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„Hätten sie meine Lunge nur früher untersucht“: Revaz Vachnadzes Geschichte über ein Leben mit chronisch obstruktiver Lungenerkrankung ist ein Aufruf zum Handeln

12 June 2025
Revaz Vachnadze aus Georgien war viele Jahre lang Kettenraucher. In den 1990er Jahren traten bei ihm starke Schmerzen in der Brust auf, die von den Ärzten als Angina pectoris, eine Form von Herzschmerzen, diagnostiziert wurden. Was damals nicht untersucht wurde, war seine Lunge. Rückblickend ist dies heute für den 84-jährigen Universitätsdozenten der Wendepunkt, der Jahre später zu einer erheblichen Verschlechterung seines Gesundheitszustands führte.

10 Jahre ohne Behandlung

„10 Jahre lang wurde ich wegen einer Herzerkrankung behandelt, ohne dass jemand auch nur daran dachte, dass etwas mit meiner Lunge nicht in Ordnung sein könnte“, erinnert sich Revaz. „Erst als ein regulärer Therapeut eine Lungenuntersuchung vorschlug, wurde bei mir schließlich COPD – eine chronisch obstruktive Lungenerkrankung – diagnostiziert.“

Als er sich endlich einer Spirometrie unterzog und einen Lungenarzt aufsuchte, war Revaz’ Lungenkapazität bereits deutlich gesunken. „Sie sagten mir, dass meine Lungenkapazität auf 20–40 % gesunken sei. Mein Zustand ist heute viel schlechter als vor 30 Jahren, nicht nur, weil ich gealtert bin, sondern auch wegen der vielen Jahre ohne Behandlung.“

Revaz’ Erfahrung ist bei weitem kein Einzelfall. Einem neuen Bericht von WHO/Europa und der European Respiratory Society (ERS) zufolge leben in der Europäischen Region der WHO über 80 Mio. Menschen mit einer chronischen Atemwegserkrankung (CRD), viele ohne es zu wissen. Zu den CRD zählen Erkrankungen wie Asthma und COPD, die pro Jahr für fast 400 000 Todesfälle verantwortlich sind und die Region jährlich mehr als 21 Mrd. US-$ kosten.

Behandlung und Versorgung von CRD: Früherkennung ist entscheidend

Revaz’ COPD, eine schwere chronische Lungenerkrankung, die häufig durch Tabakkonsum und Luftverschmutzung verursacht wird, macht alltägliche Aufgaben zur Qual. Beim Treppensteigen oder in emotionalen Situationen kann es zu Kurzatmigkeit und Herzrasen kommen. 

„Nur wenn ich meine Inhalatoren nutze, fühle ich mich etwas besser“, sagt er. „Aber Inhalatoren heilen die Krankheit nicht, sie helfen nur, die Symptome zu lindern. Hätte ich früher mit der Behandlung begonnen, hätten meine Symptome besser kontrolliert werden können.“

Seine Geschichte unterstreicht die Bedeutung einer frühzeitigen Diagnose und eines ganzheitlichen Ansatzes in der Medizin. „Ärzte müssen das Gesamtbild betrachten, nicht nur das Fachgebiet, auf das sie sich spezialisiert haben“, betont Revaz. „Wir brauchen ein besseres Bewusstsein, und das muss in den Schulen beginnen. Kinder sollten frühzeitig über die Gefahren des Rauchens aufgeklärt werden, damit sie fundierte Entscheidungen treffen können. So können wir die Zahl der CRD-Fälle langfristig verringern.“

Eine weitergehende Krise: neuer Bericht zeigt das Ausmaß von CRD

Der neue Bericht von WHO/Europa und ERS zum Thema CRD zeichnet ein ernüchterndes Bild: Obwohl sie vermeidbar und behandelbar sind, sind Diagnoseinstrumente wie die Spirometrie nicht durchgängig verfügbar, und vielen Gesundheitsfachkräften fehlt eine entsprechende Ausbildung, um frühe Anzeichen zu erkennen. Patienten – v. a. in einkommensschwachen Gebieten – bleiben oft unbehandelt, bis ihre Lungenerkrankung weit fortgeschritten ist.

„Dieser Bericht verdeutlicht, dass chronische Atemwegserkrankungen, von denen 81,7 Mio. Menschen in der Europäischen Region der WHO betroffen sind, aufgrund mangelnder Aufmerksamkeit seitens der Politik und unzureichender Finanzierung lange Zeit übersehen worden sind. Diese Vernachlässigung hat zu Unterdiagnosen, Fehldiagnosen und unvollständigen Daten geführt“, betont Dr. Hans Henri P. Kluge, WHO-Regionaldirektor für Europa. 

„Um dies zu ändern, müssen wir die Gesundheitssysteme stärken, indem wir die Behandlung chronischer Atemwegserkrankungen zu einem zentralen Bestandteil umfassenderer Strategien zur Bekämpfung nichtübertragbarer Krankheiten machen.“

Handlungskonzepte zum Schutz der Lungengesundheit

Tabakkonsum und Luftverschmutzung sind die wichtigsten Risikofaktoren für CRD. Da mehr als 25 % der Erwachsenen in der Region noch immer rauchen und Jugendliche zunehmend mit E-Zigaretten und anderen neuartigen Nikotinprodukten in Berührung kommen, sind Präventionsmaßnahmen nach wie vor ein entscheidender Bereich für Interventionen. 

WHO/Europa fordert die Regierungen auf:
  • die CRD-Prävention und -Behandlung in die nationalen Gesundheitsstrategien einzubeziehen
  • Ursachen zu bekämpfen
  • Ausbildung und Instrumente zur frühzeitigen Diagnose zu verbessern
  • in Daten, Rehabilitation und Palliativversorgung zu investieren.
Während sich die Länder auf die Tagung der Generalversammlung der Vereinten Nationen auf hoher Ebene über die Prävention und Bekämpfung nichtübertragbarer Krankheiten und die Förderung der psychischen Gesundheit im Jahr 2025 vorbereiten, macht Revaz’ Geschichte die dringende Notwendigkeit besserer Handlungskonzepte, einer frühzeitigen Entdeckung und einer umfassenden gesundheitlichen Aufklärung deutlich, um Leben in der gesamten Region und darüber hinaus zu retten.