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Gesundheit, Ökonomie, Wohlbefinden: neue Partnerschaften für eine gemeinsame Basis zur Bewältigung regionsweiter Herausforderungen

23 June 2023
Pressemitteilung
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Angesichts zunehmender Krisen, mit denen sich Gesundheitssysteme und Gesundheitsanbieter in der gesamten Europäischen Region der WHO konfrontiert sehen und von denen viele mit sozioökonomischen und sonstigen Herausforderungen verknüpft sind, beruft WHO/Europa ein breiteres Spektrum an Partnerschaften zusammen, um die Länder dazu zu ermutigen, Ökonomien des Wohlergehens umzusetzen, bei denen die Gesundheit im Mittelpunkt steht. Zu dieser wachsenden Koalition zählen Instanzen aus der Welt der Ökonomie und der Finanzen, darunter Banken und andere Finanzinstitutionen, einschlägige Ministerien sowie andere maßgebliche Akteure. 

Am 9. Juni 2023 rief WHO/Europa in Venedig eine zukunftsweisende Kooperation mit dem Istituto Superiore di Sanità (dem Staatlichen Gesundheitsinstitut Italiens – ISS) und der Banca D'Italia (der Staatsbank Italiens) ins Leben. Zu den Teilnehmern des Dialogs zählten auch Vertreter aus Finnland, Island, Litauen und dem Vereinigten Königreich, einschließlich Wales, sowie anerkannte internationale Experten aus Griechenland, Irland und dem Vereinigten Königreich. 

„Eine florierende Wirtschaft führt nicht unbedingt zu Wohlergehen und Wohlstand aller Menschen“, bemerkte Dr. Hans Henri P. Kluge, WHO-Regionaldirektor für Europa. „In 2020 und 2021 auf dem Höhepunkt der COVID-19-Pandemie verzeichneten wir 600 000 zusätzliche Todesfälle infolge von geringen Investitionen in die Gesundheitssysteme und von Defiziten in der menschlichen Entwicklung. Darüber hinaus gaben 64 % der jungen Menschen in allen Teilen der Europäischen Region im Jahr 2021 an, mit mangelndem Wohlbefinden zu kämpfen zu haben, wobei diejenigen, die Schwierigkeiten hatten, eine sichere Lebensgrundlage zu finden, am stärksten betroffen waren.“

Dr. Kluge fuhr fort: „Dies macht die Versäumnisse unseres gegenwärtigen Ansatzes – eines sehr isolierten Ansatzes – für Entwicklung und Wohlbefinden der Gesellschaft deutlich. Das bedeutet, dass wir neue Partnerschaften schaffen und eine gemeinsame Basis zwischen Zentralbanken, dem Finanzbereich und dem öffentlichen Gesundheitswesen finden müssen, um Investitionen dorthin zu verlagern, wo sie am wichtigsten sind.“ 

Die neue Initiative, die das Ziel verfolgt, eine Verlagerung hin zu fiskalisch tragfähigeren und gesünderen Gesellschaften zu bewirken, wird vom Europäischen Büro der WHO für Investitionen in Gesundheit und Entwicklung (dem Büro Venedig) koordiniert.

Prof. Mario Monti, ehemaliger Ministerpräsident von Italien und ehemaliges Mitglied der EU-Kommission sowie Vorsitzender der von WHO/Europa einberufenen Paneuropäischen Kommission für Gesundheit und nachhaltige Entwicklung, eröffnete die Tagung. Er zeigte sich erfreut über die Chance, die diese Initiative für das Gesundheits- und Finanzwesen sowie die Wirtschaft bietet, Bündnisse für fiskalisch tragfähige Entscheidungsprozesse einzugehen, die zu konkreten Investitionen in Gesundheit und Wohlbefinden führen.

