Das Programm MPOWER bei HIV Ireland bemüht sich in Zusammenarbeit mit schwulen, bisexuellen und anderen Männern mit gleichgeschlechtlichen Sexualkontakten (MSM), Maßnahmen zur Bekämpfung von HIV und anderen sexuell übertragbaren Infektionen zu entwickeln und umzusetzen und gleichzeitig die sexuelle Gesundheit und das Wohlbefinden ihrer Klientel zu verbessern.
Adam Shanley, der Leiter des Programms MPOWER, erinnert sich an die schnelle Reaktion auf die Mpox (Affenpocken) in Irland, schon lange vor der Entdeckung der ersten Fälle in den Land.
„Als die ersten Fälle im Vereinigten Königreich und in Portugal bekannt wurden, wurde in Irland ein nationaler Krisenstab eingerichtet, in dem maßgebliche Akteure aus dem gesamten Gesundheitswesen, wie Epidemiologen, nationale und regionale Gesundheitsteams, leitende Kliniker im Bereich der Sexualgesundheit sowie die Nationale Impfbehörde vertreten waren. MPOWER wurde dabei von Anfang an einbezogen, da es über enge Kontakte zu den betroffenen Gruppen und über die Fähigkeit verfügt, sich sinnvoll einzubringen und die Gegenmaßnahmen aus Sicht der Bevölkerung zu steuern.“
Adam ist überzeugt, dass Vertrauen und Kooperation die wichtigsten Erfolgsfaktoren bei der Bekämpfung von Mpox in Irland waren, und ist stolz darauf, dass die Behörden MPOWER als einen wesentlichen Partner bei gesundheitspolitischen Maßnahmen ansehen.
„Als gesellschaftliche Organisation genießt MPOWER nicht nur das Vertrauen derer, die durch Mpox am stärksten gefährdet sind (Männer mit wechselnden gleichgeschlechtlichen Sexualpartnern), sondern aufgrund unserer Geschichte erfolgreicher Kooperationen während früherer Krankheitsausbrüche hatten Regierung und Gesundheitsbehörden bereits Vertrauen in und Respekt für unseren Sachverstand, als über die Ausgestaltung der nationalen Maßnahmen gegen Mpox entschieden wurde – und auch über die Bereitstellung der nötigen Finanzmittel für wirksame Maßnahmen in entscheidenden Momenten während dieses Ausbruchs. Auch unsere Botschaften waren sehr zielgerichtet, was dank einer engen Zusammenarbeit mit einer anderen gesellschaftlichen Organisation namens Man2Man sowie der Führungsebene des nationalen Gesundheitswesens möglich war.“
Warnung der Bürger vor Mpox
Die oberste Priorität für MPOWER zu Beginn des Ausbruchs bestand darin, die Bürger vor dieser neuen bedrohlichen Krankheit zu warnen. Unter Rückgriff auf seine 50 Freiwilligen organisierte MPOWER eine ganztägige Schulung über Erkenntnisse zu Mpox und eine angemessene Kommunikation von Risiken und Präventionsstrategien. Dies bildete die Grundlage für die spätere aufsuchende Arbeit.
Im Mai und Juni 2022 halfen Freiwillige täglich und danach einmal wöchentlich bei der Verteilung von Flugblättern über Mpox an alle Bars und Swinger-Clubs, die sie kannten, und auch Dating-Apps for Schwule wie Grindr wurden ins Boot geholt, um die Botschaften der Organisation über die neue Gesundheitsgefahr zu verbreiten.
Wie Adam uns erklärte, war vor allem der Kontakt zu Swinger-Clubs wichtig, da diese oft auch von Männern mit gleichgeschlechtlichen Sexualkontakten besucht werden, die sich nicht unbedingt als schwul oder bisexuell betrachten, aber auch von einer großen Zahl von Besuchern aus ländlichen Gebieten, die dafür in die Hauptstadt kommen.
Vorbereitung auf den Monat von Gay Pride
Da Juni der Monat von Gay Pride in Dublin ist, hat MPOWER seine Anstrengungen und Interaktionen noch ausgeweitet und sucht nun verstärkt den Kontakt zu Veranstaltern und Veranstaltungsorten in der ganzen Stadt.
“Hier in Irland sind wir eine kleine, aber sehr eng vernetzte Community“, erzählt Adam. „Während Dublin Pride waren Bars und Clubs in der Stadt gern bereit, uns zu helfen und ihre Räumlichkeiten zur Verfügung zu stellen. Wir hatten auch einen guten Zugang zu allen Pride-Veranstaltungen, zum Beispiel zu der riesigen dreitägigen Block Party, und konnten die großen Leinwände dort und auf dem Pride-Marsch nutzen, um unsere Botschaften zu Mpox zu präsentieren.“
Besonders wichtig war, dass MPOWER Zugang zu sämtlichen E-Mail-Adressen der Teilnehmer der gebührenpflichtigen Veranstaltungen erhielt, was es ihnen dann ermöglichte, weitere maßgeschneiderte Nachrichten zum Thema Mpox nachzureichen.
