Minister und andere hochrangige Vertreter aus den elf kleinsten Ländern der Europäischen Region der WHO – Andorra, Estland, Island, Lettland, Luxemburg, Malta, Monaco, Montenegro, San Marino, Slowenien und Zypern – haben eine wegweisende Erklärung verabschiedet, in der sie ihre Regierungen zu energischeren Maßnahmen zur Verbesserung der Gesundheit der Bevölkerung in ihren Ländern verpflichten.
Die auf der Neunten Hochrangigen Tagung der Initiative kleiner Länder (SCI) von WHO/Europa angenommene Erklärung von Luxemburg zeigt konkret Wege für das weitere Vorgehen in Bereichen wie Zugang zu Arzneimitteln, psychische Gesundheit, digitale Tools, Gesundheits- und Pflegepersonal sowie Prävention und Bekämpfung nichtübertragbarer Krankheiten auf.
Die diesjährige Tagung auf Ministerebene, die von WHO/Europa und Luxemburg vom 10. bis 12. Mai gemeinsam ausgerichtet wurde, fiel mit dem zehnjährigen Bestehen der SCI zusammen. Auf der Tagung waren aufgrund der Teilnahme von Barbados, Bhutan, Nordmazedonien, der Republik Moldau und den Seychellen als Beobachter vier Regionen der WHO vertreten.
„Für uns beim WHO-Regionalbüro für Europa ist es ein Privileg, mit Ihnen allen in diesem Forum zusammentreffen zu können, um gemeinsame Lösungen für gemeinsame Herausforderungen zu finden. Ihre einzigartige Sichtweise und Ihre innovativen Lösungsansätze sind stets eine Quelle der Inspiration“, sagte Dr. Hans Henri P. Kluge, WHO-Regionaldirektor für Europa, in seiner Eröffnungsansprache.
„Ihre Länder mögen klein sein, aber dank Ihrer einzigartigen Qualitäten – Ihrer Bürgernähe und Ihrer agilen Institutionen, die ein Schmelztiegel für Innovationen sind – können Sie Veränderungen schnell umsetzen. Ihre Ambitionen und Errungenschaften sind groß, ein leuchtendes Licht, für alle sichtbar.“
Die Erklärung von Luxemburg, die von Dr. Kluge und Paulette Lenert, der Stellvertretenden Premierministerin und Gesundheitsministerin Luxemburgs unterzeichnet wurde, beinhaltet die Verpflichtungen der SCI für das weitere Vorgehen. Dabei werden die Gesundheitsthemen hervorgehoben, die in den kleinsten Ländern der Europäischen Region (mit einer Bevölkerungszahl von höchstens 2 Millionen) von besonderer Bedeutung sind.
Bewältigung der wichtigsten Herausforderungen für die kleinen Länder
Kleine Länder sind mit einer Vielzahl gesundheitlicher Herausforderungen konfrontiert, die teilweise speziell aus ihrer geringen Größe resultieren. Dazu gehören ein unzureichender Zugang zu bezahlbaren Arzneimitteln (einschließlich neuartiger hochpreisiger Arzneimittel) ebenso wie Engpässe bei unentbehrlichen Arzneimitteln. WHO/Europa fordert zusammen mit den Mitgliedsländern der SCI eine wirksamere finanzielle Absicherung von Menschen, die sich die benötigten Arzneimittel verschaffen wollen. Die elf Länder haben sich zur Unterstützung der Plattform für den Zugang zu neuartigen Arzneimitteln verpflichtet, die nach dem Auslaufen der erfolgreichen Oslo-Initiative für Arzneimittel von WHO/Europa eingerichtet wurde.
Alle Länder in der Europäischen Region der WHO haben erkannt, dass die Krise in den Gesundheitsberufen nicht mehr nur eine drohende Gefahr, sondern schon jetzt eine Realität ist. In den kleinsten Ländern der Europäischen Region ist diese Krise besonders akut.
