Erklärung – Einheit in der Vielfalt ist das eigentliche Ethos der traditionellen, komplementären und integrativen Medizin

Erklärung von Dr. Hans Henri P. Kluge, WHO-Regionaldirektor für Europa, auf dem Weltgipfel der WHO für traditionelle Medizin in Gandhinagar (Indien)

18 August 2023
Aussage
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Sehr geehrte Ministerinnen und Minister, sehr geehrter WHO-Generaldirektor Dr. Tedros, sehr geehrte WHO-Regionaldirektorin Dr. Poonam Singh!


Wie wir auf Hindi sagen: Satya ek hai – maarg kayi. Es gibt nur eine Wahrheit, aber viele Wege dahin. Mahatma Gandhis zeitlose Worte treffen voll und ganz auf den bahnbrechenden Gipfel in dieser Woche zu.

Denn aus allen Teilen der Welt sind wir hier versammelt, um eine Wahrheit zu bekräftigen: Gesundheit ist ein Menschenrecht für alle – und die Wege zur Gesundheit sind vielfältig und doch konvergent. 

Einheit in der Vielfalt ist das eigentliche Ethos der traditionellen, komplementären und integrativen Medizin (TZI) – und das Ethos unseres liebenswürdigen Gastgebers Indien, das in dieser Woche den 76. Jahrestag seiner Unabhängigkeit begeht.

Indien hat viele der weltbesten Köpfe in Wissenschaft und Medizin hervorgebracht und so viel zu unserer Welt beigetragen, zusammen mit Traditionen, die in den Veden verankert sind, und natürlich Yoga – einer Praxis, die jetzt jährlich von den Vereinten Nationen selbst zelebriert wird, auf Initiative Seiner Exzellenz Premierminister Modi.

Für mich persönlich ist es eine große Freude, diese Woche wieder in der WHO-Region Südostasien zu sein, einer Region, die für mich wahrhaft eine Schule für Gesundheit war. Denn ich verbrachte fünf Jahre meiner Zeit bei der WHO in Myanmar, wo ich mich mit Tuberkulose und der humanitären Krise nach dem Zyklon Nargis beschäftigte. Meine Erfahrungen in der Region Südostasien, einschließlich des Verbands Südostasiatischer Nationen (ASEAN), sind für mich bis heute wegweisend. Vielen Dank, Südostasien. Vielen Dank, Dr. Poonam Singh.

Heute vertrete ich die große Europäische Region der WHO mit ihren 53 Ländern in Europa und Zentralasien, die sich vom Atlantik bis zum Pazifik erstreckt und die alten Kulturen des Westens und des Ostens miteinander verbindet.

In unserer Region gibt es etwa 160 000 meist private Ärzte, die TZI-Medizin anbieten, die nun auch zunehmend in Zusammenarbeit mit Schulmedizinern praktiziert wird. 

Es besteht ein dringender Bedarf an einem einheitlicheren evidenzbasierten Ansatz für TZI-Medizin auf der Ebene der Regionen wie auch auf globaler Ebene. In Anbetracht der Bedeutung der Kultur bei der Bereitstellung von TZI-Medizin – und der entscheidenden Rolle der Bevölkerung – muss vor allem darüber gesprochen werden, wie diese Ansätze in die primäre Grundversorgung integriert werden können.

Dies werden wir auf der internationalen Konferenz über primäre Gesundheitsversorgung am 22. und 23. Oktober in Astana (Kasachstan) tun, die anlässlich des 45. Jahrestages der Erklärung von Alma-Ata und des fünften Jahrestages der Erklärung von Astana stattfindet, die beide auch auf die zentrale Bedeutung der traditionellen Medizin eingehen. 

Schließlich ist es auch bedeutsam, dass das Gipfeltreffen in dieser Woche mit der Tagung der G20-Gesundheitsminister hier in Gandhinagar unter dem derzeitigen G20-Vorsitz Indiens zusammenfällt. Als zentrales Forum für die internationale wirtschaftliche Zusammenarbeit hat die G20 mit ihren Erklärungen und ihrem Tun beträchtlichen Einfluss weit über den Kreis ihrer Mitglieder hinaus. 

Inmitten der Diskussionen über die Ökonomie des Gesundheitswesens – und die politischen Entscheidungen, die daraus resultieren werden – fällt mir ein weiterer Ausspruch von Mahatma Gandhi ein: Yeh svaasthy hai jo asli dhan hai, sone aur chandi ke tukde nahin. Nicht Gold oder Silber, sondern Gesundheit ist der wahre Reichtum.

Dhanyavaad!