Sehr geehrte Gastgeber, die Minister für Ayush und Gesundheit Indiens und der Regierung des Bundesstaates Gujarat,
sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen aus dem Hauptbüro und den Regionen der WHO,
sehr geehrte Delegierte aus allen Teilen der Welt!
Gestatten Sie mir, mit einem Zitat von Mahatma Gandhi zu beginnen – dem Vater des modernen Indiens, einem Mann, dessen Worte nach wie vor inspirieren: „Namra tareeke se aap duniya ko hila sakte hai“ – „Auf sanfte Weise kannst du die Welt erschüttern.“
Nach nur zwei Tagen hier in Gandhinagar – der Stadt, die nach dem Mahatma benannt ist – kann man wohl ohne Übertreibung sagen, dass wir alle zusammen den Status quo sanft durchbrochen haben, der viel zu lange verschiedene Ansätze in der Medizin und im Gesundheitswesen voneinander getrennt hat.
Indem wir bisher voneinander isolierte Bereiche ins Visier nehmen, machen wir deutlich, dass wir umso mehr zusammenarbeiten werden, um die traditionelle, komplementäre und integrative Medizin möglichst gut unter dem Dach der primären Gesundheitsversorgung und der allgemeinen Gesundheitsversorgung unterzubringen.
Kooperationen, die sich auf Wissenschaft, Evidenz und Sicherheit stützen; Kooperationen, die die sehr reale Rolle der TKI-Medizin für das Leben, die Gesundheit und das Wohlbefinden der Menschen weltweit anerkennen. Gesundheit und Wohlbefinden, verwirklicht durch die Grundsätze Chancengleichheit, Bezahlbarkeit und Qualität.
In diesen beiden Tagen haben wir innovative Modelle untersucht, bei denen moderne Arzneimittel mit verschiedenen Formen der traditionellen, komplementären und integrativen Medizin kombiniert werden. Modelle, die den strengen Anforderungen wissenschaftlicher Studien und Forschungen standhalten.
Wir haben Konzepte gefordert, die eine standardisierte Dokumentation der traditionellen Medizin fördern und die Verwendung der Internationalen Klassifikation der Krankheiten (ICD-11) beschleunigen und so eine nahtlose Integration und die Generierung von Evidenzdaten in routinemäßigen Gesundheitsinformationssystemen ermöglichen.
Wir haben bekräftigt, wie wichtig es ist, bessere Erkenntnisse über die Wirksamkeit, Sicherheit und Qualität der traditionellen und komplementären Medizin zu gewinnen – das bedeutet innovative Methoden zur Bewertung und Evaluierung von Ergebnissen.
Kontrollierte klinische Studien sind hier vielleicht nicht immer durchführbar – aber das gilt auch für viele Interventionen in der modernen Medizin und Heilkunde, z. B. Psychotherapie und bestimmte Formen der Chirurgie.
Was wir jedoch brauchen, ist eine bessere Datenerfassung – wir müssen die Grundlagen schaffen, um die traditionelle und komplementäre Medizin sinnvoller nutzen zu können. In einer Sitzung heute Morgen forderte eine traditionelle Medizinerin vom afrikanischen Kontinent, die im Publikum saß, genau dies: bessere Daten. Sie räumte ein, dass es für Therapien und Modalitäten der traditionellen Medizin sehr viel schwieriger ist, von der breiteren Ärzteschaft ernst genommen zu werden, wenn keine entsprechenden Daten vorliegen.
Wir haben auch erörtert, wie Anwendungen der digitalen Gesundheit und der Künstlichen Intelligenz in den Dienst der traditionellen Medizin gestellt werden können. Dabei betonte ich, dass diese Technologie zwar das Gesundheitswesen insgesamt verändern wird, dass der digitale Wandel im Gesundheitswesen aber auch bedeutet, dass wir mit besseren Daten bessere Entscheidungen treffen müssen, und dass wir nicht zuletzt verhindern müssen, dass die Technologie ohnehin schon anfällige Bevölkerungsgruppen noch weiter zurückfallen lässt – Chancengleichheit muss uns bei allem, was wir einführen und umsetzen, leiten.
Dann ist da noch die manchmal umstrittene Frage der Regulierung von Fachkräften, Praktiken und Produkten; und die Frage der Regulierung, nicht um die moderne Medizin gegen die traditionelle Medizin auszuspielen, sondern um wirklich von allen Modalitäten zu profitieren, indem Schäden vermieden, Sicherheitsbedenken ausgeräumt und nicht zuletzt unnötige Geldausgaben vermieden werden. Denken Sie daran – Zugänglichkeit und Bezahlbarkeit.
Zum Schluss noch etwas, das mir bei all den Diskussionen, denen ich zugehört habe, aufgefallen ist: die Notwendigkeit, einander zu respektieren – durch Achtung für Tradition, Professionalität und bewährte Praktiken. Ebenfalls heute Morgen richtete ein anderer Delegierter aus Afrika, ein Heiler, einen leidenschaftlichen Appell an die WHO, sich bei den Regierungen und Ministerien dafür einzusetzen, dass die traditionelle Medizin ernst genommen wird, indem man den echten Heilern den Respekt zollt, den sie verdienen. Damit hat dieser Herr anerkannt, welch wichtige Rolle die WHO bei der Gestaltung der globalen Gesundheitspolitik spielt: eine Verantwortung, die wir alle bei der WHO sehr ernst nehmen.
Ein weiteres Zitat von Mahatma Gandhi, das mir gefällt und das zugleich einfach und tiefgründig ist, lautet: „Aap aaj jo karte hai uspar bhavishya nirbhar karta hai“ – „Die Zukunft hängt davon ab, was wir heute tun“.
Ich bin vor zwei Tagen aus der Europäischen Region der WHO hierher gekommen, um vor allem zuzuhören und zu lernen. Ich habe aufmerksam zugehört und viel gelernt.
Und ich verpflichte mich heute, all das, was ich aufgenommen habe, zu beherzigen und Wege zu finden, um stärkere Brücken zwischen unseren verschiedenen Disziplinen zu bauen – alles mit dem Ziel, bessere gesundheitliche Ergebnisse zu erreichen, nicht nur für die fast eine Milliarde Menschen in den 53 Ländern meiner Region, sondern für die ganze Welt.
Dhanyavaad. Ich danke Ihnen.