Mit einer Selbsthilfegruppe hilft Alexandra Menschen in Lissabon, mit ihrem Diabetes umzugehen.
„Ich helfe Menschen mit Diabetes dabei, ihre Krankheit zu akzeptieren und sie zu kontrollieren und zu bewältigen. Es ist wirklich eine lohnende Arbeit. Es macht mich glücklich, wenn ich erfolgreich Aktivitäten für Menschen mit Diabetes organisieren kann. Wenn ich das Gefühl habe, dass die Zeit, die wir zusammen verbracht haben, unser Leben ein wenig verändert hat und wir unbefangener über Diabetes sprechen können, habe ich einfach ein gutes Gefühl.“
Für Alexandra ist es eine persönliche Angelegenheit. Als sie die Diagnose erhielt, war sie erst zehn. „Als ich die Diagnose erhielt, zwangen mich meine Eltern, mit Sport anzufangen – das war das Beste, was sie für mich mit meinem Diabetes getan haben. Es hat mir geholfen, die Krankheit zu akzeptieren und zu bewältigen. Ich habe an einem Sommercamp teilgenommen, das mein Leben verändert hat, weil ich dort andere Kinder und Erwachsene mit Typ-1-Diabetes kennengelernt habe. Sie haben mir beigebracht, wie man mit Diabetes lebt und wie man ihn akzeptiert, und jetzt versuche ich, dasselbe mit den anderen zu tun. Das ist meine Motivation – für die Sache zu kämpfen.“
Zur Bewältigung von Diabetes gehört mehr als Behandlung
Alexandra ist eine von 1,1 Mio. Erwachsenen in Portugal, die mit Diabetes leben, und sie möchte ihre 28-jährige Erfahrung im Umgang mit ihrer Krankheit weitergeben. Sie hatte das Glück, dass ihre Eltern schnell verstanden, dass es bei der Behandlung von Diabetes nicht nur darum geht, als Patientin Insulin zu nehmen und regelmäßig zur Kontrolle in die Klinik zu gehen. Stattdessen ermutigten sie sie, Sport zu treiben, ihre Ernährung umzustellen und Verantwortung für die eigene Gesundheit zu übernehmen.
„Es ist eine lebenslange Erkrankung. Ich habe nach und nach begriffen, dass ich ein normales Leben führen kann, wenn ich die Krankheit akzeptiere und bestimmte Dinge tue, wie z. B. Blutzucker kontrollieren und Sport treiben. So nimmt der Diabetes weder Zeit noch Raum für Familie und Freunde weg. Es ist mir wichtig, dass Diabetes mein Leben nicht unterbricht. Es klingt vielleicht seltsam, aber dazu muss ich den Diabetes in mein Leben einbeziehen.“
Sport war immer ein sehr wichtiger Teil von Alexandras Leben. „Ich habe Schwimmen trainiert, bis ich 16 war. Dann habe ich mit Korfball angefangen, und heute trainiere ich ein Korfball-Team. Es geht nicht nur darum, sich fit zu halten, sondern es macht auch einen großen Unterschied, sowohl sozial als auch seelisch.“
Vorbereitung auf das Unvorhergesehene
Diabetes erfordert eine fast kontinuierliche Überwachung. Alexandra hebt ihr T-Shirt hoch und zeigt auf einen runden Plastikknopf an ihrem Bauch. „Mein Insulinmessgerät hat mich gerade gewarnt, dass ich den Sensor wechseln muss. Das muss ich einmal pro Woche machen.“ Sie zieht den Sensor ab und setzt einen neuen auf. Auf die Frage, ob Diabetes ihr Leben in irgendeiner Weise einschränkt, antwortet sie: „Na ja, wenn ich in Urlaub fahre, muss ich dafür sorgen, dass ich von allem das Doppelte dabei habe. Wenn sich mein Flug verspätet oder etwas Unvorhergesehenes passiert, muss ich vorbereitet sein und genügend Insulin haben. Ich habe eine Checkliste, und wenn diese Sachen gepackt sind, kann ich mich entspannen. Ich muss vorausdenken und planen; ich kann nicht ohne Plan in den Urlaub fahren.“
Anschließend erzählt sie weitere Einzelheiten über die Auswirkungen ihres Diabetes.
„Ich habe auch immer ein Extra-Kit dabei – einen Insulin-Pen in meiner Handtasche, für den Fall, dass die Technik versagt. Ansonsten habe ich keine Einschränkungen. Ich esse ganz normal, ich bringe meine Tochter morgens in die Schule, ich treffe meine Freunde, spiele zweimal pro Woche Korfball und gehe zur Arbeit. Während COVID habe ich angefangen, Motorrad zu fahren, um die öffentlichen Verkehrsmittel zu vermeiden, weil wir Menschen mit chronischen Krankheiten anfälliger sind. Ich fahre unheimlich gern mit dem Motorrad zur Arbeit. Das gibt einem ein enormes Gefühl der Freiheit! Motorradfahren ist der schönste Teil meines Tagesablaufs.“
Veränderungen bewirken
„Es ist wichtig, dass die Politik dafür sorgt, dass Menschen auf der ganzen Welt Zugang zu Insulin und der richtigen Behandlung erhalten, unabhängig davon, wo sie geboren sind. Ich habe das Glück, in Portugal zu leben. Ich arbeite bei der Portugiesischen Diabetesvereinigung (APDP), der größten Vereinigung für Menschen mit Diabetes in Portugal. Sie wurde 1926, zwischen den beiden Weltkriegen, gegründet – zu einer Zeit, als der Druck groß war, die vorhandenen Ressourcen für viele andere Dinge einzusetzen. Aber der Gründer war frustriert über die für ihn unerträglichen Todesfälle von armen Diabetikern, die ohne öffentliche Unterstützung nicht die Mittel hatten, um Insulin zu kaufen. Also mobilisierte er Menschen mit Diabetes, die Patienten und ihre Freunde, und gründete die APDP. Damit begann die Aufklärung von Menschen mit Diabetes, um sie in die Lage zu versetzen, sich selbst eine Spritze zu geben und zu überwachen und so Komplikationen zu vermeiden – und ihre Krankheit zu verstehen.“
Alexandra fügt hinzu: „Obwohl ich jeden Tag viel über Diabetes nachdenke, fühle ich mich als gesunder Mensch, weil mein Diabetes unter Kontrolle ist. Ich habe Glück, weil ich in Portugal lebe. Wir haben hier ein sehr gutes Gesundheitssystem und einen sehr guten Zugang zu Behandlung. Obwohl ich eine chronische Krankheit habe, fühle ich mich nicht krank, weil ich eine sehr gute Behandlung bekomme.“
Das Interview mit Alexandra Costa fand in Verbindung mit der hochrangigen Fachkonferenz „Beschleunigte Umsetzung von Verpflichtungen zur Verbesserung der Diabeteserkennung und der Qualität der Versorgung“ statt, die von WHO/Europa zusammen mit der International Diabetes Federation (IDF) Europe organisiert wurde. Die Teilnehmer der am 28. und 29. November 2023 in Belgrad stattfindenden Tagung werden darüber diskutieren, wie Diabetes im Zeitalter der Permakrise zu einer Priorität gemacht werden kann, um die nötigen Maßnahmen zu beschleunigen.