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Psychische Belastung und Risikoverhalten nehmen bei israelischen Jugendlichen zu

26 July 2023
Pressemitteilung
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Immer mehr israelische Jugendliche haben täglich mit psychischen Belastungen zu kämpfen. Zwar experimentieren weniger mit Cannabis, aber Tabakkonsum und exzessives Trinken nehmen zu. Diese und andere Trends gehen aus der von WHO/Europa vor Kurzem veröffentlichten Studie über das Gesundheitsverhalten von Kindern im schulpflichtigen Alter (HBSC-Studie) hervor, die von der Bar-Ilan-Universität in Zusammenarbeit mit den israelischen Ministerien für Bildung und Gesundheit durchgeführt wurde. Zu den Ergebnissen der Studie gehört auch, dass die Nutzung sozialer Medien und die Bildschirmabhängigkeit zugenommen haben, was Auswirkungen auf das Wohlbefinden von Jugendlichen haben kann. 

Wie überall auf der Welt hat auch in Israel die COVID-19-Pandemie das Leben von Kindern und Jugendlichen durcheinandergebracht. Maßnahmen zur Bekämpfung der Ausbreitung des Virus, wie Schulschließungen, Lockdowns und Abstandsgebote, wirkten sich auf ihren Tagesablauf und ihr Wohlbefinden aus, da sie sich in einer neuen Normalität mit Beschränkungen und begrenzten sozialen Interaktionen zurechtfinden mussten. Die HBSC-Studie in Israel untersuchte Veränderungen in Bezug auf Risikoverhalten und psychische Gesundheit zwischen der Zeit vor der Pandemie (2019) und der Wiederaufnahme der schulischen und gesellschaftlichen Aktivitäten im Jahr 2022.    

Psychische Not 

2019 klagten 20 % der israelischen Jugendlichen über tägliche psychosomatische Symptome wie Niedergeschlagenheit, Nervosität oder Schlafprobleme. Dieser Anteil erhöhte sich auf etwa 30 % im Jahr 2022, was auf eine erhebliche Zunahme der psychischen Belastung nach der Pandemie hindeutet, die auch nach der Wiedereröffnung der Schulen anhielt. 

Die Jugendlichen gaben auch an, sich in der Schule nicht präsent und zugehörig oder unterstützt zu fühlen, was auf ihre Schwierigkeiten hinweist, sich nach einer so langen Zeit der Schließung und der sozialen Distanzierung wieder in der Schule zurechtzufinden. 

Cannabis-, Tabak- und Alkoholkonsum   

Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass die Zahl der Jugendlichen, die von Cannabiskonsum berichten, rückläufig ist: von 9,2 % 2019 auf 6,1 % im Jahr 2022. Während der Pandemie im Jahr 2021 gaben 9,0 % der Jugendlichen an, Cannabis zu konsumieren.  

Beim Tabakkonsum ist in den letzten 20 Jahren ein stetiger Rückgang des Zigarettenrauchens unter israelischen Jugendlichen zu verzeichnen: von 33,6 % im Jahr 1998 auf 10,7 % im Jahr 2019. Dieser Rückgang der Prävalenz setzte sich auch während des Lockdowns im Jahr 2021 fort und sank auf 7,5 %, doch unmittelbar nach Aufhebung der sozialen Einschränkungen und der Wiederaufnahme des schulischen und gesellschaftlichen Lebens im Jahr 2022 stieg sie wieder auf 9,2 %.  

Rauschtrinken – der Konsum von 5 oder mehr alkoholischen Getränken innerhalb weniger Stunden – ist ebenfalls ein wachsendes Problem unter Jugendlichen. Seit der Umsetzung des nationalen Programms zur Alkoholprävention in den Jahren 2010 bis 2014 ist das Rauschtrinken unter israelischen Jugendlichen kontinuierlich zurückgegangen: von 20,6 % im Jahr 2009 auf 7 % im Jahr 2019. Dieser Abwärtstrend setzte sich bis 2021 fort: Nur 5 % der Jugendlichen gaben an, exzessiv zu trinken, während die Maßnahmen zur sozialen Distanzierung noch in Kraft waren. Doch Daten aus dem Jahr 2022 zeigen, dass die Prävalenz des Rauschtrinkens seit Aufhebung der Beschränkungen auf 12,5 % gestiegen ist. 

Diese Ergebnisse deuten darauf hin, dass der Alkoholkonsum von Jugendlichen durch soziale Freizeitaktivitäten mit Gleichaltrigen bedingt ist und nicht unbedingt durch Alkoholabhängigkeit. Prof. Yossi Harel-Fisch, Direktor des internationalen Forschungsprogramms über Wohlbefinden und Gesundheit von Jugendlichen an der Bar-Ilan-Universität und Forschungsleiter im Rahmen der HBSC-Studie in Israel, erklärt: „Wir sind besorgt, da die beunruhigende Zunahme des Zigarettenrauchens und des Rauschtrinkens mit der Wiederaufnahme des Nachtlebens und dem Glauben verbunden zu sein scheint, dass die zwei Jahre sozialer Distanzierung nun durch den Konsum von Tabak und Alkohol als Teil der neuen Freizeitgestaltung ,kompensiert‘ werden können.“ 

Soziale Medien und Cyber-Mobbing  

„Unsere Ergebnisse deuten auch darauf hin, dass die auferlegten sozialen Beschränkungen viele Jugendliche dazu veranlasst haben, sich den sozialen Medien als Mittel der sozialen Bindung und der Unterhaltung zuzuwenden, was zu einem erheblichen Anstieg der psychischen Belastung und der problematischen Nutzung der sozialen Medien geführt hat“, sagt Prof. Harel-Fisch.   

Als „problematische Nutzung sozialer Medien“ – ein Indikator für Bildschirmsucht – wird eine umfangreiche Nutzung sozialer Medien in einem Ausmaß bezeichnet, das das tägliche Leben erheblich stört. Aus den Daten geht hervor, dass im Jahr 2022 15,3 % der Jugendlichen als problematische Nutzer sozialer Medien eingestuft wurden, während es 2019 nur 4,3 % waren.  

Trotz der Zunahme der Bildschirmsucht ging Cyber-Mobbing von 10,4 % im Jahr 2019 auf 7,6 % im Jahr 2022 zurück. Prof. Harel-Fisch fügt hinzu: „Dies könnte bedeuten, dass die Maßnahmen, die das Büro zum Schutz von Kindern im Internet seit seiner Gründung im Jahr 2018 ergriffen hat, nicht durch die verstärkte Präsenz im Internet während der Pandemie beeinträchtigt wurden und auch nach der Pandemie weiterhin Früchte tragen.“  

Die Ergebnisse der Studie wurden Regierungsstellen, Experten und Entscheidungsträgern vorgelegt und mit ihnen erörtert. Sie werden genutzt, um intensive, evidenzbasierte schulische Strategien zur Verbesserung des Wohlbefindens von Jugendlichen und zur Förderung gesunder Verhaltensweisen in Israel zu verwirklichen.