Praktische Instrumente, die im Rahmen des Protokolls über Wasser und Gesundheit entwickelt wurden, können als globale Beispiele für Fortschritte bei der Verwirklichung einer allgemeinen, chancengerechten Wasser- und Sanitärversorgung für alle dienen. Am Weltwassertag, der jährlich am 22. März begangen wird, teilten Länder aus der Europäischen Region der WHO auf der Wasserkonferenz der Vereinten Nationen 2023 ihre Erfahrungen mit den Instrumenten des Protokolls beim Aufbau sicherer und klimabeständiger zukunftstauglicher Angebote der Wasser- und Sanitärversorgung sowie Hygiene (WASH).
Allein in der Europäischen Region haben rund 16 Mio. Menschen noch immer keinen Zugang zu einer grundlegenden Trinkwasserversorgung, und 29 Mio. fehlt der Zugang zu grundlegenden Sanitäreinrichtungen. Die entsprechenden Versorgungsraten unterscheiden sich erheblich zwischen den Ländern. Grund hierfür sind ihre unterschiedlichen Rahmenbedingungen, die geografische, wirtschaftliche und soziale Unterschiede aufzeigen.
Bei der Eröffnung der Wasserkonferenz der Vereinten Nationen 2023 forderten die WHO und das Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen (UNICEF) alle Nationen dazu auf, Maßnahmen zur Verwirklichung von WASH-Angeboten für alle radikal zu beschleunigen. Sie forderten die Regierungen eindringlich dazu auf, das Engagement der Politik und die staatliche Führungskompetenz zu erhöhen, und riefen gleichzeitig zu mehr Mitteln und Finanzierungsquellen für WASH-Angebote, der Investition in Menschen und Institutionen sowie einer verstärkten Datenerfassung und mehr Evidenz für Entscheidungen zugunsten von Innovationen in diesem Bereich auf. Ausgerichtet wurde die Konferenz gemeinsam von den Regierungen Tadschikistans und der Niederlande. Zu den primären Ergebnissen zählen neue Bekenntnisse, Zusagen und Maßnahmen durch die Regierungen zur Verwirklichung von Ziel 6 der Ziele für nachhaltige Entwicklung („sauberes Wasser und Sanitäreinrichtungen für alle“) und anderen Zielen und Zielvorgaben mit Bezug zur Wasserversorgung, die in der neuen Agenda für wasserbezogene Maßnahmen zusammengefasst werden.
„Der fehlende Zugang zu sicheren WASH-Angeboten in Gesundheitseinrichtungen ist verheerend“, erklärte Dr. Maria Neira, kommissarische Beigeordnete Generaldirektorin der WHO. „Hygieneeinrichtungen und -praktiken in Gesundheitseinrichtungen sind nicht verhandelbar, aber können ohne verstärkte Investitionen in grundlegende Maßnahmen (wie etwa sicheres Trinkwasser, saubere Toiletten und die sichere Entsorgung von Abfällen aus Gesundheitseinrichtungen) nicht sichergestellt werden. Es bedarf eines stärkeren politischen Engagements für eine sichere Trinkwasser- und Sanitärversorgung. Darüber hinaus benötigen wir wirksame Instrumente, die einen starken Rahmen für das Bekenntnis zu graduellen Fortschritten und zur Rechenschaftslegung bieten. Das Europäische Protokoll über Wasser und Gesundheit ist ein überzeugendes Beispiel für einen derartigen Rahmen und kann als Modell für die Nachahmung und Ausweitung dienen.“
Das Protokoll in der Praxis: Erfahrungen aus den Ländern der Europäischen Region
Das Protokoll über Wasser und Gesundheit, das 1999 verhandelt wurde und von WHO/Europa und der Wirtschaftskommission der Vereinten Nationen für Europa (UNECE) unterstützt wird, setzt an diesen anhaltenden Herausforderungen an. Das Protokoll ist die erste internationale Vereinbarung ihrer Art, die konkret eine angemessene Versorgung mit sicherem Trinkwasser sowie eine angemessene Sanitärversorgung für jeden Menschen erreichen sowie die Quellen der Trinkwasserversorgung und Gewässer für Erholungszwecke wirksam schützen soll. Vorangetrieben wird es von den Ministerien für Gesundheit, Umwelt und Wasserwirtschaft.
Zusammen mit Deutschland, Portugal, Ungarn und der UNECE hat WHO/Europa auf der Konferenz eine hochrangige Veranstaltung zu den Erfahrungen mit dem Protokoll und entsprechendem Fachwissen organisiert, wobei insbesondere WASH-Angebote in Gesundheitseinrichtungen, der chancengerechte Zugang zu und die Bezahlbarkeit von WASH-Angeboten sowie die Vorteile des Steuerungsrahmens des Protokolls im Mittelpunkt standen. Márta Vargha aus Ungarn, die Vorsitzende des Präsidiums des Protokolls über Wasser und Gesundheit ist, stellte die vorhandenen Instrumente vor und teilte die Erfahrungen ihres Landes bei der Vorantreibung von WASH-Angeboten in Gesundheitseinrichtungen mithilfe des Rahmens des Protokolls über Wasser und Gesundheit.
Stefan Tidow, deutscher Staatssekretär für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz, erläuterte den Mehrwert risikobasierter Managementinstrumente, wobei er insbesondere auf den Leitfaden verwies, der ländliche Gemeinschaften bei der Verbesserung kleiner Trinkwasservorräte durch Planung der Wassersicherheit unterstützt. Benoit Sevcik, Berater für Soziales und Gesundheit in der französischen Botschaft in den Vereinigten Staaten, und Emma Anakhasyan von der Women for Water Partnership stellten das Punktesystem vor, das Länder bei der Festlegung einer Bezugsgrundlage für den chancengerechten Zugang zu WASH-Angeboten, bei der Erörterung von zu ergreifenden Maßnahmen und bei der Evaluierung von Fortschritten unterstützt.
Zudem informierten Hugo Pires, portugiesischer Staatssekretär für Umwelt, und Helena Costa von der portugiesischen Behörde für die Regulierung der Wasserversorgung und Abwasserentsorgung die Teilnehmer darüber, wie in Portugal nationale Zielvorgaben für die Bezahlbarkeit der Wasser- und Sanitärversorgung in Einklang mit der Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung festgelegt wurden. Nurkan Sadvakassov, Vorsitzender des Ausschusses für Sanitärversorgung und epidemiologische Überwachung in Kasachstan, sprach über die Vorteile des Beitritts zum Protokoll über Wasser und Gesundheit.
Im letzten Jahr stand bei der sechsten Tagung der Vertragsparteien des Protokolls über Wasser und Gesundheit die zentrale Rolle von WASH-Angeboten bei der Bewältigung der Herausforderungen der COVID-19-Pandemie und des Klimawandels im Mittelpunkt. Rund 300 Delegierte aus 47 Ländern sowie Vertreter mehrerer Organisationen der Vereinten Nationen und regionsweiter Partner kamen im letzten November in Genf zusammen, um Prioritäten in den Bereichen Wasser- und Sanitärversorgung sowie Hygiene und Gesundheit für die kommenden Jahre in der Europäischen Region festzulegen.