Die Probleme bei der Ausbildung und Bindung von Gesundheitspersonal in den kleinen Ländern machen eine Zusammenarbeit mit Unterstützung durch die WHO in Zukunft unverzichtbar. Der Entwurf des Handlungsrahmens von WHO/Europa, der auf der 73. Tagung des WHO-Regionalkomitees für Europa in Astana (Kasachstan) angenommen werden soll, wird ein wesentlicher Schritt zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen von Millionen Gesundheitsfachkräften in der gesamten Europäischen Region sein.
Die WHO wird die kleinen Länder auch bei der Stärkung der Kompetenzbildung für gesundheitspolitische Entscheidungsträger unterstützen, indem sie im Rahmen ihres Kurses für Führungskräfte über Führungskompetenz und Personalführung im Gesundheitswesen ein spezielles Modul für kleine Länder vorsieht.
Darüber hinaus hat die COVID-19-Pandemie verdeutlicht, dass die psychische Gesundheit in den Gesundheitssystemen eine zentrale Rolle spielen muss. In kleinen Ländern, wie auch anderswo, können psychische Probleme durch Stigmatisierung und einen unzureichenden Zugang zu einem chronisch unterfinanzierten Gesundheitswesen noch verschärft werden. Oft sind die Kommunen auch nicht darauf vorbereitet, umfassend auf die Bedürfnisse der Menschen einzugehen.
Die SCI bietet Möglichkeiten zur Stärkung der Zusammenarbeit mit und zwischen multidisziplinären kollegialen Gruppen und zur Mitwirkung in Netzwerken des Europäischen Bündnisses für psychische Gesundheit, das inzwischen das dritte Jahr seines Bestehens feiert.
Schließlich müssen sowohl kleine als auch größere Länder aufgrund der sich rasch verändernden digitalen Landschaft mit den jeweils neuesten Entwicklungen Schritt halten und sie gezielt im Gesundheitswesen anwenden, dabei aber sicherstellen, dass niemand – weder Patienten noch Gesundheitspersonal – auf der Strecke bleibt. Chancengleichheit und digitale Kompetenz lassen sich verwirklichen, wenn die Länder Pläne und Konzepte zur Förderung digitaler Inklusion umsetzen, die dafür sorgen, dass alle Zugang zu digitalen Technologien haben und dass dabei ihre Privatsphäre gewahrt bleibt.
Ein ehrgeiziges Netzwerk, das sich weit über die Europäische Region der WHO hinaus erstreckt
Die Neunte hochrangige Tagung der SCI war ein besonderer Anlass, zu dem sich mehr als 80 Delegierte aus 16 Ländern versammelten und der das Ende der ersten Phase der Umsetzung des Fahrplans für mehr Gesundheit in den kleinen Ländern der Europäischen Region der WHO (2022–2025) markierte, der von der Achten hochrangigen Tagung im vergangenen Jahr angenommen worden war.
Die erstmalige Teilnahme von Ländern mit Beobachterstatus aus vier Regionen der WHO, also verschiedenen Kontinenten und Zeitzonen, verdeutlicht, dass die SCI sich mit Themen befasst, die für kleine Länder unabhängig von ihrer geografischen Lage wichtig sind.
Dr. Bettina Menne, Koordinatorin der SCI, wies auf die Bedeutung der zweitägigen Veranstaltung für die beteiligten Länder hin: „Wir haben auf der Tagung erörtert, wie wir in die Gesundheit investieren können, indem wir enger zusammenarbeiten, Erfahrungen austauschen, über Fortschritte wachen und uns in der Europäischen Region und auf internationaler Ebene für die Bedürfnisse kleiner Länder einsetzen.“
Die Initiative , die beim Europäischen Büro der WHO für Investitionen in Gesundheit und Entwicklung in Venedig angesiedelt ist, wurde 2013 ins Leben gerufen und zählt inzwischen elf Länder mit einer Bevölkerung von insgesamt 9 Millionen Menschen.