Kirgisistan hat sich ein ehrgeiziges Ziel gesetzt: die Reformierung des Gesundheitssystems zur Verbesserung des Zugangs zu Angeboten der primären Gesundheitsversorgung für die Bevölkerung. Eine neue Studie von WHO/Europa beleuchtet den aktuellen Status der Finanzierung der primären Gesundheitsversorgung im Land und bietet sechs konzeptionelle Vorschläge für die Stärkung der Finanzierung und die Förderung effizienterer öffentlicher Ausgaben in der primären Gesundheitsversorgung.
Erkenntnisse zeigen, dass die primäre Gesundheitsversorgung der wirksamste und kosteneffektivste Ansatz ist, um Gesundheitsleistungen für die Menschen bereitzustellen und eine allgemeine Gesundheitsversorgung zu verwirklichen. Im Rahmen der nationalen Gesundheitsstrategie für den Zeitraum 2019–2030 „Gesunder Mensch – Wohlhabendes Land“ und durch die Zusage von Mitteln zur Verbesserung des Zugangs zur primären Gesundheitsversorgung bewegt sich Kirgisistan in diese Richtung, gestützt auf die anhaltende Unterstützung der Regierung und von Entwicklungspartnern.
Bei einem landesweiten politischen Dialog am 26. September 2023 überprüften die gesetzliche Krankenkasse, Leiter von Institutionen des öffentlichen Gesundheitswesens, Entwicklungspartner, Vertreter des Gesundheitsministeriums und die für die Ausarbeitung des Aktionsplans für die nationale Gesundheitsstrategie (2024–2030) zuständige Expertengruppe die Handlungsfelder, die im Dokument Strengthening primary health care financing: policy considerations for Kyrgyzstan (Stärkung der Finanzierung der primären Gesundheitsversorgung: Grundsatzüberlegungen für Kirgisistan) dargelegt werden, und erreichten einen Konsens hinsichtlich der Notwendigkeit, die Vorschläge in den bevorstehenden, auf sieben Jahre ausgelegten Aktionsplan zu integrieren.
Ausweitung der Ausgaben für die primäre Gesundheitsversorgung
Insbesondere hat das Land die Ausgaben für die primäre Gesundheitsversorgung in ihrem Gesundheitsetat priorisiert und gibt rund 1 % seines Bruttoinlandsprodukts (BIP) für die primäre Gesundheitsversorgung aus, wodurch es mit anderen Ländern mit einem ähnlichen finanziellen Profil gleichzieht. Trotz dieser Anstrengungen ergab die Studie, dass die öffentlichen pro-Kopf-Ausgaben für die primäre Gesundheitsversorgung in Kirgisistan nach wie vor zu den niedrigsten in der Europäischen Region der WHO zählen.
„Die Tatsache, dass Kirgisistan trotz der vorherrschenden Haushaltsbeschränkungen auf seinem Weg zur allmählichen Verwirklichung einer allgemeinen Gesundheitsversorgung rasch vorankommt, ist lobenswert. Doch die Studie zeigt das ungenutzte Potenzial auf, mehr Wert aus den Systemen für Gesundheitsausgaben zu schöpfen und diese Systeme noch weiter zu optimieren“, bemerkte Liviu Vedrasco, Repräsentant der WHO in Kirgisistan.
Haushaltsbeschränkungen sind nicht die einzigen Herausforderungen, mit denen sich Kirgisistan konfrontiert sieht. Das Konzeptpapier verweist darauf, dass durch die Verbesserung des Basisleistungspakets für die primäre Gesundheitsversorgung, von Mechanismen für die Mittelzuweisung und des Zahlungsmodells eine effizientere Nutzung der für die Gesundheitsversorgung zur Verfügung stehenden Ressourcen erreicht werden kann.
Verbesserung von Chancengleichheit und Effizienz
Das Konzeptpapier schlägt ferner konkrete Maßnahmen vor, um die Strukturierung und Bereitstellung von Angeboten der primären Gesundheitsversorgung zu verbessern und sie effizienter, leichter zugänglich und gerechter für jeden zu machen.
