektrum der Bedrohungen für die Gesundheitssicherheit, mit denen wir als globale Gemeinschaft konfrontiert sind, ist groß, vielfältig und wächst. Infektionskrankheiten wie Mpox und COVID-19, antimikrobielle Resistenzen, neu auftretende zoonotische Erreger wie Zika und Dengue, lebensmittelbedingte Erkrankungen sowie umweltbedingte, chemische und radiologische Gefahren stellen uns bereits vor große gesundheitliche Herausforderungen. Wenn wir sie wirksam bekämpfen wollen, müssen wir zusammenarbeiten.“
Das NDC wird inklusiver sein als frühere Netzwerke für die Krankheitsbekämpfung, da es sowohl Länder der Europäischen Union (EU) als auch Nicht-EU-Länder einbezieht und multilaterale Gremien aus der EU, den Vereinten Nationen und Zentralasien zusammenbringt.
„Es ist eine große persönliche und berufliche Ehre, dass man mich gebeten hat, in der Anfangsphase des neu gegründeten NDC den Vorsitz über den Lenkungsausschuss zu übernehmen“, schloss Dame Jenny Harries. „Die UKHSA hat die Kooperation und Zusammenarbeit über internationale Grenzen hinweg zu einer wichtigen Priorität gemacht. Wir haben Partnerschaften mit staatlichen, wissenschaftlichen und privatwirtschaftlichen Organisationen auf der ganzen Welt aufgebaut, um Daten, Fachwissen und Erkenntnisse auszutauschen, Kapazitäten auf- und auszubauen und im Bereich der Forschung zusammenzuarbeiten, um die Welt in die Lage zu versetzen, wirksam auf die Gesundheitsgefahren zu reagieren, mit denen wir konfrontiert sind. Zu Beginn den Vorsitz über das NDC zu führen, ist ein weiteres Beispiel für das Engagement Großbritanniens für die regionsweite und globale Gesundheitssicherheit.“
Dr. Kluge schloss mit der Betonung: „Diese erste Tagung des Netzwerkes findet in einem entscheidenden Moment der Geschichte statt. Die Herausforderungen, denen wir uns gegenüber sehen, sind in ihrem Ausmaß und ihrer Komplexität beispiellos, von der anhaltenden Bedrohung durch Infektionskrankheiten bis hin zum Schrecken des Klimawandels und der geopolitischen Instabilität. Angesichts dieser beunruhigenden Herausforderungen verkörpert die Schaffung eines Paneuropäischen NDC unser unerschütterliches Engagement, stärkere Bande der Zusammenarbeit und der Solidarität zu knüpfen, um Infektionskrankheiten und gesundheitlichen Notlagen zu begegnen. Sie ist ein Beweis für unsere gemeinsame Entschlossenheit.“