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Nach sechs Monaten Krieg bereitet sich das lebensrettende Gesundheitssystem der Ukraine auf einen harten Winter vor

Gesundheitsbehörden und WHO erarbeiten Strategien, wie sich die wichtigsten gesundheitlichen Bedürfnisse künftig am besten unterstützen lassen

24 August 2022
Medienmitteilung
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Nach sechs Monaten Krieg in der Ukraine zieht das stark getroffene, aber weiterhin widerstandsfähige Gesundheitssystem des Landes Bilanz über die Lehren aus der Bereitstellung einer lebensrettenden Versorgung mit Unterstützung der WHO und ihrer Partnerorganisationen, während es sich gleichzeitig auf den bevorstehenden harten Winter vorbereitet. 

„Sechs Monate Krieg hatten verheerende Auswirkungen auf die Gesundheit und das Leben der ukrainischen Bevölkerung, doch trotz zahlreicher Herausforderungen hat es das Gesundheitssystem geschafft, zu überleben und eine Gesundheitsversorgung bereitzustellen, wann immer und wo immer sie am dringendsten gebraucht wird“, erklärte Dr. Tedros Adhanom Ghebreyesus, WHO-Generaldirektor. „Obwohl schwer gebeutelt, ist das Gesundheitssystem nicht kollabiert. Die WHO unterstützt auch weiterhin das Gesundheitsministerium der Ukraine, um die unterbrochenen Angebote wiederherzustellen, vertriebenes Gesundheitspersonal zurückzuholen oder zu ersetzen und die zerstörte Infrastruktur wiederaufzubauen. All dies ist nicht nur für die Gesundheit der ukrainischen Bevölkerung, sondern auch für die Widerstandsfähigkeit und den Wiederaufbau des Landes von entscheidender Bedeutung. Doch kein System kann unter den Strapazen des Krieges für die optimale Gesundheit der Bevölkerung sorgen. Daher fordern wir nach wie vor die Russische Föderation nachdrücklich dazu auf, diesen Krieg zu beenden.“ 

Die WHO hat geholfen, in enger Koordination mit dem Gesundheitsministerium und anderen Partnern über 1300 metrische Tonnen wichtiger medizinischer Hilfsgüter zu liefern. Und weitere Güter sind bereits auf dem Weg ins Land. Diese Lieferungen umfassten Stromgeneratoren, Krankenwagen und Sauerstoffvorräte für medizinische Einrichtungen, Versorgungsgüter für die notfallmedizinische und traumatologische Chirurgie sowie Arzneimittel zur Behandlung nichtübertragbarer Krankheiten. 
Doch die Angriffe auf das Gesundheitssystem werden unvermindert fortgesetzt, mit bislang 473 von der WHO bestätigten Angriffen, die im vergangenen halben Jahr verzeichnet wurden und die mindestens 98 Tote und 134 Verletzte zur Folge hatten. 
„Ich habe dies bereits zuvor gesagt und werde es immer wieder sagen: Angriffe auf das Gesundheitswesen sind skrupellos“, betonte Dr. Hans Henri P. Kluge, WHO-Regionaldirektor für Europa. „Sie stellen nicht nur einen Verstoß gegen das humanitäre Völkerrecht dar, sondern sie töten und verstümmeln zudem Zivilisten und Gesundheitspersonal und behindern auf das Schwerste bzw. verhindern die Bereitstellung von und den Zugang zu Gesundheitsleistungen für jene, die am dringendsten auf sie angewiesen sind. Inmitten des Schreckens des Krieges werden wir nach wie vor Zeugen heroischer Anstrengungen aufseiten der Gesundheitsfachkräfte – darunter viele, die ich die Ehre hatte persönlich zu treffen –, die trotz ihres persönlichen Leids ihrem Beruf alle Ehre machen.“

Bisher hat die WHO in diesem Jahr zur Schulung von über 9000 Gesundheitsfachkräften in einer Reihe von Bereichen wie Traumachirurgie, Massenanfall von Verletzten, Chemikalienbelastung, Epidemiologie und Labordiagnostik beigetragen. Auch die psychische Gesundheit ist ein wichtiger Schwerpunkt. Für Gesundheitsfachkräfte und die allgemeine Bevölkerung werden Schulungen zur Stressbewältigung bereitgestellt, wo sie lernen, wie man seine psychische Gesundheit angesichts des starken Anstiegs an kriegsbedingtem psychologischem Stress schützt. 

