Radfahren und Zufußgehen können dazu beitragen, Bewegungsmangel und Luftverschmutzung zu verringern, Menschenleben zu retten und das Klima zu schützen

7 June 2022
Pressemitteilung
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Radfahren und Zufußgehen können bei der Bekämpfung von Übergewicht und bei der Reduzierung von Bewegungsmangel helfen, die in der Europäischen Region jedes Jahr für eine Million Todesfälle verantwortlich sind. Beide Arten der aktiven Fortbewegung können zudem dazu beitragen, die Luftverschmutzung zu verringern, der jedes Jahr mehr als eine halbe Million Todesfälle zuzuschreiben sind. Einer neuen Publikation der WHO zufolge zeigt die Evidenz, dass Investitionen in Handlungskonzepte zur Förderung sicheren Radfahrens und Zufußgehens eine entscheidende Rolle bei der Gestaltung von Gesundheit, beim Klimaschutz und bei der Verbesserung der Umwelt spielen können.

Durch eine deutliche Verlagerung hin zum Radfahren und Zufußgehen können Probleme angegangen werden, die aus derzeitigen Verkehrsmustern resultieren – darunter Emissionen von Luftschadstoffen, Treibhausgase und Lärm, Verletzungen im Straßenverkehr sowie eingeschränkte Möglichkeiten zur körperlichen Betätigung und Nutzung öffentlicher Räume –, führt der Bericht „Zufußgehen und Radfahren: neueste Erkenntnisse zur Unterstützung von Politikgestaltung und Praxis“ aus, der im Rahmen des vom Europäischen Zentrum der WHO für Umwelt und Gesundheit ausgerichteten Bonner Dialogs über Umwelt und Gesundheit vorgestellt wurde.  

Die Publikation vermittelt Politikern die aktuellsten wissenschaftlichen Erkenntnisse zur Förderung des Zufußgehens und Radfahrens. Entwickelt wurde sie im Rahmen des Paneuropäischen Programms Verkehr, Gesundheit und Umwelt (THE PEP) – einem gemeinsamen Programm der WHO und der Wirtschaftskommission der Vereinten Nationen für Europa (UNECE). 

Solide Evidenz für die Förderung des Radfahrens und Zufußgehens  

Auch wenn die Verknüpfungen zwischen körperlicher Betätigung und Gesundheit seit Langem bekannt sind, geht die neue Publikation auch eingehend auf die konkreten Auswirkungen dieser beiden aktiven Fortbewegungsarten auf die Gesundheit der Menschen ein. In zahlreichen Studien wurden speziell die Auswirkungen von Zufußgehen und Radfahren untersucht. Diese zeigten u. a., dass:

  • schon 30 Minuten Zufußgehen oder 20 Minuten Radfahren an mehreren Tagen pro Woche das Sterberisiko um mindestens 10% senken kann;
  • ein aktiver Schul- oder Arbeitsweg mit einem um rund 10% reduzierten Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen und einem um 30% reduzierten Risiko für Typ-2-Diabetes verbunden ist; und
  • die Sterblichkeit aufgrund von Krebs bei einem Fahrradpendler um 30% niedriger ist. 

Diese Erkenntnisse sind besonders relevant in einer Region, in der dem Sachstandsbericht Adipositas 2022 der Europäischen Region der WHO zufolge fast zwei Drittel der Erwachsenen und jedes dritte Kind übergewichtig oder adipös sind. Bewegungsmangel und Adipositas sind in der Europäischen Region wichtige Risikofaktoren für nichtübertragbare Krankheiten, die für fast 86% der Todesfälle und 77% der Krankheitslast verantwortlich sind.

Die Bekämpfung der Klima- und Luftverschmutzungskrisen erfordert so schnell wie möglich eine Senkung der Emissionen aus motorisierten Verkehrsmitteln, insbesondere privaten Autos. In der Publikation wird darauf hingewiesen, dass neue Erkenntnisse zeigen, wie wichtig aktive Mobilität für den Klimaschutz ist. So ist etwa bei Wegen von bis zu 16 km Länge, die für 40% der Kohlenstoffemissionen von Kraftfahrzeugen verantwortlich sind, eine Verlagerung vom Auto auf eine aktive Fortbewegung möglich. Auch wenn nicht alle Autofahrten durch Radfahren oder Zufußgehen ersetzt werden können, besteht hier ein erhebliches Potenzial zur Emissionssenkung.

