Auf der 73. Tagung des WHO-Regionalkomitees für Europa in Astana (Kasachstan) haben Vertreter von 53 Ländern einstimmig eine Resolution zur Unterstützung des Handlungsrahmens für das Gesundheits- und Pflegepersonal in der Europäischen Region der WHO für den Zeitraum von 2023 bis 2030 angenommen.
Dieser Handlungsrahmen kommt zu einer entscheidenden Zeit, in der alle Länder in der Region Mühe haben, eine ausreichende Anzahl von Gesundheits- und Pflegekräften mit der richtigen Mischung von Qualifikationen zu gewinnen und zu halten, um den wachsenden und sich verändernden Bedürfnissen der Patienten gerecht zu werden. Die Resolution dient als Grundlage für die Behebung der Personalkrise im Gesundheitswesen und sieht vor, dass WHO/Europa die Regierungen in den Ländern bei der Umsetzung in den kommenden Jahren unterstützt.
„Dies ist ein wichtiger Tag für die Millionen von Gesundheits- und Pflegekräften in unserer Region, wie die einstimmige Annahme dieser Resolution zeigt“, erklärte der WHO-Regionaldirektor für Europa, Dr. Hans Henri P. Kluge. „Diese politische Verpflichtung auf hoher Ebene verdeutlicht, dass die Länder bereit sind, konkrete Maßnahmen zur Bewältigung der Personalkrise im Gesundheitswesen zu ergreifen und Arbeitsplätze zu schaffen, an denen das Gesundheitspersonal geschätzt, respektiert und geschützt wird.“
In dem neuen Handlungsrahmen werden fünf Schlüsselmaßnahmen genannt, die die Länder ergreifen können, um ihre Beschäftigten im Gesundheits- und Pflegewesen zu schützen und zu unterstützen.
- Anwerbung und Bindung: Dazu gehören Maßnahmen zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen des Gesundheits- und Pflegepersonals, etwa durch Reduzierung der hohen Arbeitsbelastung und ausufernder Arbeitszeiten, die Einführung flexiblerer Arbeitsmodelle und die Gewährleistung einer gerechten Vergütung. Diese Maßnahmen werden dazu beitragen, die psychische Gesundheit und das seelische Wohlbefinden der Beschäftigten im Gesundheitswesen zu verbessern und die Attraktivität der Gesundheitsberufe, auch in ländlichen Gebieten, für die derzeitigen Beschäftigten wie auch für neue Generationen junger Studenten zu erhöhen.
- Ausweitung des Arbeitskräfteangebots: Dies erfordert eine Modernisierung der Aus- und Weiterbildung im Gesundheitswesen, einschließlich des Aufbaus von Kompetenz im Bereich der digitalen Gesundheit, um ein zweckmäßiges Gesundheitspersonal zu schaffen, das den heutigen und künftigen Anforderungen an die Gesundheitsversorgung gerecht wird.
- Leistungsoptimierung: Dazu gehören Maßnahmen zur Erhöhung der Effizienz der begrenzten Anzahl von Gesundheitsfachkräften, die dem Gesundheitssystem zur Verfügung stehen. Es geht um die innovative Umgestaltung der Gesundheitsversorgung, den Einsatz digitaler Gesundheitstechnologien und die Neudefinition von Teams und ihrem Qualifikationsmix, sodass durch ihre Arbeit ein Mehrwert entsteht.
- Planung: Die Personalplanung im Gesundheitswesen ist von entscheidender Bedeutung für die Bestimmung des künftigen Bedarfs des Gesundheitssystems und die Durchführung von Maßnahmen zur zeitnahen Deckung dieses Bedarfs. Die Stärkung von Dienststellen für Personalfragen und die Verbesserung der Informationssysteme mit Bezug zum Gesundheitspersonal können hierzu beitragen.
- Investition: Erhöhung der öffentlichen Investitionen und Optimierung der Mittelverwendung bei gleichzeitiger wirtschaftlich und sozial begründeter Argumentation für Investitionen in das Gesundheits- und Pflegepersonal.
Bewältigung einer der drängendsten Krisen unserer Zeit
Die Verabschiedung dieser historischen Resolution bildet den Höhepunkt einer Reihe von Maßnahmen, die WHO/Europa zur Bewältigung des derzeitigen Personalkrise im Gesundheitswesen eingeleitet hat.
Während der Pandemie der Coronavirus-Krankheit (COVID-19) forderte WHO/Europa die Länder eindringlich auf, mehr für den Schutz des an vorderster Linie eingesetzten Gesundheits- und Pflegepersonals zu tun, das häufig von einem noch nie dagewesenen Maß an Stress und Burnout sowie von höheren Sterberaten infolge einer COVID-19-Infektion betroffen war.
Im September 2022 veröffentlichte WHO/Europa einen bahnbrechenden Bericht, in dem vor einer „tickenden Zeitbombe“ gewarnt wird, die die Gesundheitssysteme bedroht, wenn die Regierungen nicht mehr in das Gesundheits- und Pflegepersonal und seinen Schutz investieren und gleichzeitig Lehren aus
„Die Beschäftigten im Gesundheits- und Pflegewesen sind die Säulen unserer Gesundheitssysteme – Millionen von Frauen und Männern, die sich Tag und Nacht um die Kranken und Schwachen kümmern. Sie zu unterstützen und zu schützen und dafür zu sorgen, dass sie sich wertgeschätzt fühlen, ist ein moralisches Gebot, das wir nicht außer Acht lassen können“, erklärte Dr. Natasha Azzopardi-Muscat, Leiterin der Abteilung Gesundheitspolitik und Gesundheitssysteme der Länder bei WHO/Europa.
„Wir bei WHO/Europa hoffen nun, dass die Länder mit der Verabschiedung dieses historischen Handlungsrahmens in der Lage sein werden, die Personalkrise im Gesundheitswesen mit konkreten Maßnahmen zu bekämpfen, die der psychischen Gesundheit der Beschäftigten zugute kommen, ihre Arbeitsbedingungen verbessern und zu attraktiveren Arbeitsplätzen führen, die eine effektivere Personalbindung ermöglichen und gleichzeitig mehr junge Menschen ermutigen, sich für die Gesundheitsberufe zu entscheiden.
Im März 2023 berief WHO/Europa eine regionsweite Tagung in Bukarest ein, auf der mehr als 250 Teilnehmer aus 50 Ländern die Erklärung von Bukarest verabschiedeten. Darin werden Maßnahmen zur Verbesserung des Arbeitskräfteangebots im Gesundheits- und Pflegewesen sowie zur Verbesserung von Personalgewinnung und -bindung, eine bessere strategische Personalplanung im Gesundheits- und Pflegewesen, aber auch höhere und intelligentere staatliche Investitionen gefordert. Die Teilnehmer bekannten sich zur Optimierung der Leistung des Gesundheits- und Pflegepersonals in ihren Ländern.