Die Europäische Region der WHO kommt einer Zukunft näher, in der Frauen nicht mehr an Gebärmutterhalskrebs sterben. Mit verstärkten Bemühungen um eine stärkere Impfung gegen humane Papillomaviren (HPV) sowie Vorsorgeuntersuchungen und Behandlung von Gebärmutterhalskrebs könnte diese Zukunft deutlich früher Wirklichkeit werden und in den kommenden Jahren das Leben vieler junger Frauen retten.
„Die Eliminierung von Gebärmutterhalskrebs ist kein ferner Traum mehr, sondern ein greifbares Ziel, das für die Europäische Region der WHO in Reichweite ist. Der Januar ist der Monat des Bewusstseins für Gebärmutterhalskrebs und bietet Gelegenheit, die unermüdlichen Anstrengungen und die bedeutenden Fortschritte bei der HPV-Impfung zu würdigen, dank derer der Weg zu einer Eliminierung klarer denn je ist.
Als Vater von zwei Töchtern bedeutet mir dieser Fortschritt sehr viel, da ich weiß, dass künftige Generationen von Frauen besser vor dieser vermeidbaren Krankheit geschützt werden können. Doch wir müssen schneller handeln. Wenn mehr Jugendliche geimpft und mehr Frauen untersucht werden, können wir in den kommenden Jahren viele Leben retten“, erklärt Dr. Hans Henri P. Kluge, WHO-Regionaldirektor für Europa.
Meilensteine und Impulse
- Jedes Jahr nehmen mehr Länder in der Region die HPV-Impfung in ihre Routineimpfprogramme auf. Nachdem auch Kasachstan die Impfung im Jahr 2024 in sein Impfprogramm aufgenommen hat, bieten nun 47 von 53 Ländern die HPV-Impfung für heranwachsende Mädchen an. Auch im Kosovo* wurde der Impfstoff 2024 eingeführt.
- Die Einbeziehung von Jungen in HPV-Impfprogramme erhöht die Wirkung, sowohl im Hinblick auf Gebärmutterhalskrebs bei Frauen dank Herdenimmunität als auch auf andere Krebsarten und Genitalwarzen bei Männern wie auch Frauen. Derzeit bieten 39 Länder in der Region die HPV-Impfung für Jungen und Mädchen an.
- Einige Länder haben eine hohe Durchimpfungsrate erreicht und aufrechterhalten, darunter Portugal, wo die Impfung 2008 eingeführt wurde und die Durchimpfungsrate mit mindestens einer Dosis bei Mädchen konstant über 90 % liegt.
Dieser Fortschritt hat Auswirkungen. Studien in mehreren Ländern der Europäischen Region mit hoher Durchimpfungsrate haben Folgendes ergeben:
- bis zu 90 % weniger Infektionen mit hochriskanten HPV-Typen (16 und 18) in den Altersgruppen, auf die die nationalen Impfprogramme abzielen;
- eine Verringerung des Risikos für Krebsvorstufen bei jungen Frauen um bis zu 70 % im Vergleich zu der Zeit vor Einführung des Impfstoffs;
- ein dramatischer Rückgang der Inzidenz von invasivem Gebärmutterhalskrebs bei jungen Frauen im Vergleich zu der Zeit vor Einführung der Impfung – in Studien, die in Finnland und im Vereinigten Königreich (Schottland) durchgeführt wurden, wurden beispielsweise keine Fälle von Gebärmutterhalskrebs bei jungen Frauen festgestellt, die im Alter von 12–13 Jahren gegen HPV geimpft wurden.
Leider liegt die Inanspruchnahme von Impfungen in einigen Ländern deutlich unterhalb der angestrebten Rate von 90 %. Im Jahr 2023 waren die HPV-Impfraten bei Jungen in der Region deutlich angestiegen, von nur 1 % im Jahr 2018 auf 16 %; die Durchimpfungsrate bei Mädchen hingegen stieg im gleichen Zeitraum nur leicht von 27 % auf 30 %.
„HPV-Impfungen sind unglaublich sicher und wirksam. Wir müssen rechtzeitig für Schutz sorgen, damit nicht noch mehr Frauen ihr Leben, ihre Gesundheit oder ihre Fruchtbarkeit durch eine vermeidbare Krebserkrankung verlieren“, fügt Dr. Kluge hinzu.
Prävention, Früherkennung und Behandlung
Die Auswirkungen der HPV-Impfung sind schrittweise erkennbar. In den ersten Jahren nach der flächendeckenden Einführung der HPV-Impfung verzeichnen die Länder einen Rückgang der HPV-Infektionsrate bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen. Danach geht die Rate der präkanzerösen Läsionen bei jungen Frauen zurück, die durch eine anhaltende HPV-Infektion verursacht werden.
