Zoya Ali
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Zoyas Geschichte – reproduktive Gesundheit im digitalen Zeitalter

26 February 2024
Fehlinformationen über und mangelndes Bewusstsein für die reproduktive Gesundheit von Frauen sind weltweit noch immer weit verbreitet. Zoya Ali, eine im Vereinigten Königreich tätige Forscherin und Wissenschaftlerin, hat es sich zur Aufgabe gemacht, Diskussionen über die weibliche Gesundheit zu enttabuisieren und den Zugang zu zuverlässigen Informationen zu fördern. 
 
Indem sie die Macht der sozialen Medien nutzt, hinsichtlich mobilen Apps und digitalen Diensten auf dem Laufenden bleibt und mit einem Unternehmen zusammenarbeitet, das sich auf den Bereich Femtech – also Software und technologiebasierte Dienstleistungen, die auf die Gesundheit von Frauen zugeschnitten sind – spezialisiert hat, hofft Zoya, die Menschen zu selbstbestimmtem Handeln zu befähigen und das Bild der reproduktiven und sexuellen Gesundheit neu zu gestalten. 

Digitalisierung der reproduktiven Gesundheit  

In den letzten Jahren sind digitale Gesundheitsdienste immer beliebter geworden und erleichtern die Beurteilung und Behandlung von Symptomen aus der Ferne. Zoya testet routinemäßig verschiedene mobile Apps für die weibliche reproduktive Gesundheit. 
 
„Die Digitalisierung hat es viel einfacher gemacht, Dinge zu verfolgen und Muster zu erkennen“, sagt sie. „Früher mussten wir unsere Menstruationszyklen in einem Tagebuch festhalten oder versuchen, sie auswendig zu lernen. Heute kann man die Daten einfach in eine App eingeben und erhält sofort Erkenntnisse über seinen Körper.“ 
 
Eine Vorsorgeuntersuchung kann heute einen Online-Fragebogen enthalten, dessen Antworten mithilfe eines Algorithmus analysiert werden, um mögliche Erkrankungen oder Problembereiche zu erkennen. Auf einigen Plattformen können Ärzte die Analyse verfeinern und personalisierte Empfehlungen abgeben, ohne den Patienten jemals persönlich zu sehen. Dieser sogenannte „Remote first“-Ansatz kann dazu beitragen, Zugangslücken zu schließen und lebenswichtige Gesundheitsressourcen in entlegene Gebiete zu bringen. 
 
Einige mobile Apps können auf Symptome hinweisen, die mit reproduktiven Erkrankungen wie dem polyzystischen Ovarialsyndrom (PCOS) oder Endometriose in Zusammenhang stehen, die sonst möglicherweise jahrelang unerkannt bleiben. Zoya betont jedoch, dass Apps eine professionelle medizinische Beratung nicht ersetzen können. „Es ist wichtig zu bedenken, dass ein Chatbot eine medizinische Fachkraft nicht ersetzen kann“, sagt sie. 
 
Da Gesundheits-Apps sich auf die Daten stützen, die von den Patienten selbst eingegeben werden, sind die Nutzer für die Bereitstellung genauer Informationen verantwortlich. „Gleichzeitig sollten die Menschen umsichtig vorgehen, wenn sie persönliche Gesundheitsdaten mit Dritten teilen, insbesondere wenn es um die sexuelle und reproduktive Gesundheit von Frauen geht“, erklärt Zoya. Sie fügt hinzu, dass Investitionen in die digitale Gesundheitskompetenz von entscheidender Bedeutung sind, um sicherzustellen, dass Nutzer wissen, wie sie diese Tools effektiv nutzen können. 

Wissenslücken schließen 

Neben ihrer Arbeit und Forschung betreibt Zoya eine beliebte Instagram-Seite namens Uteropedia, die sich der reproduktiven Gesundheit und der Sexualerziehung widmet. Mit einem Publikum von über 30 000 Followern deckt sie Themen wie Verhütung, Menstruationsgesundheit und Fruchtbarkeit ab, die sie mit farbenfrohen Infografiken und ansprechenden Videos präsentiert. 
 
