Guten Tag.
Wir haben uns hier in Rumänien versammelt, um über ein äußerst wichtiges politisches Thema für die gesamte Europäische Region der WHO zu sprechen: die Bedürfnisse unseres Gesundheitspersonals, des Rückgrats unserer Gesundheitssysteme und sogar unserer Gesellschaften.
Diese Zusammenkunft der Vertreter von 50 Ländern der Europäischen Region der WHO in Bukarest könnte zu keinem passenderen Zeitpunkt stattfinden, denn der dramatische Mangel an Gesundheitsfachkräften in der Europäischen Region ist nicht mehr nur eine drohende Gefahr, sondern schon jetzt eine Realität.
Ich möchte mich beim rumänischen Gesundheitsministerium und seinem Minister, Dr. Alexandru Rafila, für die Ausrichtung dieser bedeutenden Veranstaltung bedanken. Rumänien nimmt eine führende Stellung bei der Ausbildung von Ärzten ein und hat die fünfthöchste Zahl von Absolventen im Bereich Medizin und die dritthöchste Zahl von Absolventen im Bereich Krankenpflege in der Europäischen Union. Doch wie alle anderen Länder Europas steht auch Rumänien vor Herausforderungen in Verbindung mit der Migration und der ungleichen Verteilung des Gesundheitspersonals zwischen städtischen und ländlichen Gebieten.
Zu Beginn des vierten Jahres der Pandemie ist unser Gesundheitspersonal müde, überlastet und oft unterbezahlt. Unsere Gesundheitssysteme haben Schwierigkeiten, sie zu halten und die nächste Generation von Gesundheitspersonal zu gewinnen.
Wenn wir die vielfältigen gesundheitlichen Herausforderungen bewältigen wollen, die vor uns liegen – von der Bevölkerungsalterung über den Klimawandel und antimikrobielle Resistenzen bis hin zu einer weiteren Pandemie –, brauchen wir ein genügend gut ausgebildetes und motiviertes Personal im Gesundheitswesen.
Wir dürfen keine Zeit verlieren. Ein Gesundheitssystem ist nur so stark wie das Gesundheitspersonal, das es am Laufen hält. Nach dem derzeitigen Klima zu urteilen, das durch Arbeitskämpfe, Burnouts und die Abwanderung von Fachkräften gekennzeichnet ist, stecken unsere Gesundheitssysteme in großen Schwierigkeiten.
Und wir können diese Herausforderungen nicht einmal ansatzweise lösen, ohne uns mit den vielen drängenden Problemen zu befassen, mit denen die Beschäftigten im Gesundheitswesen derzeit konfrontiert sind, z. B. ihrer psychischen Gesundheit, der Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben, einer angemessenen Entlohnung, den Arbeitsbedingungen – und mit der Notwendigkeit, dass die Regierungen politische Verpflichtungen eingehen und ihren Worten konkrete Taten folgen lassen.
Die Streiks, die wir erleben, und die Tatsache, dass es nicht gelingt, genügend Gesundheitspersonal anzuwerben, auszubilden und zu halten und für ihr Wohlbefinden zu sorgen, sind Probleme, die konkrete politische Konzepte und Maßnahmen erfordern, bei denen ihre Interessen im Vordergrund stehen.
Wir müssen vorrangig in die Menschen investieren, die ihr Leben und ihre berufliche Laufbahn der Fürsorge für andere widmen. Es gibt keine andere Option.
Im vergangenen Jahr lieferte der Bericht der Europäischen Region mit dem Titel „Zeit zu handeln“ Belege und Daten zu den Herausforderungen, vor denen die Beschäftigten im Gesundheitswesen stehen. In der Tat ist die Situation in vielen Fällen dramatisch.
In einigen Ländern werden in den nächsten zehn Jahren bis zu 40 % der Ärzte in den Ruhestand gehen, ohne dass es erkennbare Pläne gibt, sie zu ersetzen. Das bedeutet, dass die Patienten mit längeren Wartezeiten, einem eingeschränkten Zugang zur Versorgung und einer geringeren Versorgungsqualität rechnen müssen, wenn wir nichts unternehmen.
Und wir können es uns nicht leisten, tatenlos zuzusehen, wie das Rückgrat unserer Gesundheitssysteme ausgehöhlt wird.
Was sollen wir also tun?
Erstens müssen wir die vorhandenen Gesundheitsfachkräfte halten, uns gut um sie kümmern, ihre Arbeitsbedingungen verbessern, ihre persönlichen und familiären Bedürfnisse verstehen, sie angemessen bezahlen und den Beruf insgesamt attraktiver machen.
Zweitens müssen wir dafür sorgen, dass das Angebot der Nachfrage entspricht. Das bedeutet, dass die Gesundheitssysteme genügend gut ausgebildetes Gesundheitspersonal benötigen, das über die richtigen Fähigkeiten verfügt, um erfolgreich zu sein und die Patienten zu versorgen. Wir müssen den Beschäftigten Schulungen, Karrierechancen und neue digitale Werkzeuge bieten.
Drittens müssen wir uns direkt mit dem Problem der Migration auseinandersetzen, d. h. mit der Abwanderung von Gesundheitspersonal von Ost nach West und von Süd nach Nord. Die Migrationspolitik sollte für alle drei Seiten von Vorteil sein, also für einzelne Personen, Herkunftsländer und Aufnahmeländer.
Und schließlich müssen die Gesundheitssysteme bei der Bereitstellung der Versorgung effizienter werden. Dabei müssen Leistungen so umgestaltet werden, dass die begrenzte Anzahl von Gesundheitsfachkräften und die sich verändernden Bedürfnisse der Patienten optimal genutzt werden.
Die Erklärung von Bukarest, die wir heute verabschieden wollen, ist die politische Verpflichtung, die Millionen von Beschäftigten im Gesundheitswesen in Europa und Zentralasien von ihren nationalen Politikern erwarten – eine Verpflichtung, ihren Wert für die Gesellschaft anzuerkennen und zum Nutzen aller angemessen in sie zu investieren.
Letztendlich gilt: Die Unterstützung für unser Gesundheitspersonal und entsprechende Investitionen sind für uns alle von Nutzen.
Ich danke Ihnen.