„Die WHO verstärkt gemeinsam mit dem Gesundheitsministerium ihre Anstrengungen, um zu gewährleisten, dass das Gesundheitspersonal mit den notwendigen Fähigkeiten ausgestattet ist, um angesichts des bevorstehenden Winters auf die zunehmenden Bedürfnisse einzugehen“, erklärte Dr. Jarno Habicht, Repräsentant der WHO in der Ukraine. „Wir verzeichnen bereits in vielen Bereichen erhebliche Herausforderungen und einen erheblichen Mangel sowie steigende Ungleichheiten beim Zugang zu Gesundheitsleistungen und anderen grundlegenden Bedürfnissen, was wie so oft die am stärksten gefährdeten Menschen – Frauen, Kinder und ältere Menschen – am stärksten trifft. Auch wenn wir bereits Vorbereitungen für eine Zeit treffen, wenn der Frieden wiederhergestellt ist, müssen wir unseren Fokus doch auch auf das Hier und Jetzt richten – die nächsten sechs Monate könnten das ukrainische Gesundheitssystem wie nie zuvor einem Belastungstest aussetzen.“

Höhepunkte der Unterstützung der Ukraine durch die WHO im Zeitraum zwischen Februar und August 2022:

  • Zusammenarbeit mit über 150 staatlichen und zivilgesellschaftlichen Partnern sowie Partnerorganisationen der Vereinten Nationen über die Schwerpunktgruppe Gesundheit für die Ukraine (Ukraine Health Cluster), einem humanitären Koordinationsmechanismus.
  • Lieferung von über 1300 metrischen Tonnen medizinischer Hilfsgüter.
  • Unterstützung bei der Koordination von über 80 medizinischen Notfallteams in der gesamten Ukraine, in Polen und in der Republik Moldau zur Bereitstellung von medizinischer Beratung, von Versorgungsgütern für die notfallmedizinische und traumatologische Chirurgie und für die Rehabilitation sowie zur Unterstützung medizinischer Evakuierungen.
  • Unterstützung des Gesundheitsministeriums der Ukraine bei der Einrichtung dreier Schaltzentralen für die Gesundheitsversorgung im Westen der Ukraine für die Bereitstellung von medizinischer Notfallversorgung und die Durchführung medizinischer Evakuierungen, die Gewährleistung einer sicheren Reise für Patienten aus dem Osten in den Westen des Landes – einschließlich Krebspatienten – für eine Behandlung außerhalb der Ukraine.
  • Schwerpunktlegung auf psychische Gesundheitsbedürfnisse von Gesundheitsfachkräften und Zivilbevölkerung. Seit Beginn des Krieges wurden über 12 000 psychosoziale Gesundheitsberatungen durchgeführt.
  • Schulung von über 9000 Gesundheitsfachkräften in einer Reihe von Bereichen wie Traumachirurgie, Massenanfall von Verletzten, Chemikalienbelastung, Epidemiologie und Labordiagnostik.
  • Hilfe bei der Verteilung von Arzneimitteln für nichtübertragbare Krankheiten in schwer erreichbaren Gebieten mit Fokus auf den am stärksten gefährdeten Patienten. Nichtübertragbare Krankheiten waren auch vor dem Krieg bereits die führende Ursache von Krankheit und Tod in der Ukraine.
  • Unterstützung bei der Fortsetzung von COVID-19-Impfungen und anderen Impfprogrammen, die angesichts des bevorstehenden Winters und eines zu erwartenden Anstiegs von Atemwegsinfektionen umso wichtiger sind.
  • Stärkung von Gesundheitsinformations- und Surveillance-Systemen für Notlagen, um eine evidenzbasierte gesundheitsbezogene Entscheidungsfindung zu ermöglichen, einschließlich wöchentlicher Lageberichte und aktuellen Informationen zu Surveillance, Angriffen auf das Gesundheitswesen und der Bereitstellung von Gesundheitsleistungen. 









 

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