Für mündige Entscheidungen zum Thema Mpox
Nach Gay Pride war die nächste Phase in der Öffentlichkeitsarbeit von MPOWER nicht nur darauf ausgerichtet, Männern mit gleichgeschlechtlichen Sexualkontakten alle nötigen Informationen über Mpox zu geben, sondern auch darauf, sie zu den richtigen Entscheidungen als „Agenten in ihrem eigenen Sexualleben“ zu machen, wie Adam erklärt:
„Wir wollten in dieser Phase des Ausbruchs sagen: schaut her, das [Mpox] wird erst mal nicht verschwinden. Also hier sind die Symptome, auf die man achten muss, und hier kann man sich testen lassen. Wir haben nach jahrzehntelanger Erfahrung mit Botschaften an unsere Klientel erkannt, dass es nicht hilft, den Leuten zu sagen, tut das nicht. Stattdessen müssen wir für mündige Entscheidungen in Bezug auf die wesentlichen Fragen werben: Wie sieht sichererer Sex während des Mpox-Ausbruchs aus? Wie kann ich das eigene Risiko bewerten? Womit fühle ich mich jetzt sicher? Soll ich die Zahl meiner Sexualpartner reduzieren oder vielleicht eine Sex Bubble schaffen?“
Dies führte dann zu einer Kampagne, die sich über Poster und Flugblätter sowie online ausbreitete und die, wie Adam stolz erzählt, der positiven Rückmeldung nach zu urteilen offenbar erhebliche Wirkung unter Männern mit gleichgeschlechtlichen Sexualkontakten erzielte.
Engagement für Impfungen
Als Impfstoffe gegen Mpox in Irland in großem Umfang verfügbar wurden, passte MPOWER seine Kampagne an die veränderte Situation an:
„Wir haben uns mit einem Appell an die Community gewandt, in dem die Kriterien für einen Impfanspruch und für eine Feststellung der eigenen Impfbedürftigkeit erläutert wurden, damit Männer mit wechselnden Sexualpartnern, die oft in Swinger-Clubs gehen, dafür sorgen, dass sie als Erste drankommen.“
Adam erklärt uns, wie die Zielsetzung der Kampagne darin bestand, Akzeptanz für die Impfungen zu erzeugen und gleichzeitig dafür zu werben, dass nur die am stärksten Gefährdeten sich melden, da die Vorräte begrenzt sind. Dies war umso wichtiger, als MPOWER zusammen mit den Gesundheitsbehörden darauf hingewirkt hatte, dass bei der Ankunft in den Impfzentren keine Fragen gestellt werden, um Stigmatisierung zu vermeiden und die Menschen nicht vom Kommen abzuhalten.
Nächste Schritte bei der Bekämpfung von Mpox
Nach einer intensiven Nachfrage vor Weihnachten ist die Zahl der Impfwilligen deutlich zurückgegangen, vielleicht aufgrund eines drastischen Rückgangs der Zahl der Mpox-Fälle sowohl in Irland als auch in anderen Ländern der Europäischen Region der WHO. Im Hinblick auf die nächste Phase seiner Kampagne bemüht sich MPOWER inzwischen zusammen mit Epidemiologen und den Einsatzteams im Gesundheitswesen um eine Analyse, wie die aktuelle Situation zu Veränderungen in der Wahrnehmung von Mpox geführt hat und wie die Bürger sich verhalten.
„Wir haben die Leute regelrecht mit Botschaften bombardiert – auch als Fortsetzung nach der weltweiten COVID-19-Pandemie, von der alle betroffen waren –, sodass viele einfach genug hatten. In dieser nächsten Phase müssen wir innovativer sein, und es ist wirklich wichtig, dass wir bei den Impfungen und generell der Einbeziehung mehr auf datengesteuerte Ansätze setzen“, sagt Adam.
Obwohl es in Irland seit Wochen keine Fälle von Mpox mehr gegeben hat, glaubt Adam doch, dass es zu früh ist, um sich zurückzulehnen, und dass es immer noch Gruppen von Männern mit gleichgeschlechtlichen Sexualkontakten gibt, die für eine Infektion mit Mpox besonders anfällig sind.
„In Irland leben viele Lateinamerikaner, eine sehr lebhafte Gruppe, und obwohl MPOWER je einen spanisch- und portugiesischsprachigen Außendienstmitarbeiter hat und wir in beiden Sprachen Informationsmaterial herausgegeben haben, kommen weniger Menschen aus dieser Gruppe zur Impfung als erwartet. Wir müssen die Gründe dafür untersuchen und diese Barrieren beseitigen. Dazu gehört wohl auch die Tatsache, dass das Online-Buchungssystem nur in englischer und irischer Sprache existiert.
Da Mpox weiterhin eine gesundheitliche Notlage von internationaler Tragweite darstellt, möchte Adam zum Abschluss unseres Interviews noch eine Warnung loswerden:
„Aus gesellschaftlicher Sicht ist es so wichtig, dass wir bei der Bekämpfung der Mpox niemanden zurücklassen, zumal ein Wiederaufflammen der Krankheit durchaus möglich ist. Wir müssen auch über jüngere Menschen, die Gruppe unter 18, nachdenken und andere Kommunikationskanäle verwenden, als wir dies bisher für gesundheitliche Botschaften getan haben.“