Eine gemeinsame Basis für mehr Gesundheit 

Gesundheitsexperten präsentierten neue Erkenntnisse und nutzten dazu neue Modellierungstechniken, die einen Zusammenhang zwischen Angstzuständen und Arbeitslosigkeit bei jungen Menschen und geringen Steuereinnahmen aufzeigten. Vertreter von Zentralbanken und Finanzministerien teilten ferner innovative Modellierungsansätze, die der Lebensqualität Rechnung tragen, sowie die zur Bewältigung gesellschaftlicher Herausforderungen wie dem Klimawandel und mangelndem Wohlbefinden genutzten Instrumente. Zusammen mit anderen Teilnehmern erörterten sie mögliche methodische und datenbezogene Entwicklungen zur weiteren Stärkung der Evidenzgrundlage. 

Im Rahmen von Nebenveranstaltungen wurden andere Bereiche für eine gemeinsame Basis aufgezeigt, darunter die Versorgungsökonomie und das geschlechtsspezifische Lohngefälle. Dies sind für viele Länder der Europäischen Region die vorrangigen Prioritäten, wie erst kürzlich auf einer Tagung von WHO/Europa in Bukarest (Rumänien) zum Thema Personalkrise im Gesundheits- und Pflegewesen diskutiert wurde. 

Während der Veranstaltung in Venedig kommentierte Andrea Brandolini, Stellvertretender Generaldirektor für Ökonomie, Statistik und Forschung bei der Staatsbank Italiens: „Die COVID-19-Pandemie hat uns die Bedeutung eines engen Dialogs zwischen dem öffentlichen Gesundheitswesen und der Wirtschaft verdeutlicht. Diese Lehre dürfen wir nicht ignorieren und vergessen. Tatsächlich gibt es noch viel Raum für Kooperation und gegenseitiges Lernen beim Umgang mit großen Themen wie der psychischen Gesundheit der Jugend und der Alterung der Bevölkerung.“

Bei seiner Zusammenfassung des Tages reflektierte Prof. Silvio Brusaferro, Präsident des ISS, über die Bedeutung der Initiative: „Am heutigen Tag haben wir eine Synergie zwischen der Wirtschaft und dem Gesundheitsbereich geschaffen, ein erster Schritt, um die gegenwärtige und künftige Gesundheit und den Wohlstand unserer Gemeinschaften zu garantieren.“

Diese Auffassung wurde auch von den Teilnehmern zum Ausdruck gebracht, die darin übereinstimmten, dass drei zentrale Handlungsfelder diese Initiative voranbringen werden:
  • die gemeinsame Schaffung von hochmoderner Evidenz und entsprechender Modellierung des Verhältnisses zwischen Gesundheit und Ökonomie zur Gestaltung von Investitionsentscheidungen;
  • ein Archiv der Europäischen Region der WHO für vorbildliche Praktiken und Fallstudien, die die positiven Nebeneffekte von Investitionen in das Wohlbefinden junger Menschen, gesundes Altern und die Entwicklung abbilden, die Menschen dient, die in ländlichen Gebieten leben und arbeiten (sog. „Rural Proofing“); und
  • Politiklabore der Länder zur Anwendung der Methodologie und für den Austausch von Wissen und vorbildlichen Praktiken.
Vom Büro Venedig wurde ein Hintergrundpapier zur Unterstützung des Dialogs entworfen. Es fasst die Prioritäten für eine gemeinsame Basis in den Bereichen psychische Gesundheit junger Menschen, Alterung der Bevölkerung, regionsweite Ungleichheiten und die Krise der Lebenshaltungskosten zusammen. Zudem legt das Papier vorhandene Dialoge, Evidenz und Maßnahmen dar, die eine künftige Kooperation in diesen Bereichen erleichtern können.

„Wir sind sehr ermutigt durch das Ergebnis der Tagung in Venedig und sehen der Umsetzung konkreter Maßnahmen in den Ländern mit Freude entgegen“, erklärte Christine Brown, Leiterin des Büros Venedig. „Bündnisse und Partnerschaften über verschiedene Bereiche hinweg sind der einzige Weg nach vorn, wenn man Lösungen für die großen Herausforderungen finden will, mit denen wir heute konfrontiert sind.“