In der Regel dauert es mehrere Jahre oder sogar Jahrzehnte, bis sich präkanzeröse Läsionen zu Gebärmutterhalskrebs entwickeln, so dass es ein oder mehrere Jahrzehnte dauern kann, bis die Auswirkungen der Impfung auf die Inzidenz von Gebärmutterhalskrebs sichtbar werden. Eine Impfung kann nicht 100 % der Fälle verhindern, so dass Vorsorgeuntersuchungen auf Gebärmutterhalskrebs für die Früherkennung aller Fälle, die sich noch entwickeln können, unerlässlich bleiben.
Durch Vorsorgeuntersuchungen können präkanzeröse Läsionen entdeckt werden, bevor sie sich zu Krebs entwickeln, so dass eine rechtzeitige Behandlung möglich ist und die Entstehung von Krebs verhindert werden kann. Den Daten für 2023 zufolge haben 37 der 53 Mitgliedstaaten in der Europäischen Region der WHO organisierte bevölkerungsbezogene Vorsorgeprogramme eingeführt. Allerdings erreichen nur 15 dieser Programme einen Deckungsgrad von 70 % oder mehr. Es ist von entscheidender Bedeutung, dass qualitativ hochwertige Vorsorgeprogramme für Gebärmutterhalskrebs Teil der Patientenversorgung, einschließlich der Diagnose und Behandlung, sind.
Eine anhaltende HPV-Infektion kann zu Gebärmutterhalskrebs führen, der ein ernsthaftes Problem für die öffentliche Gesundheit darstellt. Schätzungen der WHO zufolge erhalten in der Europäischen Region jedes Jahr rund 60 000 Frauen die Diagnose Gebärmutterhalskrebs, und über 32 000 sterben an dieser vermeidbaren Krankheit. Die WHO befürwortet einen umfassenden Ansatz für die Prävention, Früherkennung und Behandlung von Gebärmutterhalskrebs.
Impfstoffe zur Prävention hochriskanter HPV-Typen und zur Erzielung einer Kreuzimmunität gegen HPV-Typen, die nicht von den Impfstoffen abgedeckt werden, sind seit 2006 erhältlich. Seitdem wurden mehr als 500 Mio. Dosen HPV-Impfstoffe ausgegeben, und in Studien zur Sicherheit von HPV-Impfstoffen, an denen mehrere Millionen Menschen teilnahmen, wurde ein breites Spektrum gesundheitsbezogener Resultate untersucht. In keiner dieser Studien wurden Sicherheitsbedenken festgestellt.
Blick nach vorn
In dem „Fahrplan zur Beschleunigung der Eliminierung von Gebärmutterhalskrebs als Bedrohung für die öffentliche Gesundheit in der Europäischen Region der WHO (2022–2030)“ werden vorrangige Maßnahmen erläutert, die den Mitgliedstaaten bei der Erfüllung der von der Initiative für die Eliminierung von Gebärmutterhalskrebs festgelegten Zielvorgaben bis 2030 – der „90-70-90-Ziele“ – als Orientierungshilfe dienen können:
- 90 % der Mädchen sind bei Vollendung des 15. Lebensjahres vollständig gegen HPV geimpft.
- 70 % der Frauen haben sich vor Vollendung des 35. Lebensjahres und nochmals vor Vollendung des 45. Lebensjahres einer Vorsorgeuntersuchung mittels eines Hochleistungstests unterzogen;
- 90 % der Frauen mit Gebärmutterhalserkrankungen werden behandelt (90 % der Frauen mit Krebsvorstufen werden behandelt, und 90 % der Frauen mit invasiven Krebsformen werden versorgt).
In allen Ländern bedarf es verstärkter Anstrengungen, um Hindernisse für die HPV-Impfung, für Vorsorgeuntersuchungen auf Gebärmutterhalskrebs und für eine hochwertige Behandlung zu ermitteln und zu beseitigen. Wie im Fahrplan dargelegt, gehören dazu für die Impfung die Einleitung von Schritten für eine evidenzgeleitete Entscheidungsfindung über die Einführung des HPV-Impfstoffs (in Ländern ohne HPV-Impfprogramm), die Entwicklung von Strategien für Nachimpfungen, die Sicherstellung, dass Impfmaßnahmen auf die Bedürfnisse der Zielbevölkerung, einschließlich schwer erreichbarer Gruppen, zugeschnitten sind, sowie der Aufbau von Kompetenzen beim Gesundheitspersonal, wie man mit jungen Menschen und Eltern über die HPV-Impfung spricht.
* In Übereinstimmung mit Resolution 1244 (1999) des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen.