In Kasachstan, wo Salz ein wesentlicher Bestandteil vieler traditioneller Gerichte ist, haben Ärzte ihre Besorgnis über die hohe Zahl von Patienten mit Bluthochdruck und Schlaganfällen geäußert, die auf übermäßigen Salzkonsum zurückzuführen ist. Derzeit sind Herz-Kreislauf-Erkrankungen die Hauptursache für jährlich mehr als 42 000 vorzeitige Todesfälle in dem Land – und ein hoher Salzkonsum trägt wesentlich dazu bei.
Nach Angaben von Dr. Zhanar Kalmakova, der Vorstandsvorsitzenden des Nationalen Zentrums für öffentliche Gesundheit beim kasachischen Gesundheitsministerium, nimmt die kasachische Bevölkerung im Durchschnitt mehr als 17 g Salz pro Tag zu sich. Das ist fast das Vierfache der von der WHO empfohlenen Tagesdosis von 5 g.
Salzen: eine gefährliche Tradition
„In Kasachstan ist es Tradition, sich mit Fleisch für den Winter einzudecken; deshalb muss es stark gesalzen sein“, erklärt Dr. Kalmakova. Doch das Problem betrifft nicht nur Fleisch.
Eine Studie, die WHO/Europa 2017 in Zusammenarbeit mit der Kasachischen Akademie für Ernährung durchführte, kam zu dem Ergebnis, dass der durchschnittliche Salzgehalt in einer Nahrungsration bei hausgemachten Nudeln (5,6 g), Plov, einem traditionellen Reis- und Fleischgericht (5,2 g), und Kebab (4,3 g) am höchsten war. Diese Portionen entsprachen 112,4 %, 104,2 % bzw. 85,4 % der empfohlenen maximalen täglichen Salzaufnahme.
Zu viel Salz in der Nahrung erhöht das Risiko von Schlaganfall, Bluthochdruck, Diabetes und anderen nichtübertragbaren Krankheiten, die mit hohem Blutdruck und Cholesterinspiegel verbunden sind. Nichtübertragbare Krankheiten sind für 87 % der Todesfälle im Land verantwortlich, mehr als im weltweiten Durchschnitt (71 %).
Fahrplan Ernährung zum Schutz der Gesundheit
Um diesem Problem entgegenzuwirken, ergreift Kasachstan Maßnahmen zur Reduzierung des Salzkonsums. Zusammen mit WHO/Europa und dem Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen (UNICEF) hat die Regierung einen Fahrplan Ernährung für den Zeitraum 2022–2025 ausgearbeitet. Außerdem entwickelt eine spezielle Arbeitsgruppe ein nationales Konzept zur Reduzierung des Verbrauchs von Salz, Zucker und Transfetten.
„Laut einer Studie, die 2019 von der WHO zusammen mit der Interinstitutionellen Arbeitsgruppe der Vereinten Nationen zur Prävention und Bekämpfung nichtübertragbarer Krankheiten veröffentlicht wurde, ist Salzreduktion die kosteneffektivste Maßnahme zur Vorbeugung gegen Bluthochdruck und Herz-Kreislauf-Erkrankungen in diesem Land“, erklärt Laura Utemissova, Nationale Fachreferentin beim WHO-Länderbüro in Kasachstan. „Das Maßnahmenpaket zur Salzreduktion hat über 15 Jahre ein Nutzen-Kosten-Verhältnis von 118,4 erzielt, was einer Rendite von mehr als 118 Tenge [kasachische Währung] für jeden investierten Tenge entspricht.
Die Länder in der gesamten Europäischen Region der WHO brauchen eine Ernährung, die die Gesundheit der Menschen schützt. Doch der normale Bürger kann diese Gesundheitsgefahren nicht allein bekämpfen. Viele Menschen sind sich nicht einmal dessen bewusst, dass die Lebensmittel, die sie essen, übermäßig salzig sind. Also können Politik und Lebensmittelindustrie dazu beitragen, den Salzgehalt zu senken, indem sie eine Reihe von Regeln für eine bessere Ernährung aufstellen.
Schaffung gesundheitsförderlicher Ernährungsumfelder
In der Öffentlichkeit herrscht die Auffassung, dass wirtschaftliche Interessen und Gesundheit miteinander im Konflikt stehen. Wenn zum Beispiel die Regierung Maßnahmen und Normen einführt, werden kleine, lokale Lebensmittelproduzenten darunter leiden. Eine andere verbreitete Meinung ist, dass die Verbraucher die Produkte nicht mehr kaufen werden, wenn sie mit weniger Salz umformuliert werden, und dass die Lebensmittelhersteller dadurch Umsatzeinbußen erleiden.
„Aber das stimmt einfach nicht“, sagt Dr. Kremlin Wickramasinghe, Regionalbeauftragter bei WHO/Europa für Ernährung, Bewegung und Adipositas. „Es ist erwiesen, dass die Einführung von Maßnahmen und Rechtsvorschriften gleiche Wettbewerbsbedingungen für alle Unternehmen schafft. Daher werden Unternehmen, die Salz reduzieren, nicht diskriminiert, und es können Verbesserungen im gesamten Lebensmittelsystem erzielt werden. Heute haben die Regierungen und die Lebensmittelindustrie die Möglichkeit, ein gesünderes Lebensmittelumfeld zu schaffen, das jedes Jahr Tausende von vorzeitigen Todesfällen infolge von Herzkrankheiten verhindern kann, indem die Salzaufnahme in der Bevölkerung reduziert wird“, betont er.
Die kasachische Regierung hat wichtige Schritte zur Förderung einer gesünderen Ernährung und Lebensweise unternommen. So beschloss sie im Jahr 2014, die Verwendung von Transfetten in der Lebensmittelproduktion einzuschränken. Darüber hinaus hat das Land Maßnahmen zur Bewegungsförderung eingeführt, etwa durch den Bau von Radwegen und die gezielte Förderung von Sport.
„Es sind schon positive Veränderungen im Gange. Der Salzkonsum in Kasachstan ist seit 2010 leicht rückläufig, und das Land ist bestrebt, diesen Trend fortzusetzen“, fügt Laura Utemissova hinzu.