Zu diesen Maßnahmen zählen die Straffung des aktuellen Organisationsmodells für die primäre Gesundheitsversorgung, um es besser auf die gesundheitlichen Bedürfnisse der Bevölkerung auszurichten, und die Überarbeitung des Basisleistungspakets, um es allgemein zugänglich für die gesamte Bevölkerung zu machen und es an klinischen Leitlinien auszurichten. Dies bedeutet, die Verfügbarkeit und Bezahlbarkeit von Arzneimitteln zu gewährleisten und den Leistungsanspruch auf die gesamte Bevölkerung auszuweiten, da das aktuelle Modell dazu führen kann, dass Patienten anfällig sind für Zahlungen aus eigener Tasche für Gesundheitsleistungen.
„Dies ist Kirgisistans Moment, um strategische Maßnahmen einzuführen, mit denen Lücken bei der Finanzierung der primären Gesundheitsversorgung geschlossen werden können und die Finanzierung des Gesundheitssystems gestärkt werden kann“, erklärte Triin Habicht, Leitende Gesundheitsökonomin im WHO-Büro Barcelona zur Finanzierung der Gesundheitssysteme. „Diese Studie liefert eine Blaupause für umsetzbare Möglichkeiten, um dieses Ziel zu erreichen.“
Umgestaltung der Vergütung der Leistungserbringer im Rahmen der primären Gesundheitsversorgung
Darüber hinaus wird in der Studie eine Umgestaltung des Zahlungsmodells für die primäre Gesundheitsversorgung gefordert, um dieses besser auf die politischen Ziele abzustimmen. Im aktuellen Modell werden Faktoren wie Alter und Geschlecht nicht berücksichtigt und es gibt keine Mechanismen, um zu gewährleisten, dass die Vergütungsrate die tatsächlichen Kosten für die Bereitstellung der im Leistungspaket enthaltenen Leistungen widerspiegelt. Die Autoren empfehlen die Durchführung einer Kostenstudie für die primäre Gesundheitsversorgung, um die mit der Bereitstellung entsprechender Leistungen verbundenen Kosten besser zu verstehen.
Zusätzlich ist weiterhin unklar, ob bei der Vergütung der Leistungsanbieter ein Finanzierungsbedarf in abgelegenen Gebieten Rechnung getragen wird. Um ländliche Einrichtungen zu verbessern und Personal für diese Einrichtungen anzuwerben, ist eine Investition sowohl in die physische als auch die digitale Infrastruktur für die primäre Gesundheitsversorgung unerlässlich. Angesichts alternder Familienärzte ist es von entscheidender Bedeutung, junge Fachkräfte anzuwerben, um in Einrichtungen der primären Gesundheitsversorgung zu arbeiten.
Um diese Aspekte anzugehen, schlägt die Studie folgende Maßnahmen vor:
- Anpassung der Finanzierung der primären Gesundheitsversorgung in abgelegenen Gebieten, um ländliche Gesundheitseinrichtungen attraktiver für Patienten und Personal zu machen;
- Lernen aus Erfahrungen und Lehren der früheren Umsetzung eines erfolgreichen leistungsorientierten Vergütungssystems für die primäre Gesundheitsversorgung; und
- Einführung eines aktualisierten leistungsorientierten Vergütungssystems für in der primären Gesundheitsversorgung tätige Teams, um Anreize für eine kontinuierliche Verbesserung beim Umgang mit vorrangigen Erkrankungen mit Relevanz für die primäre Gesundheitsversorgung zu schaffen.
Ferner hebt die Studie die dringende Notwendigkeit verbesserter Überwachungsmechanismen hervor, um Rechenschaftslegung und Transparenz zu gewährleisten. Gleichzeitig sollten längerfristige Verträge befürwortet werden, um den Entwicklungsbedarf in der primären Gesundheitsversorgung zu decken.
Fachliche Hilfe bei und Finanzierung der Studie
Das Konzeptpapier Strengthening primary health care financing: policy considerations for Kyrgyzstan erhielt fachliche Hilfe und finanzielle Unterstützung durch die WHO im Rahmen einer zweijährigen Kooperationsvereinbarung für den Zeitraum 2021–2022 zwischen dem Gesundheitsministerium der Kirgisischen Republik und der Schweizer Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (DEZA) in Kirgisistan im Rahmen des gemeinsamen Projekts von WHO und DEZA „Unterstützung bei der Umsetzung des Staatlichen Programms zum Schutz der öffentlichen Gesundheit und der Entwicklung des Gesundheitssystems ,Gesunder Mensch – Wohlhabendes Land‘ für den Zeitraum 2019–2030“.