Die Ermöglichung der notwendigen Verlagerungen hin zu einer aktiveren Fortbewegung erfordert jedoch ein Ansetzen an Sicherheitsaspekten. In der Europäischen Region sterben jedes Jahr 84 000 Menschen infolge von Straßenverkehrsunfällen, darunter über 20 000 Fußgänger und über 3000 Radfahrer. Maßnahmen zur Verbesserung der Sicherheit sollten einem Systemansatz folgen, der an mehreren strukturellen Ebenen ansetzt, von der individuellen Aufklärung bis hin zur Sicherheit von Fahrzeugen, der Gestaltung der Infrastruktur und der Verkehrsregelung.

Was die Länder tun können 

Die Region wird oft als Vorreiter der nachhaltigen Mobilität angesehen, doch die Planung für aktive Beförderungsmittel ist der Publikation zufolge in Städten und darüber hinaus nach wie vor ein fragmentierter Flickenteppich. Maßnahmen können helfen, um sicheres Radfahren und Zufußgehen zu fördern, darunter etwa die nachfolgend Aufgeführten.

  • Es ist entscheidend, städtische Räume umzugestalten, die im Hinblick auf den Zugang zu Arbeitsplätzen, Bildung, Gesundheitsversorgung, Nahrungsmitteln und Waren, Freizeitbeschäftigung und anderen Annehmlichkeiten auf die täglichen Bedürfnisse eingehen und dabei Entfernungen abdecken, die auf sichere Weise mit aktiven Fortbewegungsmitteln und öffentlichen Verkehrsmitteln zurückgelegt werden können.
  • Die Infrastruktur für sicheres Zufußgehen und Radfahren spielt bei der Förderung einer aktiven Fortbewegung eine zentrale Rolle.
  • Einrichtungen am Ende der Strecke, wie Umkleideräume am Arbeitsplatz und sichere Fahrradstellplätze am Zielort sowie in der Nähe von öffentlichen Verkehrsmitteln, bieten Ausweichmöglichkeiten für aktive Reisende.
  • Grünflächen, Parks und Fußwege sowie Formen der städtischen Wiederbelebung stellen weitere Möglichkeiten dar, um das Zufußgehen und Radfahren auf indirekte Weise zu fördern.
  • Schulen sollten sicher zu Fuß oder per Rad erreicht werden können und Kinder sollten lernen, wie wichtig regelmäßige Bewegung ist und welche Auswirkungen der Verkehr auf die Umwelt hat.
  • Eine Verringerung der Abhängigkeit vom Auto durch bessere Raumnutzung und Stadtplanung, effizienten öffentlichen Nahverkehr und Negativanreize für das Autofahren können dazu beitragen, dass Menschen häufiger zu Fuß gehen oder das Fahrrad nutzen.
  • Die Länder sollten nationale Pläne zur Förderung des Zufußgehens und Radfahrens entwickeln, entsprechende Ressourcen sichern und Verantwortlichkeiten aufteilen, um die Umsetzung dieser Pläne zu unterstützen. 

Die neue Publikation unterstützt den Paneuropäischen Gesamtplan zur Förderung des Radfahrens, der eine Reihe von Empfehlungen enthält, um Raum für Radfahrer und Fußgänger umzuwidmen, die Infrastruktur für aktive Mobilität zu verbessern, die Sicherheit für Radfahrer und Fußgänger im Hinblick auf die Verringerung der Zahl tödlicher Unfälle zu erhöhen, nationale Handlungskonzepte zur Förderung des Radfahrens zu entwickeln und das Radfahren in gesundheitspolitische Konzepte und die Städte- und Verkehrsplanung einzubeziehen. Dieser Gesamtplan wurde im letzten Jahr von 56 Ländern der Paneuropäischen Region verabschiedet, die im Rahmen von THE PEP auf der Fünften Hochrangigen Tagung Verkehr, Gesundheit und Umwelt zusammenkamen.