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Gesundheitspolitische Maßnahmen zur Bekämpfung chronischer Krankheiten können innerhalb von fünf Jahren Früchte tragen

24 March 2025
Medienmitteilung
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Mit nur 25 Maßnahmen zum Schutz der öffentlichen Gesundheit kann die Gesundheit der Bevölkerung innerhalb einer einzigen Legislaturperiode verbessert werden  

Kopenhagen, 24. März 2025

25 Konzepte und konkrete Gesundheitsinterventionen können in relativ kurzer Zeit einzeln bzw. in Kombination zur Senkung der überwältigenden Belastung durch chronische Krankheiten in der Europäischen Region der WHO beitragen. 

In einem neuen Artikel, der von Experten für nichtübertragbare Krankheiten bei WHO/Europa in The Lancet Regional Health – Europe veröffentlicht wurde, wird erstmals im Detail analysiert, wie bestimmte Maßnahmen zum Schutz der öffentlichen Gesundheit – schnelle Erfolgsrezepte (sog. „quick buys“) – innerhalb von nur fünf Jahren positive Auswirkungen auf die Bevölkerungsgesundheit in Europa und Zentralasien haben können. 

Dies zeigt deutlich, wie Politiker und andere Entscheidungsträger innerhalb einer einzigen Legislaturperiode messbare Ergebnisse bei der Bekämpfung nichtübertragbarer Krankheiten erzielen können. 

Nichtübertragbare Krankheiten sind weltweit die häufigsten Ursache von Tod und Behinderung. In der Europäischen Region sind sie für 90 % aller Todesfälle und 85 % der Behinderungen, einschließlich psychischer Erkrankungen, verantwortlich. [1] Ein erheblicher Anteil der durch nichtübertragbare Krankheiten bedingten Todesfälle tritt vorzeitig (vor dem 70. Lebensjahr) ein. 

Nach Schätzungen sind 60 % aller vermeidbaren Todesfälle infolge nichtübertragbarer Krankheiten auf vermeidbare Ursachen zurückzuführen und könnten durch eine Verringerung von Alkohol- und Tabakkonsum, ungesunder Ernährung und Bewegungsmangel bekämpft werden. Die verbleibenden 40 % können mit geeigneten Therapien behandelt werden, z. B. mit einer schnellen Reaktion auf Herzinfarkte oder Schlaganfälle.

„Ich werde von den Mitgliedstaaten und den Gesundheitspartnern in unserer Region immer wieder gefragt: Was können wir tun, um die Schäden, die in unseren Ländern durch nichtübertragbare Krankheiten wie Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Krebs verursacht werden, auf möglichst kosteneffektive Weise zu verringern“, sagte Dr. Hans Henri P. Kluge, WHO-Regionaldirektor für Europa. 

„Dank unserer neuen Forschungsergebnisse können wir nun auf diese schnellen Erfolgsrezepte verweisen, die zeitnah messbaren Nutzen für die öffentliche Gesundheit bringen können, wenn der politische Wille vorhanden ist, sie einzuführen und optimal umzusetzen. Diese Maßnahmen können den Regierungen dabei helfen, ihre gesundheitspolitischen Verpflichtungen, und insbesondere die wichtigsten Zielvorgaben aus der Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung, zu erfüllen, ihre Volkswirtschaften zu stärken und sicherzustellen, dass die Menschen in unserer rapide alternden Europäischen Region mit ihrer längeren Lebenserwartung auch ein gesundes Leben ohne Krankheit und Behinderung führen können.“   

Schnelle Erfolgsrezepte

Die WHO hat bereits die vielversprechendsten Maßnahmen zur Bekämpfung nichtübertragbarer Krankheiten ermittelt – bewährte, kosteneffektive Maßnahmen. Jetzt kann sie zeigen, welche dieser Maßnahmen nachweislich am schnellsten Ergebnisse liefern. Zu den 25 schnellen Erfolgsrezepten gehören Maßnahmen, die auf die wichtigsten Risikofaktoren (Tabak- und Alkoholkonsum, ungesunde Ernährung und Bewegungsmangel) und Krankheitsgruppen (Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Diabetes, chronische Atemwegserkrankungen und Krebs) abzielen. 

Dies sind u. a. Interventionen wie die Erhöhung der Verbrauchssteuern auf Tabak, Alkohol und ungesunde Lebensmittel, die Reformulierung von Lebensmitteln und Getränken auf einen geringeren Salz-, Zucker- und Fettgehalt, die Einführung von Nährwertangaben auf der Vorderseite von Verpackungen, die pharmakologische Behandlung von Bluthochdruck und akuten kardiovaskulären Ereignissen sowie die Impfung gegen humane Papillomaviren (HPV) und Gebärmutterhalskrebs-Screenings.

Höchste Zeit zum Handeln

Die Studie kommt gerade zur rechten Zeit. Im September 2025 werden die Vereinten Nationen ihre vierte Tagung auf hoher Ebene über nichtübertragbare Krankheiten abhalten, auf der die Fortschritte der Länder bei der Erreichung der globalen Zielvorgaben für nichtübertragbare Krankheiten auf dem Prüfstand stehen werden. Zwar wurden in den Ländern der Europäischen Region nachweislich Fortschritte bei der Erfüllung bestimmter Ziele erreicht, doch ist die Region insgesamt nicht auf Kurs, um ihre Verpflichtungen zu erfüllen. 

„Die Zeit läuft“, betonte Dr. Gauden Galea, Hauptautor der Studie und Strategischer Berater des Regionaldirektors für nichtübertragbare Krankheiten. „Wir hoffen, dass diese neue Studie deutliche Wirkung entfalten und dazu beitragen wird, in unserer Region Krankheit zu lindern und unnötige Todesfälle aufgrund von Krebs, Herz-Kreislauf- und Atemwegserkrankungen sowie Diabetes zu verhindern. Ohne die rasche Verbreitung dieser bewährten Interventionen wird die Hälfte aller Länder weltweit das Nachhaltigkeitsziel, die vorzeitige Sterblichkeit aufgrund nichtübertragbarer Krankheiten um ein Drittel zu senken, verfehlen.“

Hindernisse und Chancen

Die Autoren der Studie betonen zwar, wie wichtig es ist, alle kosteneffektiven Interventionen umzusetzen, um die enorme gesundheitliche und wirtschaftliche Belastung durch chronische Krankheiten wirksam zu senken, erkennen aber auch die sehr realen politischen Herausforderungen an, mit denen Gesundheitsministerien und andere politische Entscheidungsträger in ihrem Bestreben konfrontiert sind, die öffentliche Gesundheit innerhalb eines engen Zeitrahmens zu schützen und zu verbessern. 

Allison Ekberg, Fachreferentin für nichtübertragbare Krankheiten bei WHO/Europa und Mitautorin der Studie, erklärte: „Wir wissen um die politische Dringlichkeit, greifbare Ergebnisse zu liefern. Durch die Einbeziehung der zeitlichen Dimension unterstreicht unsere Studie, dass Entscheidungsträger, die solche Maßnahmen einführen, oft schon nach einem Jahr messbaren Nutzen für die öffentliche Gesundheit vorweisen können – eine einzigartige Gelegenheit.“ 

Vorzeitige und vermeidbare nichtübertragbare Krankheiten stellen aufgrund von Produktivitätsverlusten eine große finanzielle Belastung für ein Land dar. Die Erkenntnisse von WHO/Europa geben politischen Entscheidungsträgern Orientierungshilfe, wenn diese sich für Maßnahmen entscheiden, die einen raschen Nutzen für die öffentliche Gesundheit und die Wirtschaft bringen können und für kurzfristige politische Zyklen ausgelegt sind. Sie zeigen auch Wege auf, wie die Länder die Fortschritte bei der Verwirklichung der globalen gesundheitsbezogenen Nachhaltigkeitsziele, zu denen sie sich verpflichtet haben, rasch beschleunigen können.

Vermeidbare Todesfälle

„Die hohe Zahl der vorzeitigen und vermeidbaren Todesfälle aufgrund nichtübertragbarer Krankheiten in unserer Region ist weder normal noch hinnehmbar“, betonte Dr. Galea. „Wir können diese Krankheiten zwar nicht völlig eliminieren, aber ein erheblicher Teil der Krankheitslast und des menschlichen Leids kann durch Umsetzung dieser Maßnahmen vermieden werden.“

Er fügte hinzu: „Wir sind uns dessen bewusst, dass Branchen, die vom Verkauf gesundheitsschädlicher Produkte profitieren, die Umsetzung dieser lebensrettenden Interventionen behindern könnten. Deshalb brauchen diese schnellen Erfolgsrezepte die aktive Unterstützung der Öffentlichkeit und der Politik, damit sie eingeführt und wirksam durchgesetzt werden können.“

Dr. Kluge erklärte abschließend: „Letztlich ist Gesundheit eine politische Entscheidung. Wir hoffen, dass unsere Studie mit ihren eindeutigen Ergebnissen Regierungen und andere Entscheidungsträger in die Lage versetzt, die notwendigen mutigen Schritte zu unternehmen, um diese verheerenden nichtübertragbaren Krankheiten wirksamer zu verhindern bzw. zu bekämpfen – zum Nutzen kommender Generationen.“

[1] Diese Daten stammen von 2019, also vor der COVID-19-Pandemie. Auf dem Höhepunkt der COVID-19-Pandemie im Jahr 2021 entfielen auf die vier häufigsten nichtübertragbaren Krankheiten 74 % aller Todesfälle und 95 % der Behinderungen.

Nehmen Sie an dem Webinar teil

Ein öffentliches Webinar zu den schnellen Erfolgsrezepten findet am 24. März 2025 von 11.00 bis 12.30 Uhr MEZ statt. Sie können sich über nachstehenden Link registrieren.