„Bei Gesprächen über die reproduktive Gesundheit von Frauen geht es oft um Schwangerschaft und Geburt. Doch auch unabhängig davon, ob wir Kinder haben wollen, ist unsere Gesundheit wichtig“, erklärt Zoya. „Bildungslücken führen zu Scham und Geheimniskrämerei, was ehrliche Diskussionen und bessere gesundheitliche Resultate verhindert.“ 
 
Im Rahmen eines Forschungsprojekts untersuchte Zoya die Erfahrungen von Frauen, die mit PCOS diagnostiziert wurden, und stellte fest, dass die meisten die Inanspruchnahme von Hilfe hinauszögerten, weil sie nicht glaubten, dass ihre Symptome medizinisch behandelt werden müssten. „Das Abtun alarmierender Symptome kann zu einer verzögerten Diagnose und Behandlung führen“, sagt sie. 
 
Nach einer Reihe von Posts zum Thema Brustkrebs erhielt Zoya die Rückmeldung einer Followerin, die ihren Arzt um eine Untersuchung gebeten hatte, nachdem sie durch Zoyas Beiträge mehr über das Thema erfahren hatte. „Der Krebs wurde früh entdeckt“, schrieb die Person, „ich bin jetzt auf dem Weg der Besserung“. Dies unterstreicht Zoyas Ziel, das Bewusstsein stärker zu schärfen und die Menschen dazu zu ermutigen, ihrer Gesundheit eine höhere Priorität einzuräumen. 

Zoya gibt keine medizinischen Ratschläge, sondern wählt einen aufklärenden und ansprechenden Ansatz. „Ich denke darüber nach, was Menschen in meinem Alter wissen wollen und was ich als Jugendliche gerne gewusst hätte“, erklärt sie. 

Fehlinformationen entgegenwirken 

Durch die Entwicklung der sozialen Medien und der künstlichen Intelligenz ist die Prävalenz falscher Gesundheitsinformationen stark gestiegen. WHO/Europa erkennt Fehlinformation und Desinformation als ernsthafte Bedrohung an und hat eine Reihe praktischer Leitlinien für den Umgang mit Infodemien für die Bevölkerung und die nationalen Behörden veröffentlicht. 
 
„Am wichtigsten ist zu verstehen, von wem Sie Gesundheitsinformationen erhalten“, betont Zoya. „Fragen Sie sich, ob dieser Influencer in den sozialen Medien oder diese App Ihnen helfen oder Profit machen will. Geben sie zuverlässige Quellen an? Sind sie qualifiziert, diese Informationen weiterzugeben?“
 
Zoya rät den Menschen, Bewertungen und Kommentare zu prüfen und kritisch über Referenzen nachzudenken. Im Gegensatz zu Ärzten und Wissenschaftlern sind diejenigen, die sich selbst als Gesundheitsexperten oder Gurus bezeichnen, möglicherweise niemandem gegenüber rechenschaftspflichtig. „Seien Sie vorsichtig, wenn Sie online Rat suchen, vor allem, wenn es um Ihre Gesundheit geht.“ 

Unterstützung durch WHO/Europa 

Der Sachstandsbericht von WHO/Europa aus dem Jahr 2023 über Daten und digitale Gesundheit in der Europäischen Region zeigt, dass digitale Lösungen ungleichmäßig eingesetzt und angenommen werden. Das bedeutet, dass Millionen von Menschen in der ganzen Region nach wie vor nicht in der Lage sind, von digitalen Gesundheitstechnologien zu profitieren. Dieses Ungleichgewicht muss dringend durch gezielte Investitionen und durch die Förderung der digitalen Gesundheitskompetenz von Patienten und Gesundheitspersonal beseitigt werden. 
 
Eine frühere Studie von WHO/Europa hat ergeben, dass Frauen, insbesondere solche, die ethnischen Minderheiten angehören, seltener Zugang zu digitalen Technologien haben, nicht über die nötigen Fähigkeiten verfügen, um diese zu nutzen, und auch weniger motiviert sind, sich mit digitalen Plattformen zu beschäftigen. 
 
Der Aktionsplan zur Förderung der digitalen Gesundheit in der Europäischen Region der WHO (2023–2030) zielt darauf ab, die Kapazitäten der Länder zur Steuerung des digitalen Wandels in der Gesundheitsversorgung zu verbessern und die digitale Gesundheitskompetenz zu fördern.